Konzertbericht: Faun

11.05.2017 München, Alte Kongresshalle

Der zweite Stop der FAUNE innerhalb der letzten sechs Monate in München ist diesmal gänzlich anderer Natur: Während das erste Konzert im Winter als Akustik-Show in einer Kirche sehr atmosphärisch und besinnlich daherkam, spricht das Midgard-Tour-Konzert in der schönen Alten Kongresshalle diesmal eher die Fans in Feierlaune an – auch wenn die durchgehende Bestuhlung gerade für diesen Zweck sicherlich nicht die beste Wahl gewesen ist.

Mit ihrem aktuellen Album “Midgard” begeben sich FAUN auf eine Reise in den Norden, zur Folklore und den Sagen und Geschichten Skandinaviens. Im Publikum selbst geht es ebenfalls sehr international zu: Durch den anschließenden Weltkongress der Gesundheitsmedizin sind nicht nur FAUN-Fans und Mittelalter-Neulinge anwesend, sondern auch Heiler, Schamanen, Therapeuten und Wissenschaftler aus aller Welt. Die Atmosphäre stimmt, trotz einiger organisatorischer Engpässe, und das Konzert kann beginnen.
Mit “Sonnenreigen” und “Federkleid” holt die Band direkt zu Beginn die Neueinsteiger schnell ins Boot und erklärt die Gänge und Flure der Halle zur offenen Tanzzone. Diese kommt jedoch erst später zum Tragen, denn im echten Federkleid präsentiert sich vorerst der indigene Stamm Huni Kuin aus Brasilien, dessen Vertreter Txana Bene nicht nur optisch mit seiner ausladenden Feder-Kopfbedeckung auffällt, sondern auch zum Dank für die Einladung und Spendenerlöse gesanglich einen traditionellen Beitrag leistet, den kein Konzertbesucher so schnell wieder vergessen wird.
Der Bogen zurück zum “Sigurdlied” und zur “Walpurgisnacht” ist da nur improvisiert zu schaffen, doch die FAUNe zeigen sich wie immer witzig und sympathisch, und führen gekonnt auch durch diesen Teil des Programms. Etwas holprig dagegen ist noch die Eingewöhnung der neuen Sängerin Laura Fella, die die ausgestiegene Katja Moslehner ersetzt. Aktuell muss Fiona Frewert viele Stücke tragen, und jene scheint einen nicht ganz so guten Tag erwischt zu haben. Gelegentliche Verspieler und nicht sitzende Harmonien mit ihrer Mitsängerin Laura kann sie erst nach und nach im Laufe des Abends ausmerzen.
Echtes skandinavisches Blut bringt schließlich Gastmusiker Martin Seeberg auf die Bühne. Der multiinstrumentale Däne, der mit den FAUNen bereits die skandinavischen Nächte durchmusiziert hat, ist mit seiner Violine eine willkommene Ergänzung zum FAUN-eigenen Instrumentarium, und gemeinsam versuchen sie, eine solche selbst erlebte “Nacht des Nordens” nach München zu bringen – Nächte am Lagerfeuer, in denen es nie vollständig dunkel wird, und eine melancholische Atmosphäre die Umgebung vergessen lässt.
Wie man den gleichen Effekt auch mit kräftigen statt ruhigen Klängen erzielt, beweist WARDRUNA-Gründer und -Sänger Einar „Kvitrafn“ Selvik nur wenige Songs später mehr als eindrucksvoll. “Odin”, das gemeinhin als das beste Stück auf “Midgard” gilt, wird vor allem durch die kraftvolle Stimme des Norwegers zum Highlight, das nicht nur den vorderen Reihen eine Gänsehaut beschert. Die aus der Edda entnommenen Verse gehen genau da einen Schritt weiter, wo die FAUN-Stücke der aktuellen Setlist in hauptsächlich deutscher Sprache ihre Grenze ziehen müssen. Auch “Helvegen” und “Solringen”, zwei WARDRUNA-Stücke, die Einar zusammen mit der Band interpretiert, sind sicherlich Neuland für viele anwesende Neu-Fans, überzeugen aber auf ganzer Linie und lassen die FAUNe im Kontrast an diesem Abend dann doch mehr nach Ethno-Popern aussehen, als sie es eigentlich sind.

So entlassen die Süddeutschen ihr Publikum schließlich mit vielen neuen Eindrücken in die Nacht, mit einer bunten musikalischen Mischung aus Tanz-Pop, Folk und Pagan, und holt mit Stücken wie “Der König von Thule” auch die Fans der ersten Stunde ab. Trotz der guten Stimmung reicht das Konzert in seiner Perfektion und Atmosphäre nicht an das Kirchenkonzert vom November 2016 heran, hinterlässt aber einen erfrischenden Eindruck von einem lockeren Konzert “unter Freunden”.

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