Review Sieges Even – Playgrounds (Live)

So hält man Fans bei der Stange, feiert ein 20-jähriges Jubiläum und macht auf sich aufmerksam, ohne zu nerven: SIEGES EVEN, die deutschen Vorzeige-Progger, veröffentlichen mit „Playgrounds“ das erste Livealbum ihrer Bandgeschichte. Eine längst überfällige Tat – da wird mir jeder zustimmen, der die Band in ihrer aktuellen Besetzung schon einmal live erlebt hat.

Seit zwei Studioalben ist Sänger Arno Menses jetzt Frontmann der bayrischen Formation, die mit seinem Einstieg von einer jazzig-metallischen Frickelcombo zu melodieverliebten Weltverbesserern mit höchstem technischen Anspruch geworden ist. Es ist zweifelsohne eine andere Band als noch zu Zeiten ihrer schwer im Magen liegenden ersten Alben „Lifecycle“ und „Steps“. Aber sie hat sich in jeder Hinsicht gebessert.

Als wüssten die Jungs das auch selbst, besteht die Tracklist der vorliegende CD dann auch hauptsächlich aus Material der beiden letzten Studiowerke. Zweifelsohne gut, um Neulingen den aktuellen Sound vorzustellen, diejenigen unter uns, die die Band allerdings schon länger kennen, hätten sich vielleicht mehr als zwei alte Tracks gewünscht. Vorallem, da Arno die älteren Nummern durchaus aufwertet und mehr Neuinterpretationen sehr interessant wären. Hieran schließt die Frage an, wie man im Zeitalter von CDs und MP3s eine Liveplatte auf den Markt bringen kann, die lediglich einen Silberling umfasst. Zwei komplette Scheiben hätten sowohl mehr Konzertfeeling aufkommen lassen, als auch den Katalog der Band im Best Of-Format vorstellen können.

Aber nehmen wir es, wie es ist: „Playgrounds“ bietet 70 Minuten Sieges Even-Liveerlebnis in Perfektion. Produziert hat den Rundling Uwe Lullis, der sich auch für den Bombensound der vorletzten Veröffentlichung „The Art Of Navigating By The Stars“ verantwortlich zeichnet. Dementsprechend fantastisch klingt auch das Live-Äquivalent. Gegenüber den Studioversionen fällt der fettere, härtere Sound auf, der vorallem daher rührt, dass Bassist Oliver Holzwarth enorm in den Vordergrund gemischt wurde. Sehr löblich, schließlich gehen Bassisten im Regelfall eher im Mix unter – selbst bei so bassintensiven Bands wie Dream Theater.

Die Qualität der Performance ist über jeden Zweifel erhaben: Die Band agiert sicher und tight, Arno Menses bringt seine teilweise beeindruckend hohen Gesangslinien fehlerfrei zu Gehör und variiert an der einen oder anderen Stelle. Schade allerdings: Die Backgroundvocals kamen live vom Band, genau wie die gelegentlichen Piano- und Keyboardsequenzen der Songs von „Paramount“. Das fällt dem Hörer sicherlich nicht auf, dennoch finde ich diese Tatsache erwähnenswert und schade.

Viel Spaß machen auch die Ansagen von Arno, z.B. zu „The Lonely Views Of Condors“, dass er mit den Worten „This is our Liechtenstein hitsingle, we sold about three singles there!“ ankündigt. Ebenso amüsant: Zu „The Weight“ vom vorletzten Album sagt er: „Do you remember this one?“. Außerdem entschuldigt er sich vor „These Empty Places“ (einem der beiden alten Songs) dafür, dass sie so altes Zeug spielen.

Zusammenfassend: „Playgrounds“ ist eine musikalisch und soundtechnisch fantastische Liveplatte. Sie ist ein wunderbarer Einstieg für diejenigen, die die aktuellen SIEGES EVEN kennenlernen wollen. Alle anderen müssen sich überlegen, ob sich der Kauf für sie lohnt, denn das hängt von der generellen Einstellung des Hörers zu Liveplatten ab. Eine gelungene Überbrückung zum nächsten Studio-Output der Jungs ist sie auf jeden Fall!

Anspieltipps: „Duende“, „The Weight“

Keine Wertung

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