
Bleibt alles anders – so oder so ähnlich könnte man das FESTIVAL-MEDIAVAL XVI zusammenfassen. Erstmals mit Admiral Ulf als neuem Chef überzeugt das Festival 2025 wieder in einigen großen und sehr vielen kleinen Momenten.
Bereits beim Einlass und der frühen Programmgestaltung des Freitags gibt es erste positive Veränderungen: So dürfen die Besucher das Gelände am Goldberg zeitig vor der ersten Band betreten und können dadurch in Ruhe die Marktstände sowie die Gastronomie erkunden. Das entzerrt den Ansturm und damit auch die Wartezeiten, besonders im Vergleich zum letztjährigen Freitag, ziemlich.

Nach der Begrüßung durch den Selber Bürgermeister, der sich besonders darüber freut, dass mit Ulf nun ein echter Selber das Ruder beim FESTIVAL-MEDIAVAL übernommen hat, richtet der Admiral einige Worte an die Menge. Dass aus dem Goldberg kurzzeitig der Geldberg wird, sorgt auf und vor der Bühne für Erheiterung. Allgemein könnte die Stimmung ähnlich wie das Wetter zu Beginn des Festival-Wochenendes kaum besser sein. Das spielt wiederum PURPUR in die Karten, die auch im 15. Jahr in Folge beim MEDIAVAL auftreten. Zu diesem Anlass haben sich die Rauscher-Zwillinge mit dem Duo AKLEJA sowie ELLA ZLOTOS gleich doppelte Unterstützung geholt. Die Nyckelharpas und Flöten bereichern den Auftritt des stimmlich gewohnt starken Duos und tragen ihren Teil dazu bei, dass sich einige Menschen vor der Hauptbühne einfinden, die den eher langen und ruhigeren Stücken lauschen.
Wer es zum Auftakt gerne schwungvoller beziehungsweise folk-rockiger mag, der wird anschließend auf der Burgbühne von THE BLACKBEERS entsprechend abgeholt, die sogleich die erste Polonaise des Festivals starten. Für eine gute Stunde tauscht Admiral Ulf alias Admiral Swollenface den Chefsessel gegen Mikro und Piratenhut. Dafür wird er ordentlich gefeiert. Musikalisch gibt es bei THE BLACKBEERS wie in den Jahren zuvor einen Mix aus Cover-Versionen und Eigenkompositionen, bei denen der gemeinsame Alkoholgenuss und das gemeinsame Feiern klar im Vordergrund stehen.

Mit MILA MAR schlägt das Festival erstmals ein wenig den Bogen zum diesjährigen „Gothic“-Special – ohne dass die Band diesem Genre zugeordnet werden könnte. Dennoch treffen die Musiker den Geist des Mediaval, allen voran Anke Hachfeld (die wenig später noch woanders zu sehen sein wird). Ein dickes Lob geht an den Licht- und Tontechniker von MILA MAR, der den Auftritt in Selb perfekt in Szene setzt. So dominiert die Stimme von Anke den Auftritt, wirkt aber nie omnipräsent oder zu dominant. Dass die Songs oft in einer Fantasiesprache dargeboten werden, schmälert deren Wirkung nicht. Dafür sorgen auch die individuell starken Bandmitglieder, die Anke das instrumentale Fundament liefern, allen voran Jann Michael Engel am Cello. Für viele Fans erreicht der Auftritt an diesem Abend wie so oft mit „Was bleibt“ seinen emotionalen Höhepunkt. Auftritte von MILA MAR sind selten(er) geworden, doch für Festivals wie das Mediaval und Slots wie diesen ist diese (im wahrsten Sinne des Wortes) alternative Musik eine sehr passende Wahl und wohltuende Abwechslung.

