Review My Dying Bride – Feel The Misery

  • Label: Peaceville
  • Veröffentlicht: 2015
  • Spielart: Doom Metal

Na endlich! MY DYING BRIDE haben es endlich geschafft, ihr Konzept mit einem einzigen, griffigen Titel zu umschreiben: „Feel The Misery“ ist das 12. Studioalbum der Briten und eigentlich fast der Name das bisherige Schaffen der Band perfekt zusammen. Denn die (eigene) Traurigkeit lassen die Doomer seit jeher jeden fühlen, der sich in den Sog ihrer restlos depressiven Musik hineinwagt.

Nachdem man spätestens mit „A Map Of All Our Failures“ jegliche Experimente hinter sich ließ und die rasch nachgeschobene, aber ebenfalls hochklassige EP „The Manuscript“ diese Ausrichtung fortsetzte, muss man sich auch für den vorliegenden Fall keine Sorgen machen. Eigentlich könnte man schon zum Fazit übergehen, denn unter dem Strich bleibt schon vieles gleich. Die Songs sind düster (oh ja!), die Texte traurig (ach was!), der Gesang schmachtend (tatsächlich!) und die Geigen einsam (auch das noch!), aber irgendwie fesselt „Feel The Misery“ noch ein Stück mehr als die letzten Outputs von der Insel.
Woran liegt das? Vermutlich nicht alleine an Hamish Glencorss´ Ausstieg, der flugs durch den früheren Saitenmann Calvin Robertshaw „wiederersetzt“ wurde. Schon 2012 war das abwechslungsreiche Songwriting zu loben, dies kann man ohne weiteres unterschreiben. Ging man früher bei zehnminütigen Epen auf Nummer sicher und setzte ein schickes Riff quasi in Endlosschleife, wagt man nun mehr und ergänzt das jederzeit stimmige Grundgerüst um zahlreiche Breaks, kleine Melodien, (Violinen-) Soli und allerlei mehr. Fronter Aaron Stainthorpe lässt da natürlich nicht lumpen und verleiht „Feel The Misery“ immer wieder kleine I-Tüpfelchen. Es wird zumindest gefühlt mehr gesungen als erzählt, was der Dynamik der Platte mehr als nur gut tut, man fühlt sich einfach öfter so richtig „im Flow“ und die Songs wirken weniger abgehackt oder unterbrochen.
Dennoch sind es zwei andere Dinge, die MY DYING BRIDE dieses Mal so richtig gut machen. Einmal sitzen die Arrangements noch perfekter als bei den Vergleichswerken, kein Riff und keine Melodie steht für sich alleine, alles geht nahtlos ineinander über und die Übergänge sind jederzeit geschmeidig wie ein frisch geölter Motor.
Und dann wäre da noch der Sound. Doom Metal funktioniert nun einmal dann am besten, wenn Bass und Schlagzeug ein fettes Fundament bauen und die Gitarren keine Gartenzäune, sondern Gefängnismauern darauf errichten. Sicherlich hat das nicht wenig mit einem tighten Songwriting zu tun, aber ohne die richtigen Finger an den Knöpfen nützen die besten Arrangements natürlich nichts.
Gibt es denn nichts zu kritisieren? Nun, meckern kann man immer, bei „Feel The Misery“ aber stets auf hohem Niveau. Das doch sehr getragene „A Thorn Of Wisdom“ ist zwar mit nur gut fünf Minuten recht kurz, langweilt aber trotzdem schnell. Wie es besser geht, zeigt das ähnlich situierte, aber wesentlich intensivere „I Almost Loved You“, welches alleine auf Piano und Violine basierend tieftraurige Stimmungen heraufbeschwört.
Auf den triefenden Klischees, die MY DYING BRIDE seit jeher im Programm haben, muss man zwar nicht mehr groß herumreiten, wer aber schon immer oder schon länger nichts Spannendes in den Texten entdecken kann, wird auch dieses Mal keine Begeisterungsschreie ausstoßen.

Sei’s drum, für die Band sind das sicher wichtige Standfesten und sicher haben die Texte auch eine gewisse persönliche Bedeutung und im Zweifelfall zählt dann ja doch eher die Musik. Und die ist mit wenigen Abstrichen wirklich sehr gut geworden, noch mal ein Deut besser als auf „A Map Of All Our Failures“. Mit „Feel The Misery“ haben MY DYING BRIDE schon jetzt den perfekten Soundtrack für die anstehende Trübe-Tassen-Wetter-Saison abgeliefert. Nichts Neues also, trotzdem absolut eine Anschaffung wert.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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