Review Stone Sour – Hydrograd

Mit ihrem 2012/2013 veröffentlichten Doppelalbum „House Of Gold And Bones“ konnten die US-Rocker STONE SOUR einmal mehr („Part I“), einmal weniger („Part II“) überzeugen. Seitdem ist einiges passiert: Noch bevor Fronter Corey Taylor und Gitarrist James Root mit ihrer zweiten Band Slipknot 2014 ihr fünftes Album .5: The Gray Chapter“ vorlegten und gemeinsam auf Tour gingen, wurde Root von Taylor bei STONE SOUR nach 15 gemeinsamen Jahren vor die Tür gesetzt. Aufhalten ließen sich STONE SOUR von diesem Bruch im Bandgefüge nicht – im Gegenteil: Die vakante Position an der Gitarre wurde umgehend mit Christian Martucci neu besetzt, der Fan mit zwei EPs bei der Stange gehalten und der Zwist mit Root, auch um des Haussegens bei Slipknot Willen, kleingeredet. Wie gravierend die Line-Up-Änderung dennoch war, lässt sich an „Hydrograd“ messen, dem ersten Album im neuen Line-Up.

Wer nach der fröhlich-forsch herausgeschmetterten Begrüßung „Hello, you Bastards“ im Intro „Ysif“ einen im Vergleich zum Vorgänger wieder gesteigerten Härtegrad erwartet, liegt damit nur in Teilen richtig. Zwar geben STONE SOUR dem Hörer in den ersten Nummern gleich einige knackige Riffs mit – durch kompositorische Kniffe wie poppig-fröhliche Refrains („Taipeh Person/Allah Tea“) oder „Oh oh oh“-Chöre („Knievel Has Landed“) sorgen STONE SOUR jedoch stets dafür, dass das Resultat nicht über einen Radio-verträglichen Härtegrad hinausschießt. Gerade „Song #3“ schreit mit seinen abgedämpften Gitarren und sich weit öffnenden Refrain förmlich nach Radio-Airplay. Einen so unerwarteten wie erfrischenden Kontrast dazu bietet „Fabuless“, in dem STONE SOUR in den Riffs, mitunter aber auch im Gesang deutlich mehr Härte wagen und damit erfreuliche Erinnerungen an die ersten beiden Alben wecken – zugleich aber frisch und unverbraucht klingen. Genau so muss das – jetzt bitte mehr davon!

Dieser naive Wunsch bleibt jedoch unerfüllt. Denn statt sich auf alte Stärken zu besinnen, scheinen STONE SOUR auf Teufel komm raus unter Beweis stellen zu wollen, was für vielseitige Tausendsassas sie doch sind. Mit mäßigem Erfolg, wie gerade die zweite Albumhälfte zeigt: Bunt durcheinandergewürfelt treffen hier Songs wie das dank Offbeat-Feeling spannende „Rose Red Violent Blue (This Song Is Dumb & So Am I)“, die vor Kitsch und Zuckerguss nur so triefende Ballade „St. Marie“ oder das wütend-stumpfe „Whiplash Pants“ aufeinander. Drumherum gruppieren sich Rock-Songs wie „The Witness Trees“, „Thank God It’s Over“, „Friday Knights“ oder „Mercy“, die zwar allesamt auf hohem Standard rangieren, allerdings durch die Bank ziemlich gesichtslos klingen und unüberhörbar das so kreative wie virtuose Gitarrenspiel von James Root vermissen lassen. Statt knackig-kompakt, wie seinerzeit „Come What(ever) May“, wirkt „Hydrograd“ zerfahren, zusammengewürfelt und mit über einer Stunde Laufzeit auch schlicht zu lang.

Hydrograd“ ist oft leise, aber nie wirklich gefühlvoll – und manchmal laut, dann aber auch nicht ehrlich aggressiv. Dazwischen erfüllen STONE SOUR so viele Mainstream-Rock-Klischees, dass Chad Kroegers Unterstellung, STONE SOUR würden nur versuchen, wie Nickelback zu klingen, gar nicht mehr komplett aus der Luft gegriffen klingt: Bei allem zum Glück (noch) nicht zu leugnenden musikalischen Anspruch ist „Hydrograd“ doch unverkennbar auf kommerziellen Erfolg getrimmt. Diese These hatte James Root bereits 2014, kurz nach seinem Rausschmiss, geäußert – durch „Hydrograd“ dürfte er sich in seiner Sicht der Dinge nur bestätigt sehen.

Wertung: 6.5 / 10

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