Interview mit M. „Blutkehle“ Roth von Eisregen

Sich gleichermaßen von Tim Burton (beziehungsweise Lewis Carroll) und Jörg Buttgereit insprieren zu lassen, gelingt wohl nur einer Band: EISREGEN. Warum das so ist, was hinter dem auf den ersten Blick christlich inspirierten Titel „Fegefeuer“ steht und warum EISREGEN ständig mit Varg auf Tour gehen, verrät M. „Blutkehle“ Roth im Interview.

 

Hallo und danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Alles gut bei dir?
Jou, alles klar, bin allerdings gerade etwas im Stress, muss noch die anfallenden Konzerte fürs Wochenende vorbereiten, daher diesmal die Antworten in etwas komprimierter Form.

„Fleischfilm“ war im EISREGEN-Kontext ein Experiment, etwas ganz Neues. Wie siehst du das Album mit etwas Abstand? Ist alles geworden, wie es sollte, bist du mit dem Konzeptalbum nach wie vor zufrieden?
Es ist im Großen und Ganzen exakt so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe – Kleinigkeiten hätte man anders machen können, aber das ist eigentlich immer der Fall. Also ja, ich bin nach wie vor sehr zufrieden mit dem Album.

Waren die Reaktionen auf das Album insgesamt auch zufriedenstellend?
Auch die waren O.K. Sicher, die Grundthematik und deren Umsetzung ist nicht Jedermanns Sache, aber das war auch nicht anders zu erwarten.

Trotzdem seid ihr mit „Fegefeuer“ jetzt wieder zum klassischen Stil mit entsprechender Thematik zurückgekehrt. War das von Anfang an der Plan oder gab es noch alternative Ideen zu weiteren Konzeptalben?
So hatten Yantit und ich es geplant und so wurde es auch realisiert. Momentan bestehen auch keine weiteren Pläne für kommende Konzeptalben.

Thematisch ist „Fegefeuer“ ein typisches EISREGEN-Album. Allerdings habt ihr euch „Klamauk-Songs“ diesmal komplett verkniffen, die Texte sind ernster, düsterer und beinhalten auch mehr explizite Gewalt als zuletzt. Was hat dich dazu bewogen oder getrieben?
Die eher „witzigen“ Ideen wurden auf die zuvor veröffentlichte MCD „Satan liebt dich“ ausgelagert. Auch das war der Plan, mit „Fegefeuer“ ein durchweg ernstes, finsteres Album zu komponieren. Dies war einer der Grundgedanken.

Rechnest du in der Konsequenz mit einer Überprüfung durch die BPjM?
Das kann man nie vorhersagen. Da gilt es abzuwarten.

Das Cover, vor allem aber der Titeltrack bezieht sich direkt auf die Kirche – das ist neu im EISREGEN-Kontext. Wie kam es dazu? Werdet ihr auf eure „alten Tage“ noch eine antichristliche Black-Metal-Band?
Sicherlich nicht. Ich mag eher die bildhafte Seite der Thematik „Fegefeuer“, also die Bewertung des eigenen Lebens nach seinem Ende und das Zahlen des Preises für etwaige Sünden in Form einer extremen Läuterung.

Auch „Die Bruderschaft des 7. Tages“ befasst sich mit einem religiösen Orden/einer Sekte. Gab es für diesen Text eine wahre Begebenheit, auf die ihr euch bezieht?
Der Text ist inspiriert vom Jörg-Buttgereit-Film „Der Todesking“, der in kurzen Episoden pro Wochentag einen spezielle Todesvariante portaitiert. Eine der Episoden brachte die Bruderschaft ins Spiel und ich fand den Gedanken sehr interessant, einen Song darüber zu schreiben.

© Sebastian Spelda / mit Genehmigung von Massacre Records

„Alice im Wundenland“ bezieht sich wiederum unverkennbar auf das Buch „Alice im Wunderland“. Literaturbezüge gibt es bei euch sonst eher selten. Wie kam es im konkreten Fall dazu?
Ich habe die Geschichte von Alice hinter den Spiegeln immer schon gemocht, meine Version ist eher die Erwachsenen-Variante des Themas, denn schließlich wartet im Wundenland kein verrückter Hutmacher, sondern eher etwas viel Verstörenderes.

Glaubst du, der typische EISREGEN-Fan liest Lewis Carroll? Und wenn nicht: Warum würdest du es ihm nahelegen?
Ich würde ihm zumindest die Verfilmungen empfehlen, gerade der erste Teil von Tim Burton ist visuell sehr beeindruckend.

