Anthems To The Welkin At Dusk

Review Emperor – Anthems To The Welkin At Dusk

  • Label: Candlelight
  • Veröffentlicht: 1997
  • Spielart: Black Metal

EMPEROR hier noch vorzustellen, dürfte dem sprichwörtlichen Eulen nach Athen tragen schon sehr nahe kommen. Im Black Metal spätestens seit In the Nightside Eclipse eine absolute Institution, haben sie den Geist der schwarzen Musik weit über ihre Grenzen hinaus getragen. Trotz des einen oder anderen Gefängnisaufenthalts ist auf Anthems To The Welkin At Dusk die Elite des (norwegischen) Black Metals weitesgehend anwesend. Drei Jahre nach dem furiosen Debüt holten also Vegard Tveitan (Ihsahn), Tomas Thormodsæter Haugen (Samoth), Jonas Alver und Kai Mosaker (Trym) zum Zweitschlag aus und dieser sollte das Erstwerk noch einmal erheblich in den Schatten stellen.

Zehn Jahre nach der Veröffentlichung von Anthems To The Welkin At Dusk ist diese Platte zurecht als Meilenstein und Gratmesser einer gesamten Stilrichtung anzusehen. Heranreichen können maximal Immortal (etwa mit Battles In The North oder At The Heart Of Winter), Mayhem, Marduk oder – was aber nur dem kommerziellen Ergebnis, keineswegs aber dem spielerischen oder songwriterischen Können entspricht – Burzum (vor allem aufgrund der Kontroverse um Christian Vikernes), Darkthrone (welche Jahr für Jahr das gleiche Album veröffentlichen) und Gorgoroth (welche die ohnehin schon rasend schnellen Besetzungskarussels norwegischer Black Metaller in eine neue Dimension hievten). Um die Größe dieses Albums besser beschreiben zu können, ist ein Rückblick auf den Vorgänger sicher nicht unangebracht, weitgehend rechtmäßig wird bereits In The Nightside Eclipse als Wunderwerk einer Szene, die immer wieder mit Identitätsproblemen konfrontiert wird, angesehen. Aus Sicht der damaligen Situation ist das vermutlich auch nicht falsch, immerhin haben einige minderjährige Musikanten ein Album erschaffen, welches in seinem Sturm und Drang dem Dichterfürsten Goethe sicher gefallen hätte. Ebenso wurde die Intensität extrem hochgeschraubt, aber meiner Meinung blieben einige Punkte, die ein Weltklassealbum ausmachen, auf der Strecke. Die Abwechselung wurde noch vergleichsweise klein geschrieben, die spieltechnischen Raffinessen waren erkennbar, aber noch nicht auf dem ausgereiften Level späterer Veröffentlichungen, so dass das Album eigentlich mehr von dem um ihn betriebenen Kult lebte. Ganz anders wurde es drei Jahre später, Ihsahn und Co haben die Zeit genutzt, um ein Album voller Kraft, voller Atmosphäre, voller Mystik und Leidenschaft zu erschaffen. Wie ein Netz klebriger Spinnfäden legt sich gleich der rein akustische Opener Alsvatr (The Oath) um den Hörer, ein finstere Stimmung wird aufgebaut, die sich in den ersten Takten von Ye Entrancemperium voll entlädt. Dies tut sie aber nicht einfach nur durch Gewalt und Geschwindigkeit, sondern durch eine Filigranität, die dem Black Metal bis dahin beinahe unbekannt gewesen zu sein scheint. Und das Beste ist, dass sich die Musiker einen Scheiß um szeneverpflichtende Konventionen scheren, Black Metal muss einfach nicht schlecht produziert und eintönig sein, man darf ruhig die feinen Arrangements heraushören, Melodien und Keyboardeinsatz dürfen nicht nur Fremdwörter sein, denn diese sind kein Zeichen von Kommerzialität, sondern von Kunst.

Dass es auch langsamer geht, zeigt sich bei Thus Spake The Nightspirit, welches dann auch gleich mal mit klarem Gesang aufwartet, doch wer stört sich bitteschön daran, wenn es einfach nur gut klingt? Überhaupt sind es oft genau diese Stellen, die aufhorchen lassen; das über sechsminütige Ensorcelled By Khaos beginnt rasend schnell, aber gerade der getragene Mittelteil macht das Lied zu dem Highlight, was es ist. Ebenso müsste man eigentlich über die nächsten Lieder auch schreiben, sowohl The Loss And Curse Of Reverence (Live-Granate), The Acclamation Of Bonds (kurzes Metallica-Sample inklusive) oder das Achtminutenepos With Strength I Burn verdienen mehr als nur eine kurze Erwähnung. Andererseits sei es dem interessierten Hörer aber ohnehin eher ans Herz gelegt, die Musik einfach zu hören, denn mit Worten ist sie schwer zu beschreiben, zu detailverliebt gehen die Nordmänner ans Werk. Abgerundet wird die phantastische Platte durch das Instrumental The Wanderer, welches im Dreivierteltakt daherkommt und sich sicher zu einem emotionalen Date mit der Liebsten bestens eignet.

Unter dem Strich verzichtet man auf jeglichen Füllstoff und haut acht Hammersongs raus, teilweise bekommt man sogar noch die drei Bonustracks In Longing Spirit, Opus A Satana (eine Art Remake von Inno A Satana vom Debüt) und The Loss And Curse Of Reverence (live) hinzu geschenkt. Erstaunlich ist vor allem, dass sich die EMPEROR-Musiker im Gegensatz zu den Kollegen von Immortal mit Skandalen nicht zurück gehalten haben; dennoch kommt man nicht umhin, sie als ernsthafte Vertreter einer nicht immer einfachen Szene zu berzeichnen. Denn Musik schreiben und spielen können sie einfach und beweisen es mit Anthems To The Welkin At Dusk perfekt. Wer sich nur ansatzweise als Black-Metal-Hörer bezeichnet, kommt an diesem Album einfach nicht vorbei.

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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