Review Eisregen – Fegefeuer

„Die Thü.. Thü… Thü’inger!!!“ dürfte es, frei nach Asterix, der Tage wieder voller Panik durch die Gänge der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) schallen. Denn nur anderthalb Jahre nach „Fleischfilm“ legen die erklärten Freunde der Alliteration in Albumtiteln mit „Fegefeuer“ schon das nächste Album nach. Und ein neues EISREGEN-Album bedeutet für die Herren und Damen der BPjM erfahrungsgemäß Arbeit und Ärger: Indizierungspotenzial bieten EISREGEN-Alben ja erfahrungsgemäß immer – so auch „Fegefeuer“.

Schon der Titeltrack, der den Reigen nach den episch-orchestralen Klängen der „Vorhölle“ eröffnet, ist nichts für zarte Seelen: Dass der Erzähler hier als Satan, nicht als Mensch foltert, ändert wenig daran, dass die Folterfantasien durchaus anschaulich dargestellt sind. Dieses Muster zieht sich durch alle Texte des Albums: Sei es er Kannibalenkonditorensong „Knochentorte“, „Alice im Wundenland“, das Witz und Widerwärtigkeit vereint, oder die eher stumpfen Nummern wie „Ich mach dich bleich“: EISREGEN präsentieren sich auf „Fegefeuer“ zynisch und brutal wie lange nicht – verzichten aber, obwohl nicht auf Witz, so doch auf Blödsinn wie etwa auf „Marschmusik“ mit „Panzerschokolade“.

Auch musikalisch sind EISREGEN einmal mehr gereift: Ohne Frage ist „Fegefeuer“ – das Konzeptalbum „Fleischfilm“ mal außen vor gelassen – das vielseitigste Album der Thüringer: Während der treibende Titeltrack an „Blutbahnen“ erinnert, kann „Alice im Wundenland“ guten Gewissens als würdiger Nachfolger von „Scharlachrotes Kleid“ betitelt werden. Dazwischen prügeln EISREGEN schwarzmetallen drauf los – etwa im schon auf der EP „Satan liebt dich“ vorab veröffentlichten „Fahlmondmörder“, das nicht nur vom Titel her nach Helrunar klingt – überzeugen mit großer Melodik („Knochentorte“) oder überraschen mit ausladender Epik („Die Bruderschaft des 7. Tages“).

Ohne Frage ist nicht jedes Stück auf „Fegefeuer“ ein Hit: Gerade die geradlinigeren, schwarzmetallenen Stücke sind, verglichen mit den melodischeren Nummern, merklich unspektakulärer. Da EISREGEN-Songs jedoch über den Text oder die Musik funktionieren können, findet sich fast in jedem Song – musikalisch oder textlich – etwas, das das jeweilige Stück hörenswert macht.

Mit ihrem 13. Studioalbum zeigen EISREGEN, dass sie den Ausstieg von Bursche Lenz mittlerweile gut verkraftet haben. „Fegefeuer“ ist musikalisch wie textlich wieder merklich härter und dürfte damit vielen Fans zusagen, die mit dem stilistischen Ausreißer „Fleischfilm“ einerseits, dem eher stumpfen „Marschmusik“ andererseits nicht (mehr) so viel anzufangen wussten: Zu überraschend vielschichtiger Musik wird hier gemeuchelt und geschändet, dass es eine wahre Freude ist. So muss das bei EISREGEN – wenngleich das die Herren und Damen der BpjM wohl anders sehen mögen.

Wertung: 8 / 10

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