Review My Dying Bride – A Line Of Deathless Kings (+)

  • Label: Peaceville
  • Veröffentlicht: 2006
  • Spielart: Doom Metal

Ich kann’s nicht mehr aus erster Hand berichten, man selbst erlebt das ja eh immer etwas anders als die Menschen um einen herum, aber mit 16 Jahren sollte man ja so ungefähr mitten in der Pubertät stecken und das ist wohl eine recht schwierige Zeit, geprägt von vorher nie dagewesenen Gefühlen und heftigen Stimmungsschwankungen. Okay, in der Hinsicht waren MY DYING BRIDE ja sowieso noch nie so sehr gefestigt, schon ein ums andere Mal erlebte man auf ihren Alben innerhalb von wenigen Augenblicken, wie gloriose Hoffnung in tiefste Depression umschlug, unsterbliche Liebe in bösartige Agression, solche Sachen halt. 2006 war es dann soweit, die pubertierenden Düstermänner warfen ihr neuntes Album mit dem Titel „A Line Of Deathless Kings“ auf den Markt und da ich schon damals großer Fan der Band war, kaufte ich es quasi direkt nach Release im örtlichen Media Markt (naja, eigentlich war es mehr Zufall und ich hatte mal wieder zu viel Geld in der Tasche, kennt man ja).

Die todlosen Könige also, ganz verstehen tu ich den Titel des Langspielers bis zum heutigen Tag nicht, das ändert aber nichts daran, dass ich die Scheibe seit Erscheinen ein ums andere Mal durch die Stereoanlage rotieren ließ und ohne zu viel vorweg nehmen zu wollen, das Ding wuchs mir doch ziemlich sehr ans Herz. Nicht dass es bei den ersten paar Durchläufen irgendwie schlecht gewesen wäre, es klang nur anfänglich etwas befremdlich und brauchte Zeit, um sich zu entfalten. Dafür sorgt wohl auch – ich deutete es schon an – der etwas pubertierende Charakter der Scheibe.

Die nie vorher dagewesenen Gefühle manifestieren sich nämlich erst mal in der Trackliste. „L’Amour Detruit“, „Love’s Intolerable Pain“, „I Cannot Be Love“, so schmalzig hat man die Briten bis dato eigentlich noch nie erlebt, nicht mal auf dem etwas drögen Vorgänger „Songs Of Darkness, Words Of Light“. So ein Einschlag findet sich auch in den Lyrics wieder, die behandelten Themen bleiben zwar in etwa dieselben wie auf den vorigen Werken, aber ansonsten sind sie über weite Strecken straighter, besser auf den Punkt aber dafür auch weniger tiefschürfend geschrieben. Dabei kommen dann aber auch ein paar sehr tolle, extrem einprägsame Stellen rum, wie zum Beispiel der „What if…„-Abschnitt bei „Love’s Intolerable Pain“ (sowieso ein verflucht gutes Lied mit ein paar coolen Lead-Parts).

Und auch mehr geradeheraus, mehr auf den Punkt sind MY DYING BRIDE in Punkto Musik. Ging’s auf dem Vorgänger nach dem starken „The Dreadful Hours“ doch wieder etwas verträumter, gesetzter zu Gange, so steckten die Briten in den zwei Jahren, in denen sie an „A Line Of Deathless Kings“ arbeiteten, wieder mehr musikalischen Druck in ihre Kompositionen. Die todesmetallisch inspirierten Passagen sind zwar alles andere als zahlreich (den heftigsten Augenblick feiern sie wohl in den letzten Takten von „The Blood, The Wine, The Roses“ ab), aber trotzdem geht das Material von den ersten Takten von „To Remain Tombless“ starr geradeaus.

Mit wenigen Unterbrechungen rocken MY DYING BRIDE die guten 60 Minuten, die „A Line Of Deathless Kings“ dauert, konsequent durch, lassen aber genügend Platz für den typischen Herzschmerz und die tollen Melodien, die sie so groß gemacht haben und auch wenn mal wieder einen Gang runtergeschaltet wird, wie in der zweiten Hälfte von „I Cannot Be Loved“ zum Beispiel, dann schaffen sie doch immer die knappe Gradwanderung zwischen Gefühl und Härte. Widerstreitende pubertäre Gefühle, hier sind sie wieder. Und es klingt gut. Denn bei der doch eher moderneren Ausrichtung (zumindest im Vergleich mit dem Vorgänger) kommt eine ganze Fuhre ohrwurmiger, starker Hits bei rum, sei es das flotte „Love’s Intolerable Pain“, das düstere „And I Walk With Them“ (mit einem total genialen Narrationspart am Ende), „Deeper Down“, „The Blood, The Wine, The Roses“… Was auch immer, hier macht jeder Song eine Menge Spaß.

„A Line Of Deathless Kings“ ist eine gewagte Angelegenheit, das nach dem ruhigeren „Songs Of Darkness, Words Of Light“ doch einige Fans erschreckt haben könnte, denn so kühl/agressiv/effizient haben die Briten sich lange nicht mehr gegeben, aber wenn man sich mal eine Weile in die Scheibe reinhört, dann merkt man erst, was für eine unheimlich kurzweilige Angelegenheit sie doch ist. Und – wohl gemerkt – eine mit Langzeitwirkung, auf der man noch nach vielen Durchläufen und langer Zeit viele nette Details entdecken kann und auch sonst sind die Melodien, die hier zelebriert werden, Stoff für die Ewigkeit. Mit „A Line Of Deathless Kings“ haben MY DYING BRIDE es vollends geschafft und eine CD aufgenommen, die mich in jedem Detail und wieder und immer wieder begeistern kann und die die Messlatte für alles, was danach kommen mag, sehr hoch angesetzt hat. Bis dahin:

Wertung: 10 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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