Review Skálmöld – Með Vættum

Als Redakteur bekommt man so manche Geschichtsstunde gratis. SKÁLMÖLD kommen nicht nur dem Namen nach aus Island und haben es sich zur Aufgabe gemacht, Historisches aus dem kleinen Land im sturmumtosten Nordatlantik zu berichten. Übersetzt bedeutet der Bandname soviel wie „Zeitalter des Schwertes“ und wird als Synonym für den isländischen Bürgerkrieg im 13. Jahrhundert verwendet, eine Zeit, die auch als „Ära der Sturlungar“ bekannt wurde. Der bedeutendste Vertreter dieses Herrschergeschlechts könnte dem einen oder anderen bereits über den Weg gelaufen sein, Snorri Sturluson ist eine Art Nationalheld, er war erfolgreicher Politiker und als Skalde mutmaßlicher Verfasser der Snorra-Edda.

So viel im groben Abriss zu den Hintergründen. Was schon recht interessant klingt, entfacht natürlich eine gewisse Erwartungshaltung an die Musik. Typisch skandinavisch gehen SKÁLMÖLD dann auch zur Sache. Die Musik ist tendenziell zwar nicht übermäßig schnell, genaugenommen siedeln sich die acht Stücke sogar mehrheitlich im dezenten Midtempo an. Dafür entlockt das Sextett seinen Instrumenten eine gewisse Heaviness, welche ihre Ursache sicher auch in einem amtlich fetten Sound hat. Hier und da fehlt es vielleicht am letzten Quäntchen Transparenz, dafür braten gerade die Gitarren und das Schlagzeug ordentlich drauf los.
Stilistisch legt man sich erfreulich fest, nämlich eigentlich gar nicht. So vernehmen wir auf „Með Vættum“ die erwarteten Schlachtengesänge, wobei es hilfreich ist, dass fünf der Herren an den Vocals beteiligt sind. Weniger erwartbar sind beinahe progressive Gitarrenmelodien und -soli, die im ersten Moment fast unbemerkt im Hintergrund auftauchen. So mancher Teil würde mit entsprechendem Gesang auch als Doom durchgehen, aber SKÁLMÖLD haben auch die Alternative „Gas geben“ parat. Wie gesagt, in der Regel geht man in diesem Bereich eher zurückhaltend vor, aber hier und da bricht auch mal rohe Kraft durch. Welche Variante davon am besten rüberkommt, muss sicher der einzelne für sich selber entscheiden, im Gesamtklang ergibt sich so aber eine angenehme Dynamik und minimiert das Risiko, die Musik langweilig zu finden.
Wobei, eine kurze „Rüge“ sollte nicht unausgesprochen bleiben und diese bezieht sich im Prinzip auch auf diesen Bereich. Denn trotz allen Bemühens um Abwechslung sind ein paar Songs doch etwas zu lang geraten. So kommt zwar beim Rausschmeißer „Með Griðungum“ ein leichtes Ensiferum-Feeling auf, die Qualität und vor allem Eingängigkeit der finnischen Waffenbrüder erreichen SKÁLMÖLD aber nicht.

Die Isländer müssen sich eigentlich nicht mit Genrekollegen vergleichen, dies diente nur der groben Einordnung. Sie schaffen es nämlich auch so, mit “ Með Vættum“ ein eigenständiges, interessantes Album rauszuzocken. Ein paar Schönheitsfehler wie die Transparenzschwierigkeiten beim Sound oder eben die nicht immer ganz eingängigen Songstrukturen bleiben. Unter dem Strich hat man schon Alben gehört, bei denen auf der gesamten Spielzeit weniger Ansprechendes passiert als im vorliegenden Fall in einem einzigen Song.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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