Deutlich exzentrischer wird es bei GOETHES ERBEN. Ähnlich wie Anke Hachfeld ist Oswald Henke mit seinem Projekt inzwischen kaum mehr live zu sehen, besonders nicht auf Festivals. So ist die Show am Goldberg auch das einzige Open-Air, das die ERBEN dieses Jahr spielen. Dafür haben sie sich aber einiges vorgenommen: Insgesamt gibt es 19 Songs zu hören, ein paar davon mit Gästen und viele begleitet von einer passenden Bühnen-Show. So taucht gegen Ende MILA-MAR-Sängerin Anke bei „Stadt der Träume“ als weibliche Stimme auf, während eben noch LUCI VAN ORG bei einem exklusiven Live-Duett an der Seite von Oswald zu hören gewesen ist. Mit Tänzerin Ida haben GOETHES ERBEN einen weiteren echten Profi dabei, der grazil über die Bühne flaniert und sich anmutig bewegt. Oswald selbst kann sich in seinen Ansagen den ein oder anderen charmanten Seitenhieb an die Gothic- bzw. Schwarze Szene nicht verkneifen, geht in seiner Rolle als Frontmann allerdings voll auf und weckt Erinnerungen an Klaus Kinski. Dabei beschränkt er sich nicht nur auf seinen Gesang, sondern wirkt auch aktiv bei der Performance-Kunst rund um eine Schattenwand und vielem mehr mit. Wer den Zugang findet, bekommt eine faszinierende Darbietung geboten, die u.a. mit „Lazarus“, „Himmelgrau“ und dem für die aktuelle Live-Band optimierten „Schattenseiten“ auch musikalisch ohne viel Drumherum einiges zu bieten hat.

Als Headliner des Abends und sicherlich der Hauptgrund für das im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich dunkler gekleidete Publikum am Goldberg zeigen sich ASP von ihrer besten Seite. Die angekündigte Greatest-Hits-Show weckte sicherlich im Vorfeld große Vorfreude auf ein Set voller liebgewonnener Klassiker und lange nicht live gehörter Hits. Frontmann und Mastermind Alexander Spreng alias Asp löst das Versprechen auch gekonnt ein und serviert eine facettenreiche Setlist quer durch die Jahrzehnte, wobei er lachend erwähnt, dass er bei seiner eigenen Musik auch selbst mit auswählen könne, was davon nun ein „Greatest Hit“ sei. Mit „Raise some hell now!“ starten ASP mit ordentlich BPM und legen mit „Die letzte Zukunft“ direkt nach. Stimmlich strauchelt Spreng erst ein wenig – das fortschreitende Alter geht auch an ihm nicht spurlos vorbei. Doch auch wenn die ganz tiefen Töne nicht mehr ganz so souverän erreicht werden wie früher, präsentiert sich der Sänger so entspannt und sympathisch wie lange nicht. Mit „Ich bin ein wahrer Satan“ und „Und wir tanzten (Ungeschickte Liebesbriefe)“ ziehen ASP das Publikum schließlich vollends in ihren Bann. Auch der beliebte Krabat-Liederzyklus findet mit „Krabat“ und „Denn ich bin dein Meister“ Einzug auf die Greatest-Hits-Setlist.
Als besondere Überraschung holt er sich noch Duettpartnerin Nic Frost mit auf die Bühne, die schon öfter als Gastsängerin bei ASP beteiligt war. Zusammen interpretieren sie „Ich, der Teufel und du“, wozu Spreng passenderweise eine Teufelsmaske aufsetzt, sowie „Wechselbalg“. Der kurze Auftritt lockert das Set angenehm auf. Zu später Stunde, nachdem „Werben“ mit hörbarer Beteiligung des Publikums über den Goldberg geschallt ist, kann sich Asp dann doch eine humorvolle Spitze nicht verkneifen: „Falls ihr euch gefragt habt: Wann wird es denn endlich Gothic bei diesem Gothic-Special? – das kann ich euch auch nicht beantworten! Wenn, dann vielleicht jetzt bei „Fürst der Finsternis“!“ Als anschließend die letzten Akkorde von „Ich will brennen“ verklingen, endet ein tolles Konzert, das aufzeigt, warum manche Bands weiterhin als Headliner gebucht werden und manche eben nicht. Höchst professionell, unterhaltsam und mit Songs für alle Fan-Generationen im Gepäck haben ASP sich sicherlich neue Fans auf dem Goldberg erspielt.
Der erste Festival-Tag überzeugt getreu und auch abseits des Gothic-Leitmotivs. Mögen es Bands wie MILA MAR oder GOETHES ERBEN im Gegensatz zu ASP nicht (mehr) auf die ganz großen Festivalbühnen schaffen, so bietet ihnen allen der Goldberg ein gleichermaßen passendes und vor allem stimmungsvolles Ambiente.
>> Zu Tag 2 …
… unter anderem mit QNTALund WIND ROSE!


