Mai 2008

Review Opeth – Watershed

Das Zusammentreffen einer neuen OPETH-CD und eines Musikredakteurs ist immer wieder auch eine moderne David-und-Goliath-Geschichte. Auf der einen Seite ist man ja in freudiger Erwartung, andererseits steht man aber schon ein bisschen wie das Kaninchen vor der Schlange, ehrfürchtig ob der enormen Ausstrahlung von Band und Musik. Wenig überraschend ist dies auch beim mittlerweile neunten Album der schwedischen Todes-Progger nicht anders, bereits der Blick auf die Trackliste verrät, dass Akerfeldt und Co mal wieder erst bei Songs von mindestens 7 Minuten so richtig anfangen.

Eine interessante Ausnahme ist hier gleich der Opener, der lediglich drei Minuten lang ist und ausschließlich akustisch aufbereitet wurde. Verträumte Vocals von Mann wie Frau wiegen den Hörer zunächst in scheinbar friedfertiger Sicherheit, aber schon bald soll es mit der Ruhe vorbei sein. Heir Apparent wartet mit einem ungeheuer harten Gitarrensound auf, das eröffnende Riffs sägt so was von enorm, dass man schon fast Angst bekommen könnte. Aber auch diese Stimmung hält nicht lange an, denn bevor der Song richtig losgeht, hat der relative Neuling Per Wiberg einen zerbrechlichen Pianopart vom allerfeinsten parat. Dann aber, erneut der harte Gitarrenpart und jetzt endlich auch harscher Gesang und soll ich Euch was verraten: zwar ist der Anteil der harten Grunts insgesamt eher etwas kleiner geworden, vor allem im späteren Verlauf des Albums, aber dafür sind sie erstens noch viel intensiver und zweitens an sich auch noch einmal wesentlich härter geworden. Man kann es so sagen, die Band schafft es immer besser, die ihr schon ureigenen Kontraste auszubauen und zu verschärfen.

So ist es auch, dass diese Kontraste nicht nur innerhalb eines Songs, sondern natürlich auch auf dem gesamten Album bestehen. So ist Burden eine 1a-Ballade – zumindest für die Verhältnisse einer Death-Metal-Band wie OPETH – welche sicherlich bei jedem Radiosender laufen könnte, wäre sie nicht fast acht Minuten lang. Hier ziehen die fünf Stockholmer alle Register, der Gesang und hier vor allem die Wortwahl sind hier unglaublich emotional („The ocean of sorrow is you“), dazu gesellen sich extrem berührende Ah-Gesänge und eine feine Instrumentierung. Nicht nur, weil sich Burden irgendwie doch von den anderen Songs unterscheidet, sondern einfach wegen seiner enormen Qualität ist dieser Song ein absolutes Highlight auf Watershed.

Empfiehlt sich aber bei OPETH nicht ohnehin bei beinahe jedem Song von einer Glanztat zu sprechen? Ich denke schon, so sollte man dem mit über elf Minuten längsten Stück Hessian Peel auf jeden Fall ebenfalls seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmen. Hier stechen vor allem ganz tolle Streicherarrangements heraus, die sehr prägend durch den Song führen, dazu gesellt sich nach vier Minuten eine absolut eingängige Gitarrenmelodie, die schließlich in einen extremen Hagel an Death-Metal-Riffs mit entsprechenden Vocals mündet. Vom Spannungsbogen überzeugt die Nummer vielleicht sogar am meisten von allen Songs.

Wenn Weiterentwicklung als das vielleicht wichtigste Ziel einer Band verstanden wird, haben OPETH dieses mit Watershed erfolgreich erreicht. Hier wird kaum ein Fan enttäuscht werden, sowohl sämtliche Trademarks sind vorhanden als eben auch ganz neue, bei OPETH bislang unvermutete Elemente. Zudem verbessern sich die Musiker auf dem ohnehin schon hohen Niveau, dass man sich bei jedem weiteren Output die Frage stellen muss, wo das alles noch hinführen soll. Warum die Höchstnote dennoch im Schrank bleibt, hat einen einfachen Grund, sie muss für die nächste Scheibe, die hoffentlich noch ein My besser wird, aufgehoben werden. Diese CD lege ich jedem ans Herz, die Einzigartigkeit von OPETH kann man mit Watershed erneut erfahren und sich diese gut 50 Minuten gerne immer wieder geben.

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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