Konzertbericht: Faun

21.10.2018 München, Alte Kongresshalle

Seit nunmehr 15 Jahren erzählen FAUN ihre paganfolkigen Geschichten über Trollweiber, Meerjungfrauen und andere Gestalten. Anlässlich der obligatorischen Jubiläumstour kramen die Süddeutschen in ihrer Bandhistorie und finden dort einige musikalische und auch menschliche Schätze. Die Alte Kongresshalle in München bietet den passenden Rahmen für diese Revue, die gleichzeitig auch ein Ausblick sein könnte.

Fast restlos ausverkauft ist das Gebäude im Herzen der bayerischen Landeshauptstadt, als kurz nach 20 Uhr die ersten Takte des Openers „Lvpercalia“ erklingen. Mit einer Überraschung ihres Albums „Eden“ beginnen FAUN den Konzertabend hinter einem Vorhang, der die Bühne verdeckt und die Musik sprechen lässt. Das Licht verrät bereits, wer hinter dem weißen Tuch steht und bei „Satyros“ dürfen sich die Musiker endlich zeigen. Großer Jubel brandet auf und die Faune widmen die erste Konzerthälfte ihrer Jubiläumsshow größtenteils den Hits der jüngeren Vergangenheit wie „Diese kalte Nacht“, „Feuer“ (überraschend pyrolos) oder „Walpurgisnacht“. Bei letzterem darf das Publikum wie gewohnt in Teilen oder als Kollektiv einstimmen – anfangs überzeugt dies die „Jury“ in Form von Drehleierspieler Stephan nur bedingt, doch mit etwas Animation steigert sich das Münchner Publikum immer weiter. Vor „Diese kalte Nacht“ spricht Sänger Oli wiederum offen darüber, dass dieser Song und das damit verbundene Album „Von den Elben“ aus dem Jahr 2013 nicht ganz unumstritten gewesen sind, wenngleich für die Band sehr erfolgreich. In der 15-jährigen Bandvita markiert die Veröffentlichung sicherlich eine Zäsur, die sich aber live weit weniger deutlich ausgewirkt hat als im Studio. Auf der Bühne stehen und standen FAUN für weniger poppige, dafür paganlastige Arrangements und energiegeladene Auftritte mit vielen balladesken Momenten. Apropos Balladen: Mit dem altehrwürdigen „Tagelied“, dem Abschluss vieler Konzertabende früherer Bandjahre, endet der erste Teil schließlich mit einem zeitlosen Klassiker.

Nach einer 20-minütigen Unterbrechung wird es akustisch: „Des Wassermanns Weib“ singt Gründungsmitglied Fiona zusammen mit Oli an der Harfe. Ein Instrument, das bei FAUN vermehrt in den Hintergrund gerückt ist, in der zweiten Hälfte allerdings mehrfach zu hören ist. Das fortpflanzungslastige „Adam Llay Bounden“ erklang in München bereits mehrfach im Rahmen einiger Akustik-Shows im Freiheiz und die Songauswahl nach der Pause erinnert an diese Konzerte. Mit Lisa Pawelke gesellt sich zum traditionellen „Loibere Risen“ ein ehemaliges Mitglied der ersten Stunde zur aktuellen Besetzung und darf auch noch „Cuncti Simus“ singen. Aufgelockert wird die Stimmung immer wieder durch Stephan, so auch vor jenem Stück: Frontmann Oli braucht einige Momente, um seine Laute für den christlichen Song zu stimmen, was Stephan zu einem spontanen „Für die Kirche reicht’s“ verleitet. Nach dem eher ruhigen Auftakt legen FAUN noch einmal richtig los: Kraftvoll läutet das epochale „Odin“ auch ohne Einar Selvik die überraschend instrumentale Schlussoffensive ein, die nach „Iduna“ in „Wind und Geige“ sowie „Rhiannon“ gipfelt. Immer wieder stößt auch Tänzerin Yulia zu den Musikern, um der Musik mit ihren Bewegungen und Tüchern zusätzlichen Ausdruck zu verleihen.

Die Auswahl und musikalische Aufbereitung der Setliste offenbart sehr deutlich, wo sich die Veteranen musikalisch sehen – und worin ihnen niemand das Wasser reichen kann. Die Kraft der Musik ruht nicht in Schlagzeug oder Dudelsäcken, sondern besonders in der Einheit aus Instrumenten und den Stimmen der einzelnen Mitglieder. Dem neuesten Mitglied Laura sieht man deutlich an, dass sie inzwischen vollwertig in die Bandfamilie integriert ist, nachdem sie letztes Jahr an gleicher Stelle erst sehr kurzfristig als zweite Sängerin dazu stieß. Eine gute Menge an Zugaben bleibt nicht aus: Das etwas banale „Wenn wir uns wiedersehen“ zählt nicht zu den Highlights des Abends, doch gerade das Abschlussdoppel „Egil Saga“ nebst dem überarbeiteten „Das Tor“ vom 2005er-Album „Renaissance“ überzeugen. Während der letzten Zugaben schließt sich der Vorhang und der Abend endet wie er beginnt: In einem Video bedanken sich FAUN bei allen Weggefährten und entlassen viele glückliche Gesichter in die Münchner Nacht.

Bis auf Lisa Pawelke vertrauen FAUN zu ihrem Jubiläum ganz auf sich. Sie verzichten auf weitere ehemalige Mitglieder, Supports oder namhafte Gäste, zumindest in München. In anderen Städten werden die Pagan-Folker von Geiger Flo (Versengold) unterstützt. Im Kern funktionieren die sechs Musiker in ihrer jetzigen Konstellation allerdings auch ganz ohne Extras und werden hoffentlich in dieser Form die nächsten Jahre der Bandgeschichte prägen.

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