Konzertbericht: Within Temptation w/ Delain

06.04.2014 München, Zenith

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Huch, eine Vorband? Das dürfte sich wohl der Großteil der Konzertbesucher gedacht haben, als sie in das gut gefüllte Zenith traten und dort unerwarteterweise DELAIN spielten – die in dem Genre nicht gerade unbekannt sind. Vorankündigen? Pustekuchen! Aber dafür den Hauptact mit einem Moderator ankündigen? Interessante Taktik … Und was ist eigentlich hinter diesem riesigen Vorhang versteckt? Das WITHIN-TEMPTATION-Konzert in München warf jedenfalls einige Fragen auf. Doch eine beantwortete es lautstark: Was hat die Szenegröße um Frontfrau Sharon Janny den Adel denn live so zu bieten?

Delain

Zuerst … nunja, überraschte DELAIN als Vorband, über deren Auftritt sich jedoch herzlich wenig sagen lässt, wenn man „nur“ eine halbe Stunde vor offiziellem Konzertbeginn eingetroffen ist. Schade! Wer zu spät gekommen ist sieht am Ende nur noch die riesigen weißen Vorhänge, die den Bühnenumbau verdecken. Geziert mit dem wunderschönen Coverartwork des aktuellen Within-Temptation-Albums „Hydra“ macht das zumindest optisch einiges her. Doch nicht nur der Bühnenaufbau ist erahnbar groß – auch die Band selbst wird äußerst groß angekündigt. So spricht ein Moderator großmundig von „der größten Symphonic-Metal-Band der Welt“, was die Niederländer nun bei bestem Willen nicht sind und somit eher einen faden Beigeschmack hinterlässt.

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Dann fallen die Vorhänge, und wow, WITHIN TEMPTATION versuchen wirklich alles, um dem Thron gerecht zu werden, in den sie eben gehoben wurden. Riesige Drachenköpfe umrahmen eine große Leinwand, drei durch eine Treppe verbundene Bühnenebenen bieten jedem Musiker sein eigenes Spotlight, und auf der Leinwand läuft ein äußerst gut gemachter, epischer Trailer, der das Drachenmotiv noch einmal aufgreift. Gewaltig und gewaltig laut setzt „Let Us Burn“ ein, während die Musiker die Bühne betreten. Kristallklar klingt die elfenhafte Stimme der Sängerin durch das Zenith. Alles beweist: ja, wir sind ganz oben angekommen. Ein berechtigter Erfolg! Im Hintergrund speien die Drachenköpfe gigantische Feuersäulen über die Leinwand.

Nach dem Opener spielen WITHIN TEMPTATION konsequent die erfolgreiche erste Singleauskopplung ihres neuen Albums, das wahnsinnig eingängige „Paradise (What About Us?)“. Auf dem Album im Duett mit Tarja Turunen beantwortet sich hier bereits die Frage, wie wohl bei diesem Konzert die Stücke gemeistert werden, die ein „featuring“ im Namen tragen. Die Antwort ist leider ernüchternd: Ausnahmslos wird hier gesampelt. Bei Symphonic Metal, bei dem viele der instrumentalen Einspielungen sowieso schon vom Band kommen und vielleicht gerade deswegen viel Wert auf die Stimme gelegt wird, ist das eine ernüchternde Realität. Um den Bezug zu der zweiten Stimme im Song nicht ganz zu verlieren, wird wenigstens das dazugehörige Musikvideo eingespielt, auf dem Tarja mehrmals zu sehen ist. Das tröstet zumindest ein Stück weit darüber hinweg, und man kann sich wieder auf den tadellos gesungenen und gespielten Song einlassen. Bei anderen Liedern, die kein eigenes Video vorweisen können, hat die Band aber wohl keine Kosten und Mühen gescheut und weitere, zwar etwas belanglose aber dafür optisch hübsch anzusehende Videos gedreht, die hinter ihr auf der Leinwand präsentiert werden. Mit dabei auch ein wirklich fantastisch eingesprochener und gedrehter Kurzfilm sowie ein weiteres kurzes Intro, die die Setlist dritteln und den Zuschauer mit auf eine stimmungsvolle Horrorreise nehmen. Doch nicht nur optisch kann die Show mit vielen Wow-Momenten aufwarten.

