Konzertbericht: Stone Sour w/ Papa Roach, Hounds

02.12.2012 München, Zenith


Einen Vorteil haben Fans von „Mainstream-Bands“ ja unbestreitbar – die Chance, regelmäßig in den Genuss von Live-Konzerten zu kommen. Denn während man bei Underground-Acts auch nach einer Albenveröffentlichung alles andere als sicher sein kann, dass eine Tour folgt, ist dies bei etablierten Acts Routine.
So war die Überraschung über die Ankündigung, dass STONE SOUR Deutschland nach ihrer 2010er-Tour zu „Audio Secrecy“mit „House Of Gold & Bones Part I“ im Gepäck erneut beehren würden, eher gering. Der Vorfreude tut das indessen keinen Abbruch, bietet das neue Album doch genug Material, um die Setlist aufzufrischen. Begleitet werden die Amis dabei von den Alternative Rockern PAPA ROACH, welche – Überraschung, Überraschung – mit „The Connection“ zufälliger Weise ebenfalls gerade ein neues Album am Start haben.

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Den Anfang an diesem Abend machen jedoch nicht, wie erwartet, Papa Roach, sondern die Briten HOUNDS, welche als unangekündigter Support auftreten. Laut Selbsteinschätzung der Band erwartet den Hörer hier „fresh electro punk rock with big beats“. So ganz trifft diese Umschreibung den Nagel jedoch (zumindest live) nicht auf den Kopf, erinnert die Musik der Band doch eher an Elektro-Brit-Pop. Vor allem der Sänger verdient sich dabei nicht unbedingt Lorbeeren, geht der etwas nölige Gesang doch recht schnell auf die Nerven. Musikalisch ist hier zwar sicherlich nicht alles verkehrt, allein, für den Livebetrieb fallen die Industrial-/Dubstep-Anteile definitiv zu zahm, die Riffs deutlich zu lahm aus. So verfehlt die Band am Ende trotz anständigem Höflichkeitsapplaus ihr eigentliches Ziel als Supportband … denn „angeheizt“ ist von dieser Show wohl kaum jemand.

Nach 20 Minuten Umbaupause geht es um 20:50 mit PAPA ROACH weiter, welche für einen nicht zu unterschätzenden Teil des Publikums den eigentlichen Headliner abzugeben scheinen: 24 Stunden zuvor, beim Auftritt von Motörhead, noch testosteron- und männerscheißgeschwängert, wird die Luft im Zenith nun von vornehmlich weiblichem (oder zumindest präpubertärem) Kreischen zerrissen. Etwas überraschend, sind die Hochzeiten von PAPA ROACH als Mainstreamband (zumindest in Deutschland) doch eigentlich schon ein paar Jahre her: An ihren Anfangserfolg mit „Infest“ (2000) konnten die Jungs um Sänger Jacoby Shaddix in den Folgejahren mit Ausnahme einiger Singles kaum mehr anknüpfen. 2012 veröffentlichte die Truppe dann – außerhalb der Fanbase größtenteils unbemerkt – ihr neues Album „The Connection“, welches zusammen mit den 2010 als Best-Of veröffentlichten Songs die Setlist des heutigen Auftritts maßgeblich prägt.

papa roach 2012 münchen 08Zu allerlei solidem New Metal und Alternative Rock in Songs wie „Getting Away With Murder“ erreicht das Zenith erstmals Betriebstemperatur: Die vier Jungs toben sich auf der Bühne ordentlich aus und besonders Frontsympath Shaddix versucht zu Songs wie „Hollywood Whore“ und Co. immer wieder, die ersten Fans mit einzubeziehen – mitunter gar, indem er in den Photograben springt und direkt mit den Fans in der ersten Reihe interagiert. Zwar leidet die Show von PAPA ROACH etwas unter den horrenden Licht- sowie suboptimalen Soundverhältnissen, das Publikum lässt sich die Stimmung davon jedoch nicht verderben und feiert den Vierer bedingungslos durch Mithüpfen und -singen ab. Lacher des Abends ist dabei der Moment, als Jacoby einen Konzertbesucher, der an der Musik von PAPA ROACH offensichtlich weniger Gefallen findet und seinen Missmut durch erhobenen Mittelfinger zum Ausdruck bringt, auf die Bühne befördern lässt. Auf die Ankündigung, er werde ihm dafür eine Faust mitgeben, folgt jedoch nur eine herzliche Umarmung des sichtlich verunsicherten Jugendlichen, welcher sich anschließend erst wieder etwas sammeln muss, bevor er sich zum Sprung in die Menge ermuntern lässt. Nach fast einer Stunde Spielzeit sowie dem starken „Dead Cell“ erreicht die Show ihren Höhepunkt schließlich wie erwartet, als das Publikum beim finalen „Last Resort“ nahezu geschlossen zu „Cut my life into pieces …“ in den Gesang mit einstimmt. Über die Tatsache, dass das neueste Material und besonders die angekündigte Single „Where Did The Angels Go?“ über zu wenig Individualität und auch Inspiration verfügen, täuscht das leider nicht hinweg – die spürbare Power der Gitarrenakkorde und die allgemeine Performance bzw. die Spielfreude des Quartetts können diesen Makel zumindest heute jedoch größtenteils ausgleichen.

