Review Wolfheart – Shadow World

Es ist noch nicht viel Zeit vergangen, seit WOLFHEART, das aktuelle Projekt von Tuomas Saukkonen, das erste Full-Length-Album veröffentlichte. „Winterborn“ glänzte mit abwechslungsreichem Songwriting und nordischer Erhabenheit, die dem Hörer einiges abverlangte. Jetzt legt die mittlerweile zu einem stabilen Quartett zusammengewachsene Truppe aus Finnland mit „Shadow World“ nach.

Grundsätzlich wird das Konzept des Debüts weitergeführt: Dynamisches Songwriting mit gleichsam schnellen und langsamen Parts trifft auf Pathos und Atmosphäre, garniert wird alles mit einem dichten Sound, der aus den acht Liedern teilweise kleine Epen macht. Dennoch hat sich mit der Zeit etwas getan. So lotet „Shadow World“ die Möglichkeiten zwischen Härte und Erhabenheit noch weiter aus, par excellence wird dies gleich beim Opener „Aeon Of Gold“ zelebriert: Eine schüchterne Pianomelodie schwebt über der trostlosen Ebene, doch schon bald wird sie von einem Blastbeat-Eissturm einfach dem Erdboden gleich gemacht. Derartige Kontraste prägen das gesamte Songwriting, was illustriert, wie reif WOLFHEART vorzugehen in der Lage sind.
Denn diese enormen Unterschiede in Sachen Tempo und Intensität fallen im ersten Moment gar nicht auf. Die perfekten Arrangements machen es einfach möglich und weil das beim Einstieg schon so gut geklappt hat, wendet man das Stilmittel im weiteren Verlauf wiederholt an. Doch keine Angst, Langeweile droht nicht im Mindesten, denn auch wenn die Abläufe sich hier und da etwas ähneln, sind die Ideen doch so mannigfaltig, dass jeder Song ein eigenes Werk bleibt und nicht ungewollt zum Ableger seiner Vorgänger mutiert.
Generell scheint es aber doch, als wenn WOLFHEART mit „Shadow World“ das Gaspedal noch mehr für sich entdeckt haben. Erfreulicherweise war Geschwindigkeit noch nie ein Fremdwort für Tuomas und so führt er hier konsequent fort, was er vor ein paar Jahren begonnen hat. Weiterer Vorteil: Wirklich episch-erhabene Phasen kommen so noch besser zur Geltung. Dem durchaus wüsten, aber dennoch sehr melodischen „Nemesis“ folgt mit „Abyss“ ein Song, der es wie kein anderer auf dem Album versteht, Spannung und Erwartung aufzubauen. Die tonale Auflösung kurz vor Ende der Nummer kann man getrost als ein absolutes Highlight bezeichnen; die Band hält die Spannung lange hoch und obwohl der Hörer sich die Auflösung schon ausmalen kann, bleibt dennoch eine Art genugtuender Überraschung, wenn der Song genau den Bogen nimmt, den man erwartet hat.
Neben den Lobeshymnen auf die Musik sei auch der Sound erwähnt, denn er verdient ebenfalls lobende Worte. Die Gitarren klingen eisig wie eh und je und bilden gemeinsam mit den ziemlich im Vordergrund agierenden Drums ein brachiales Fundament, bei dem der Bass vielleicht einen Deut zurückbleibt, aber dennoch seinen Zweck erfüllt. Dies gilt auch für die Akustikgitarren, die mal federführend agieren, mal im Hintergrund verbleiben, aber für den Gesamtklang dennoch absolut notwendig sind.

„Shadow World“ ist groß und mächtig, aber auch episch und zerbrechlich. Die Mittel sind nicht einfach, WOLFHEART klotzen insgesamt schon ordentlich ran, aber das lohnt sich auch, denn die Platte ist selbst für den Sommer eine willkommene Einladung in die Düsterwelt. Tuomas Saukkonen und seine Männer schreiben somit ein weiteres Kapitel in der (zum Glück) scheinbar endlosen Geschichte des finnischen Melodic Death / Dark Metals.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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