1898269_10151963803137986_1208252885_nSharon Janny den Adel jedenfalls meistert die anspruchsvolle Rolle als Sängerin einer Symphonic-Metal-Band mit Bravour. Ohne je Gesangsunterricht gehabt zu haben schwingt sich die niederländische Sängerin zielsicher durch die unterschiedlichsten Tonlagen, über die ganzen zwei Stunden hinweg, ohne am Ende aus der Puste zu sein. Und das mit immerhin 40 Jahren. Respekt! Mit Sicherheit helfen da auch ihre drei Kinder beim trainieren der Stimmbänder.

Etwas gedämpfter als üblich zeigt sich die gelernte Modedesignerin bei der Wahl ihres Bühnenoutfits: Das kurze schwarze, doch trotzdem extravagante Kleid passt wunderbar zum durch das neue Artwork etwas modernisierte Image der Band. Außerdem ein intelligenter Schachzug – statt mehrerer Outfitwechsel, wie man sie bei Bands dieser Größenordnung mit Frontfrauen erwarten würde, nutzt den Adel ihr Kleid als Basis für viele kreative Details wie Glitzergürtel, Kopfbedeckungen oder flatternde Ärmel, die sie alle paar Songs austauscht und so ihr Aussehen effektiv mit minimalem Aufwand verändert.

Doch auch wenn die Niederländer so gut wie alles mitbringen, was man für ein richtig gutes Konzert braucht, hakt es doch an einigen entscheidenden Stellen, wodurch das Publikum auf kurz oder lang innerlich abschaltet und das Konzert nur für Hardcore-Fans tatsächlich im Gedächtnis bleiben dürfte. Es fehlt wie schon beim zur Tour gehörigen Album und seinem Vorgänger an musikalischer Abwechslung. Die neuen Songs sind keinesfalls schlecht, sondern im Gegenteil gut geschrieben und produziert und obendrauf sehr eingängig – doch sie klingen so aneinandergereiht leider alle sehr ähnlich, weisen den gleichen Aufbau auf. Hier hätte man noch mehr aus der langjährigen Geschichte der Band schöpfen und das ein oder andere Stück in der Setlist einschieben können, das deutlicher aus der Reihe fällt. Auch wenn die Stückwahl sich durchaus über alle veröffentlichten Alben erstreckt, wurden doch eher „setkonforme“ Songs herausgepickt. Selbst das Lana-del-Rey-Cover „Summertime Sadness“ verkommt am Ende zu einem Song von vielen, da selbst dieses im Original doch sehr spezielle Lied zu 100% auf den WITHIN-TEMPTATION-Sound getrimmt wird.

Es fehlen die Highlights bei diesem Konzert, das zwar ohne Frage von hoher optischer und akustischer Qualität ist, aber einfach nicht genügend Variation bietet, um den Durchschnitts-Konzertbesucher bei Stange zu halten. Wie ein Verdurstender auf ein Glas Wasser stürzt man sich hier gegen Ende der Show auf die wenigen Songs aus früheren Alben, die nicht ganz in das vorgegebene Schema passen. So werden „Our Solemn Hour“, „Mother Earth“ und „Ice Queen“ nicht nur zu gefeierten Klassikern, sondern vor allem zu Stimmungsgaranten.20140406_224420_Richtone_klein

Abschließend muss man wohl leider sagen, dass WITHIN TEMPTATION zwar mit Fug und Recht zu den erfolgreichsten, bekanntesten und hochwertigsten Bands ihres Genres gehören, jedoch mit eben solchem auch nicht an der Spitze stehen. Denn während die unangefochtenen Erstplatzierten Nightwish sich mit jedem Album neu erfinden und mit ihren Kompositionen gerne gewagte Wege gehen, haben WITHIN TEMPTATION seit ihrem fantastischen Durchbruch vor über einem Jahrzehnt eher stagniert und ihre Komfortzone gestreichelt. Da kann leider auch Tarja nicht helfen.

Setlist:
Dragon (Short Movie)
Let Us Burn
Paradise (What About Us?)
Faster
Iron
Edge of the World
Mother Maiden (Short Movie)
In the Middle of the Night
Angels
Dangerous
And We Run
Tell Me Why
Elements Intro
See Who I Am
Stand My Ground
Our Solemn Hour
The Cross
Covered By Roses
Mother Earth

What Have You Done
Fire and Ice
Summertime Sadness (Lana-Del-Rey-Cover)
Ice Queen

 

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