Review Caliban – A Small Boy And A Grey Heaven

Setzten die Jungs mit dem nach ihnen benannten Debut „Caliban“ 1998 eine erste Duftmarke, so feuerten sie 1999 mit „A SMALL BOY AND A GREY HEAVEN“ eine ganzes Arsenal olfaktorischer Granaten ab. Die Gratwanderung zwischen (todes)metallischem Gitarrenspiel und emotionalem Hardcore Shouting, wird über weite Strecken mit Bravur gemeistert und geschickt kombiniert.

Die CD beginnt mit einem klassisch Intro (aus Dracula), bevor der erste Song „Arena Of Conclusion“ gleich aufzeigt wohin die Reise gehen soll. Abwechslungsreichtum, was sowohl die einzelnen Songstrukturen als auch die musikalische Umsetzung angeht, wird hier ganz groß geschrieben. Schnelle Nackenbrecher, wechseln sich mit fast schon verträumt ruhigen Parts ab. Auch Sänger Andy zeigt, dass er seit dem Debut einiges dazugelernt hat. Hier wird nicht einfach von Anfang bis Ende drauflos geschrien, als ob es keinen morgen mehr gibt. Neben den für Caliban typischen eher hohen Screams, lässt er sich auch auf tiefere richtig fies klingende Growls und emotionale Sprechteile ein. Im Lied „Destruction“ kommt dann sogar cleaner Gesang zum Einsatz, der jedoch mit derbem Gekeife untermalt ist, sodass eine schön düstere Atmosphäre entsteht.
Bis zum fünften Track „A Small Boy And A Grey Heaven“ geben sich intelligent arrangierte Stücke die Klinke in die Hand. Doch Caliban können noch mehr. Das Album trägt meines Erachtens völlig zurecht den Namen diese Stücks. Hier vereint das Quintett nochmals die Stärken aller vorangegangenen Lieder und liefert ein äußerst emotionales und mitreißendes Stück ab.
Nach vier Nummern Vollgas, bekommt der Hörer mit „Skit“ kurz Gelegenheit sich zu erholen, bevor es wieder voll nach vorne geht. Dieses Zwischenstück ist zwar durchaus gelungen, passt aber nicht so richtig zum nachfolgenden „A Fait Moment Of Fortune“. Welches besonders durch die schnellen Wechsel von Schreien und gesprochenen Teilen eine ganz eignen Stimmung schafft. Der Schuss am Schluss macht klar um was für einen Moment es hier geht und das nachfolgende „Skit II“ lässt einen noch einen Augenblick in Melancholie schwelgen.Textlich bewegen sich Caliban in den für diese Gerne typischen Gefilden aus Gesellschaftkritik und bisweilen überraschend tiefsinnigen Selbstreflexionen. Insgesamt gehen die Texte allerdings immer wieder in der etwas undurchsichtigen Produktion unter, sodass man teilweise sogar beim Mitlesen die Orientierung verliert.
„Supervision Until Death“ klingt erst etwas zu gewöhnlich, reißt einen dann aber mit einem genial arrangierten Zwischenteil sofort wieder in seinen Bann. Das Nachfolgende „Always Following Life “ bietet ebenfalls keine großen Neuerungen ist aber dafür noch mal von der ganz derben Sorte. Richtig heftig wird’s wenn Andy völlig ohne Begleitung die ganze Wucht seines Organs einsetzt. Mit diesen Stimmbändern möchte ich nicht tauschen…„Pollution“ überzeugt vor allem durch die abgehackten Gesangsparts, wirkt ansonsten aber etwas blass. Durch „Sylca“ wird man dafür wieder richtig überrascht. Nette Gitarrenmelodien und weiblicher Gesang, der eher an die Alternative Band von nebenan erinnert als an 5 Jungs mit ganz besonders hartem Kern.
Auch die beiden letzten Stücke „Intolerance“ und „Da Rebus Que Gerunter“ (ich hatte zwar mal Latein, doch keinen blassen Schimmer was das heißen soll) sind leider etwas schwächer. Dies liegt aber auch an dem hohen Niveau, welches von Anfang an vorgelegt wurde.
Das wiederum klassische Outro mit Kirchenchor schließt diese trotzdem gelungene CD wunderbar ab und entlässt einen in einer melancholisch, traurigen Stimmung. Doch Caliban wären nicht Caliban wenn sie es dabei bewenden lassen würden….

Insgesamt zeigt dieses Album einen unheimlichen Entwicklungssprung einer ziemlich jungen Band, deren Potential bei diesem Album schon deutlich zu erkennen war. Besonders das Lösen von klassischen Hardcore Trademarks und die Einbindung von unterschiedlichen (Death) Metal-Elementen lassen hier ein unheimlich vielschichtiges Album entstehen.
Wem In Flames zu soft und Slayer zu doof sind, der sollte hier unbedingt mal ein Ohr riskieren. Caliban klingen durch die Bank deutlich aggressiver und auch in Punkto Gitarrenspiel brauchen sich die Jungs keineswegs zu verstecken.
Ein noch differenzierterer Sound und das ein oder andere instrumental ruhigere Stück zur Auflockerung und das Album wäre perfekt.

Wertung: 8 / 10

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