01. Still Swingin‘
02. Silence Is The Enemy
03. …To Be Loved
04. Getting Away With Murder
05. Burn
06. Scars
07. Hollywood Whore
08. Forever
09. Between Angels And Insects
10. Where Did The Angels Go?
11. Dead Cell
12. Last Resort

 

Nachdem Papa Roach etwas überzogen hatten, verschiebt sich auch der Beginn der STONE SOUR-Show etwas nach hinten – umso lauter brandet der Jubel auf, als der Beginn von „Gone Sovereign“ als Intro eingespielt wird und das Quintett aus Iowa die Bühne betritt. Bereits bei diesem sowie dem folgenden Song „Absolute Zero“ zeigt sich, wie gut das neue Material live funktioniert – geht das Publikum hier doch von der ersten Minute an steil und zeigt sich auch bei den brandaktuellen Songs textsicher. Sympathisch, wie man ihn kennt, verleiht Sänger Corey Taylor seiner Begeisterung über diese Hingabe während des Sets mehrfach Ausdrucks; ob man Ansage in Richtung „lautestes Publikum der Tour“ jedoch für bare Münze nehmen sollte, sei mal dahingestellt … hat Taylor das Umgarnen des Publikums mit Belobigungen und netten Kommentaren doch perfektioniert wie kaum ein anderer Frontmann. Doch sei es drum – im Endeffekt sind auch Ansagen ein Teil der Show, und als solcher eben genau das: Show. Das Publikum jedenfalls ist begeistert, erfüllt Corey jeden Wunsch und sorgt spätestens im obligatorischen Akustik-Part des Sets aus „Bother“ und „Through Glass“ für Gänsehautmomente, als es die Ballade des Debüt-Albums kollektiv mitsingt.

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Dem Debüt-Album wird im Rahmen der Setlist generell eine besondere Rolle eingeräumt, jährt sich der Release des Erstlings in diesem Jahr doch zum zehnten Mal. Zur Feier des Jubiläums finden sich heute mit „Orchids“ und „Blotter“ zwei Songs in der Setlist, die man schon länger nicht mehr zu hören bekommen hat. Doch nicht nur die Setlist weiß vollauf zu begeistern – auch der im Zenith oftmals eher matschige Sound bietet hier keinerlei Anlass zu Kritik: Druckvoll, aber differenziert kommen die Songs aus den Boxen – und auch der Bühnensound scheint beste Bedingungen zu garantieren. So rocken sich STONE SOUR absolut lässig und entspannt durch das Set und entfesseln, jeder auf seine Art, unbändige Energie, die sich direkt auf das Publikum überträgt: Egal, ob der voller Hingabe agierende Corey oder Jim, welcher zwischen den Songs gewohnt stoisch jedwede Rockstar-Attitüde meidet, beim Spielen jedoch voll in den Songs aufzugehen erscheint – die Band hat schlichtweg Stil und weiß, wie sie sich präsentieren muss. Obwohl er erst seit dieser Tour mit von der Partie ist, fällt auch Bassist Johny Chow aus der Reihe: Eifrig headbangend trägt auch er seinen Teil zum dynamischen Bühnenbild bei. Mit dem „Come What(ever) May“-Hit „30/30-150“ verabschieden sich STONE SOUR nach gut 70 Minuten und entlassen ein zufriedenes Publikum in die verschneite Nacht.

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01. Gone Sovereign
02. Absolute Zero
03. Mission Statement
04. Hell & Consequences
05. Orchids
06. Made Of Scars
07. A Rumor Of Skin
08. Reborn
09. Get Inside
10. RU486
11. Say You’ll Haunt Me
12. Digital (Did You Tell)

13. Nutshell (Alice In Chains-Cover)
14. Bother
15. Through Glass
16. Blotter
17. 30/30-150

Auch 2012 präsentieren sich STONE SOUR gewohnt professionell – alle damit einhergehenden Vor- wie Nachteile inklusiv: Wer die Band vorher noch nie gesehen hat, bekommt hier wohl so etwas wie eine perfekte Show geboten, für alle andern ist es genau aus diesem Grund ein bisschen „wie immer“. In diesem Kontext, vielleicht aber auch nur, weil ich die Band zuvor noch nicht live gesehen hatte, wissen heute PAPA ROACH zu punkten – wirkt die Show, die die Band um Sänger Jacoby Shaddix abliefert, dahingehend doch einen Tick spontaner und somit authentischer. Doch wie dem auch sei: Wer sich durchringen konnte, den nicht eben geringen Ticketpreis von über 40 Euro zu bezahlen, wurde hierfür zumindest angemessen entlohnt.


Vor dem Konzert stand uns STONE SOUR-Gitarrist Josh Rand Rede und Antwort:
>> zum Interview…

Publiziert am von

Fotos von: Sigi Maier

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