Musikalisch ist das Album nicht so unerwartet wie „Fleischfilm“, aber etwa verglichen mit „Marschmusik“ doch extrem vielseitig – siehst du das auch so?
Das kann ich schlecht beurteilen, da bin ich viel zu nah dran als Urheber, der sich über viele Monate mit den jeweiligen Alben befasst hat. Ich fand auch „Marschmusik“ sehr kurzweilig,

Lief das Songwriting diesmal anders ab als bei anderen Alben?
Zu „Fleischfilm“ hatte Gemser ja noch einen Großteil beigetragen, diesmal haben wir einen anderen Weg gewählt: Yantit und ich haben das Album diesmal quasi als Duo erschaffen, wir haben über viele Monate im ständigen Dialog zueinander gestanden und das komplette Album entwickelt.

Einige der Songs sind musikalisch dem Black Metal näher als alles, was ihr in den letzten Jahren gemacht habt – gab es dafür konkrete Einflussfaktoren?
Die Black-Metal-Stilistik hat für einige der Songstrukturen einfach am besten gepasst und transportiert die jeweiligen Textpassagen vorzüglich. Konkrete Einflüsse stehen da nicht dahinter.

Hat das auch die Auswahl der drei Coversongs der Special Edition beeinflusst?
Sicherlich. Die drei Lieder passen sehr gut als Bonus zum Hauptalbum.

Erkläre uns doch bitte kurz zu jedem Song, was du damit verbindest und warum ihr euch für ein Cover entschieden habt:
Beherit, „The Gate of Nanna“: Ich habe die Scheibe „Drawing Down The Moon“ in den 90er-Jahren sehr oft gehört , den Song mag ich sehr gerne und er war rasch ein Kandidat für eine Umsetzung.
Mysticum, „Black Magic Mushrooms“: Hier ist Yantit die treibende Kraft, er ist großer Mysticum-Fan und wollte das Lied unbedingt machen.
Bethlehem, „Das 4. Tier aß den Mutterwitz“: Bethlehem ist eine Band, die wir beide sehr schätzen. „Das 4. Tier“ zu covern war meine Idee und wir haben uns rasch gemeinsam auf eine Coverumsetzung geeinigt.

Der Sound von „Fegefeuer“ ist der stärkste, den ihr bislang hattet – wie kam es?
Das komplette Album hat diesmal Yantit aufgenommen, wir haben ein paar andere Mikros verwendet und haben dadurch in der Klangschmiede auch viel mehr Zeit zum Mixen zur Verfügung gehabt, was wie gehabt Markus [Stock, A. d. Red.] erledigt hat. Ich finde diese Herangehensweise und vor allem den finalen Sound sehr gelungen, von daher werden wir beim nächsten Album ähnlich verfahren.

Ihr wart zuletzt wieder mit Varg auf Tour. Glaubst du, dass EISREGEN musikalisch besonders gut zu Varg passen oder warum tourt ihr gerade mit dieser Band so oft?
Philipp von Varg hat uns ein gutes finanzielles Angebot für seine „Wolfsfest“-Konzertreihe angeboten. Wir spielen unser geplantes Set in einem technisch ansprechenden Rahmen – mehr steckt da nicht dahinter, keine Hexerei.

Wird es zu „Fegefeuer“ noch eine ausführliche Deutschlandtour geben?
Wir spielen noch einige Einzelkonzerte, eine große Tour wird es aber erst im Rahmen des 25-jährigen Jubiläums geben.

In welcher Besetzung steht ihr aktuell auf der Bühne? Das Album beinhaltet ja viele Streicher etc. – gibt es da auch die Idee, zumindest die Geige live spielen zu lassen?
Live unterstützen uns seit geraumer Zeit El Loco am Bass und El Hoppel an der Gitarre, zwei sehr gute Kumpels von uns, was uns persönlich sehr wichtig ist. Unsere Studiogeigerin ist live nicht verfügbar und mit Samples zu arbeiten hat einfach zu viele Vorteile. Da kommt niemand auf den Gedanken, wieder mit Störfaktoren wie Live-Keyboardern zu arbeiten.

Besten Dank für deine Zeit und Antworten. Zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:
Rammstein-Tour: Beeindruckend, wie groß die Jungs geworden sind. Eine Stadiontour innerhalb von Stunden auszuverkaufen, Respekt.
Nonnen: Vollkommen nebensächliche Randgruppe.
Literatur: Kaum Zeit dafür momentan, obwohl ich sehr gerne lese. Ich habe mittlerweile einen Riesenstapel Bücher abzuarbeiten …
Horst Seehofer: Braucht kein Schwein.
Dein aktuelles Lieblingsalbum: Der Soundtrack zu „The Fog“ von John Carpenter.
EISREGEN in 10 Jahren: Immer noch da, hoffentlich.

Die letzten Worte gehören dir:
Danke für das Interview, man sieht sich bei den Konzerten.

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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