Festivalbericht: Festival-Mediaval VIII – Tag 1

11.09.2015 - 13.09.2015 Selb, Goldberg

Im achten Jahr setzt sich die Themenreihe des FESTIVAL-MEDIAVALs fort: 2015 steht die keltische Musik im Vordergrund. Namen wie Skerryvore, Kila und Carlos Nunez als Headliner zählen hierzulande nicht zum Basisprogramm der Folk- und Mittelalterevents, bereichern aber den Schwerpunkt mit verschiedensten Interpretationen des Celtic Folk maßgeblich. Etablierte Szenegrößen wie Corvus Corax schöpfen wiederum aus ihrem schier unermesslichen Fundus und legen mit Unterstützung von Wadokyo ihren Fokus auf britische Stücke und alles, was sich sonst noch unter dem Begriff der „keltischen Musik“ tummelt. Zusammen mit dem etablierten Rahmenprogramm und einem gewohnt starken Nachwuchswettbewerb bietet der Goldberg erneut über drei Tage feinste Unterhaltung und womöglich eines der besten Festivalwochenenden in Selb aller Zeiten. Der Freitag ist hierbei „nur“ der Auftakt.

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Den 11. September als Beginn des Festival-Mediaval zu deklarieren, wird der CAPELLA ANTIQUA BAMBERGENSIS und ihrem Akustikkonzert in der Christuskirche (zusammen mit einigen Gästen) am Donnerstagabend nicht gerecht. Das Entrée für die kommenden drei Tage erweist sich als eine nette Zugabe sowohl für die Festivalbesucher wie auch für die Anwohner, die so freiwillig und ohne Einstiegshürde in die Musik reinschnuppern können.

JWP_6019mpEhe PYRATES mit „Bonny Ship The Diamonds“ den ersten Tag nach der obligatorischen Begrüßungszeremonie musikalisch offiziell eröffnen, zeigt die Raubvogelshow der Falknerei Blum in der (kostenfrei zugänglichen) Goldbergbucht, dass es beim Festival-Mediaval um mehr als nur Bands und Künstler geht.

JWX_2930mpDies setzt sich auch auf dem Gelände fort, auf in einem kleinen Filmzelt über das gesamte Wochenende verteilt mehrmals der Film MARA UND DER FEUERBRINGER gezeigt wird. Multimedia meets Mittelalter und Marktmusik im Norden Bayerns. Das Gesamtbild ist direkt zu Beginn der drei Tage ein ungemein stimmiges und homogenes. Dazu tragen wiederum auch Pyrates mit ihrer Opener-Show auf der Hauptbühne bei, die mit alkohol-geschwängertem Piratenslang einigen Traditionals neue Akzente verleiht. ASHLEY DAVIS als erste Vertreterin des Celtic Specials steht – begleitet von einer Harfe – musikalisch im Kontrast zu den Freibeutern, wird aber mehr unfreiwillig mit dem munteren Treiben in der Piratenbucht hinter der Bühne konfrontiert. Regelmäßige Kanonenschüsse von Flint’s Buccaneers stören die ruhige Show merklich, allerdings gelingt es der Künstlerin mit wenig mehr als ihrer Stimme und sanften Harfentönen für musikalische Unterhaltung zu sorgen. Die Abendsonne in Selb steuert ihr Übriges dazu bei, während auf den kleinen Bühnen des Marktgeländes das Gauklerduo BASSELTAN und Kontaktjongleuse BEATRICE ebenfalls ihre ersten Shows veranstalten. Wie in jedem Jahr finden alle Acts ihr Publikum, welches sich angenehm auf dem Goldberg verteilt, so dass niemand sich vor den Bühnen drängen oder um die besten Plätze rund um die Gaukler und Co. kämpfen muss.

