Review Dark Tranquillity – Projector

Neues Label – neuer Stil? Fast, konnte man sagen, als DARK TRANQUILLITY nach Differenzen mit dem vorherigen Label Osmose zur Dortmunder Plattenschmiede Century Media wechselten. Regierte auf den früheren Outputs der Göteborger noch recht brachialer Death Metal, sind auf „Projector“ tatsächlich sehr viele neue Elemente vorhanden, die im ersten Moment zum Death Metal der schwedischen Schiene gar nicht so passen wollen. Langsamere Passagen, fast verträumt wirkende Keyboards und ein unglaublich emotionaler Gesang, der an vielen Stellen glasklar daherkommt zeigen Dark Tranquillity zur Jahrtausendwende.

Wie gut, dass der erste Eindruck häufig täuscht. Gleich das eröffnende „FreeCard“ belehrt Zweifler eines besseren. Eine sanfte Keyboardmelodie umgarnt den Hörer und zieht in damit unweigerlich in den Bann des Albums. Mit dem Einsetzen der Band legt auch Vocalist Mikael Stanne los, zunächst mit keifenden Grunts, später mit dem angesprochenen klaren Gesang. Gerade dieser Gegensatz zwischen Aggression und Atmosphäre macht die Sache von Anfang an interessant und es scheint so, als wenn es sich um das grundlegende Konzept zu handeln scheint. Besonders deutlich wird dies beim dritten Song „UnDo Control“, bei der sich Stanne ein phantastisches „Duell“ mit Gastsängerin Johanna Andersson liefert. Definitiv ein Höhepunkt des Albums!
Atmosphäre ist ein zweites Stichwort, welches „Projector“ sehr zutreffend charakterisiert. Und das liegt nicht am sehr präsenten Keyboard alleine, auch die Saitenfraktion schüttelt traumhafte Melodien en Masse aus dem Ärmel. Wunderbar nachzuhören ist dies bei den tollen „ThereIn“ und „To A Bitter Halt“, die eher langsam und teilweise akustisch angelegt sind, oder bei „The Sun Fired Blanks“, welches zwar durchaus heftig und aufbrausend, aber sehr berührend wirkt.

Hieran haben auch die extrem persönlichen Texte von Mikael Stanne einen gehörigen Anteil. Die Songs drehen sich allesamt um Ängste, denen der Sänger während der Entstehung der Lieder erlegen war. Die Bilder, die sich vor seinen Augen projizierten, hat er in Worte und Sätze verpackt, die wahrlich unter die Haut gehen und tiefe Einblicke in die Seele des sympathischen Schweden geben. Mal wieder ein Album, bei welchem es sich lohnt, die Texte aufmerksam zu studieren, hier wird wirklich viel Intelligenz geboten.
Die gelungene Gesamtpräsentation wird durch einen fetten Sound, vor allem im Gitarrenbereich (dafür ist das Fredman Studio allerdings nicht unbekannt), und das überaus ansehnliche Booklet, für welches mal wieder Gitarrist Niklas Sundin verantwortlich war. Hier wird eine traurige, teilweise depressive und vielleicht auch verstörende Atmosphäre erzeugt, obwohl das gesamte Konzept eher minimalistisch und schlicht gehalten ist (wenn man mal von dem Live-Bild in der Mitte des Booklet mit reichlich Pyro absieht).

Unter dem Strich legten DARK TRANQUILLITY mit „Projector“ ihr bestes Album vor. Jede Menge Atmosphäre trifft auf durchdachte, abwechselungsreich gestaltete Songs, die sich in ihrer Gesamtheit, also unter Einbezug von Texten und Bildern, am besten entfalten. Klar können nicht alle Songs das Niveau der genannten Nummern halten, aber man muss auch feststellen, dass nicht ein einziger Ausfall unter den zehn Liedern, die sich über insgesamt gute 50 Minuten erstrecken, befindet.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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