Review Star One – Victims Of The Modern Age

Seine Science Fiction-Rockopern unter dem Banner Ayreon machten Arjen Anthony Lucassen zu einem der erfolgreichsten Prog-Künstler dieser Zeit. Kaum jemand hat mehr Szene-Größen auf seinen Alben versammelt als der holländische Multi-Instrumentalist. Nachdem Lucassen sich mit seinem letztjährigen Projekt Guilt Machine kurzzeitig auf New Artrock-Pfaden bewegte, kehrt er dieses Jahr wieder zu alten Tugenden zurück und haucht seinem Power-Progmetal-Projekt STAR ONE neues Leben ein.

Wie schon auf dem 2002er Erstling „Space Metal“ liegt auch jedem Song auf „Victims Of The Modern Age“ ein Sci-Fi-Film zu Grunde. Dieses Mal hat der unstete Holländer allerdings gezielt Streifen ausgewählt, die eine dystopische, pessimistische Sicht auf unsere Zukunft haben. Außerdem rekrutierte er einen großen Teil der alten Mannschaft: Wieder einmal veredeln die Gesangsspuren von Sir Russell Allen (Symphony X), Damian Wilson (Threshold, Headspace), Dan Swäno (Nightingale, ex-Edge Of Sanity) und Floor Jansen (ReVamp, ex-After Forever) die Kompositionen. Mit dabei sind auch wieder Gitarrist Gary Wehrkamp (Shadow Gallery) und Lucassens langjähriger Drummer Ed Warby (Gorefest). Bassist Peter Vink und Keyboarder Joost van den Broek kennen Lucassen-Anhänger schon von seiner bisher einzigen Konzerttour, die ebenfalls unter dem Banner STAR ONE abgehalten wurde.

Es drängt sich allmählich die Frage auf: „Was gibt’s Neues?“ Die einfache Antwort: Nicht viel. Immer noch leben die kraftvollen STAR ONE-Nummern von der Vielfalt der Sänger, die sich in jedem Song die Textzeilen nur so zuzuwerfen scheinen. Immer noch gibt es jene gesunde Mischung aus Hardrock, Powermetal, Prog und Pathos, die nur Lucassen so beherrscht. Im Vergleich zu seinem Vorgänger ist das neue Werk allerdings ein bis zwei Spuren härter, düsterer und stellenweise flotter – der Albumthematik entsprechend. Die zahlreichen Keyboards und Hammonds, stilbildend für die Musik des Holländers, werden hier etwas sparsamer eingesetzt und kommen einen Hauch schräger daher als gewohnt, die Gitarren-Riffs sind etwas tiefer gestimmt als noch vor acht Jahren. Ansonsten bleibt alles beim Alten, trotz des düsteren Grundthemas der Platte steht der Spaß nach wie vor im Vordergrund. Auf allzu lange Epen verzichtet Lucassen bis auf eine Ausnahme („It All Ends Here“) auch dieses Mal wieder, bei STAR ONE geht es knackig und kompakt zu.

Die Leistungen der Sänger, die Produktion und das Artwork sind wieder einmal über jeden Zweifel erhaben. Die Songs gehen schnell ins Ohr und bleiben dort haften, haben aber eine verhältnismäßig kurze Halbwertszeit. Absolut gelungen sind „Digital Rain“ (samt Intro „Down The Rabbit Hole“), das ultrarotzige „Humans See, Humans Do“, das catchy-kitschige „Cassandra Complex“ sowie „Earth That Was“. Die restlichen Tracks sind „Füllmaterial“, das größtenteils ordentliche Qualität aufweist. Bei „It’s Alive, She’s Alive, We’re Alive“ muss man gar kurz an Rammstein und deren finnische Kollegen Turmion Kätilöt denken. Warum allerdings gerade der Titeltrack „Victims Of The Modern Age“ der eindimensionalste und unspannendste Song des Werks geworden ist, weiß wohl nur Lucassen selbst.

Das Album erscheint übrigens auch als Special Edition mit Bonus-CD. Auf dieser finden sich ein „Making Of“ zur Platte sowie fünf weitere Nummern aus Lucassens Feder, die nicht ins Konzept der Haupt-Disc passten und für die sich der Holländer drei weitere Sänger ins Raumschiff holte: Den früheren Black Sabbath-Frontmann Tony Martin, Mike Andersson (Cloudspace, Full Force etc.) und Rodney Blaze. Wer sich die Scheibe zulegen möchte, sollte also direkt zur Doppel-CD-Ausgabe greifen. Einen Kauf kann man guten Gewissens Lucassen-Fans, Sci-Fi-Freunden und Powermetal-Anhängern empfehlen.

Ayreon bleibt mit seiner unübertrefflichen Vielseitigkeit nach wie vor das Vorzeigeprojekt des sympathischen Multi-Instrumentalisten. Mit STAR ONE lebt er seine Metal-Bedürfnisse aus – und das ist gut so! Richtig Sinn macht dieses Album allerdings erst dann, wenn es in dieser Besetzung auf die Bühne gebracht wird. Dann erst werden die neuen Nummern richtig zum Leben erwachen und für kochende Hallen, superbe Partystimmung sowie jede Menge Testosteron-Ausschüttung sorgen. Glaubt ihr nicht? Das Livedokument „Live On Earth“ hat zu genüge bewiesen, wie unendlich cool eine STAR ONE-Show ist.

Wertung: 8 / 10

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