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POETA MAGICA mit Mastermind Holger Funke zählen zu den vielen, regelmäßigen Gästen beim Festival-Mediaval. Dieses Jahr entführen die Musiker mit Nyckelharpa, Drehleier und verschiedenen anderen Instrumenten ihre Hörer in die musikalischen Welten Schwedens, der Bretagne und keltischer Landschaften. Die letzten Male verzauberten POETA MAGICA auf dem FM vorwiegend mit ihrer Vertonung der isländischen Göttersaga „Edda“. Das aktuelle Programm nebst schwedischer Sängerin und weniger Entourage klingt griffiger und bodenständiger, so dass auch weniger sphärisch orientierte Hörer auf den Geschmack kommen. Besondere Instrumente wie der schwedische Dudelsack Säckpipa und das sephardische Def zählen zum exquisiten Sammelsurium, welches verglichen mit den letzten Jahr vermehrt zum Tanzen einlädt. Wer wollte, konnte auch den Zweitplatzierten beim Supertalent 2008 – KELVIN KALVUS – mit seinen Glaskugeln parallel dazu genießen.

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Noch fröhlicher und beschwingter beschließen SKERRYVORE den Festivalfreitag an der Burgbühne. Benannt nach dem Leuchtturm auf ihrer Heimatinsel Isle of Tiree zeigen sich die sieben jungen Musiker beweglicher als es die Bedeutung ihres Namens vermuten lässt. So huldigen sie in „Simple Life“ dem einfachen Leben und freuen sich mit „Happy To Be Home“ darauf, bald wieder in ihrer Heimat Schottland zu sein. Die Schotten treten den Weg nach Selb extra für diesen einen Gig an, doch von Müdigkeit oder Reisestrapazen ist nichts zu spüren. So zeigen alle Musiker, dass sie trotz junger Jahre bereits reich an Erfahrung und vor allem Talent sind – wie Geiger Craig Espie im Rahmen von „Angry Fiddler“, gleichermaßen sein Spitzname. Sänger Alec Dalglish agiert als Sprachrohr für die Formation und punktet sowohl stimmlich wie auch mit seinem Charisma. Die Singer/Songwriter-Facetten gepaart mit urschottischen Instrumenten erzeugen Dynamik und stetige Spannung. Nicht umsonst werden die Schotten von heimischen Medien als die neuen Runrig gehandelt.

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Nach ASHLEY DAVIS dominieren beim Schlossbühnen-Headliner MOYA BRENNAN erneut die Harfenklänge. „Voices & Harps“ als Name der Tour trifft den Nagel auf den Kopf. Im Vergleich zu Davis ist der Auftritt der Clannad-Sängerin mit ihrem Soloprojekt über mehr als eine Stunde mehr etwas für die Nostalgiker unter den Festivalbesuchern. Ähnlich wie bei Alan Stivell vor einigen Jahren gerät das Bühnenbild sehr statisch, so dass allein die Musik im Vordergrund steht. Über die Qualitäten der Musiker, v.a. von Harfenvirtuose Cormac De Barra, lässt sich nicht streiten, wenngleich sich das Klangbild nie aus einem bestimmten Korridor bewegt. Das zeigt auch die letzte Veröffentlichung des Duos namens „Affinity“. Folk- und Weltmusikbegeisterte mit einem Faible für Harfen kommen dabei sicher auf ihre Kosten. Einige andere dürften wenig Lust verspüren, diesem Auftritt bis zum Ende beizuwohnen. Das ändert sich auch nicht durch die Gitarrenuntermalungen.

Wer nach dem eher ruhigen Tagesausklang noch nicht genug vom Festival hatte, kann entweder im zum After-Show-Partybereich umfunktionierten Filmzelt noch bis in die frühen Morgenstunden tanzen oder der Tribal-Show von MIRABILIA beiwohnen. Letztere ist allerdings – trotz einiger Feuerelemente – im Tagesprogramm besser aufgehoben. So endet der Freitag beim achten Festival-Mediaval für einige früher, für andere später. Auf die Kosten gekommen dürften für’s Erste alle sein. Die kommenden Tage beweisen wiederum, dass dies nur der Auftakt gewesen ist.

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von:
Jens Wessel / http://www.medievalphotography.com – dort findet ihr unter anderem die vollständige Galerie zu diesem Festival!

 

 

 

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