Review Equilibrium – Armageddon

Armageddon. Das jüngste Gericht. Das Ende von Allem. Aber nein, nicht dieser Michael-Bay-Film mit Bruce Willis in der Hauptrolle ist gemeint, sondern die sonst musikalisch so fröhlichen deutschen Pagan-Epic-Metaller EQUILIBRIUM, die zwar immer schon ein Händchen für ernste Töne hatten, allerdings auch für beschwingte Alkoholexzess-Feierhymnen wie „Met“ oder „Wirtshaus Gaudi“ bekannt sind, künden auf ihrem fünften Langeisen vom Weltuntergang – zumindest eben dem Titel nach. Was darf man von „Armageddon“ musikalisch also erwarten?

Bereits bei der Ankündigung des Albums haben EQUILIBRIUM keinen Hehl daraus gemacht, dass man sich düsterer als bisher geben würde. Und die Band hält in der Tat Wort. Bereits das Intro „Sehnsucht“ macht anhand eines Albert-Einstein-Zitats eine Botschaft deutlich: Die Forderung nach der Abkehr von sämtlichen Kriegen und die Nutzung der dafür nötigen Ressourcen, um eine friedliche Welt aufzubauen. Später wird dieser Ansatz im als erste Single veröffentlichten Anti-Kriegs-Song „Prey“ musikalisch illustriert. Weiters stellen EQUILIBRIUM unter anderem menschliche Gier sowie den Umgang mit und die Zerstörung der Natur an den Pranger.
Nicht nur textlich wird auf „Armageddon“ jedoch über weite Strecken ein ernster Ton angeschlagen, auch die stets präsenten und von EQUILIBRIUM bekannten, ausufernden Keyboard-Einlagen transportieren öfter als gewohnt eine einfühlsame Melancholie. Es finden sich aber noch weitere Veränderungen im musikalischen Repertoire, so scheinen EQUILIBRIUM von ihrem ersten auf Englisch vorgetragenen Song „The Unknown Episode“ vom vorhergehenden Album „Erdentempel“ derart überzeugt gewesen zu sein, dass die Sprache diesmal gleich in drei Songs Anwendung findet. Was der Band auf „Erdentempel“ schon gut zu Gesicht stand, funktioniert auch hier wieder einwandfrei. Passend zur düstereren Ausrichtung des Albums befinden sich Robse Dahns Vocals größtenteils in tiefen, aber meist gut verständlichen Growling-Gefilden, hohe Screams sind diesmal nur selten zu hören. Das gilt ebenso für den ebenfalls seit „Erdentempel“ neuen Clean-Gesang.

Trotz alledem gelingt EQUILIBRIUM jedoch das Kunststück, dabei stets nach sich selbst zu klingen. Die genannten Veränderungen fügen sich organisch in den Sound ein und tragen nicht dazu bei, dass die Band ihren Stil verliert. Begünstigt wird dessen Wiedererkennungspotenzial auch dadurch, dass EQUILIBRIUM die ernste, düstere Schiene auf „Armageddon“ nicht durchgehend fahren. Eine Bierzelt-Wirtshaus-Feiernummer sucht man zwar in der Tat vergeblich, dafür bietet jedoch ein Song wie „Zum Horizont“ mit seinen im Vordergrund stehenden Folk-Melodien und einem enorm mitgröhltauglichen Refrain, bei dem eigentlich nach jeder Zeile nur noch die „Woohoo“-Chöre fehlen, genügend Feierlaune. Und wenn man sich auf dem ebenfalls schon im Vorab veröffentlichten „Born To Be Epic“ in bewusst vollkommen überzogener Manier textlich selbst beweihräuchert, oder man im Song „Helden“ voller Inbrunst das Zocken besingt, dann ist das durchaus auch den ein oder anderen Lacher wert – im positiven Sinne.

Auch wenn am Ende für sich genommen nicht jeder Song vollends überzeugen kann, ist „Armageddon“ ein weiteres sehr gutes Werk aus den Händen EQUILIBRIUMS, welches den Zuhörer einerseits nachdenklich und melancholisch zu stimmen weiß, ihm jedoch auch wiederum die Hand reicht und ihm Hoffnung spendet, sodass er sich am Ende in Ruhe zurücklehnen und über die Frage nachsinnen kann, die ihm Robse im Opener „Erwachen“ stellt: „Spürst du nicht den Sonnenstrahl, die Kraft, die durch dich fließt? Wenn du aus dem Schatten trittst und deine Augen schließt?“

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Pascal Weber

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