Review Seagrave – Stabwound

Mit Nebenprojekten ist es oft so eine Sache: Ist die Hauptband schon nicht gut, kommt dann in den seltensten Fällen etwas Gescheites dabei herum und selbst wenn sie gut ist, ist das kein Garant für Qualität auf der Nebenspielwiese. Manchmal läuft die Geschichte aber auch in guten Bahnen und dann kann sich der Hörer über eine weitere spannende Truppe freuen.

Oder wie in diesem Fall über ein Solo, denn hinter SEAGRAVE verbirgt sich J.J. von den österreichischen Post-Metal-Senkrechtstartern Harakiri For The Sky, die innerhalb von kürzester Zeit zwei ausgezeichnete Alben auf den Markt gebracht haben. Jetzt lässt sich trefflich darüber streiten, ob eine stilistische Abweichung von der Hauptband die Angelegenheit nicht spannender gestalten würde, denn „Stabwound“ bietet im Großen und Ganzen das, was man auch von einem neuen Album von Harakiri For The Sky erwarten könnte.
Andererseits garantiert die Platte nun aber die Qualität, die man J.J. aufgrund seines anderen Betätigungsfeldes zutrauen konnte. Sechs Songs von epischer Breite und atmosphärischer Dichte, die geradewegs ins Traumland des emotionalen Metallers führen. Dabei wird Abwechslung (wie immer) groß geschrieben, dominierend ist zwar das Midtempo, aber vereinzelte Blast-Beats, Double-Bass-Einlagen sowie akustische Zwischenspiele runden „Stabwound“ gelungen ab. Der Gesang pendelt zwischen leidendem Kreischen und kraftvollen Growls, manchmal liegen zwischen beidem nur wenige Sekunden oder ein kurzes Break.
Überhaupt zeigt sich hier eine der großen Stärken von SEAGRAVE: Mit oft einfachen Mitteln wird viel Dynamik erzeugt, was vor allem an den treffenden Arrangements liegt. Jedes neue Riff ist folgerichtig an das vorhergehende gereiht und nichts scheint dem Zufall überlassen zu sein. Dies gilt vor allem auch für die Produktion. Mit praktisch jeder Veröffentlichung zeigt sich mehr, wie wichtig ein guter Sound für diese Spielart ist. „Stabwound“ glänzt entsprechend mit mächtigen Gitarren, das Fundament aus Bass und vor allem dem fetten Schlagzeugsound rundet die Platte entsprechend ihrer Qualität ab.
Zu den Songs selber sei noch gesagt, dass kaum eine Nummer hinter den anderen zurückbleibt, maximal „Manifest XII“, ausgerechnet das kürzeste Lied auf „Stabwound“, weist die eine oder andere Länge auf. Ansonsten kann man die Scheibe ausgezeichnet entweder in ihren Einzelteilen oder am Stück durchhören, beides sorgt für teilweise berauschende Musikerlebnisse.

Wer Harakiri For The Sky schätzen gelernt hat, wird mit SEAGRAVE ebenso glücklich werden. Wer zweitere zuerst kennenlernt, sollte sich J.J.s Hauptband ebenfalls zu Gemüte führen. „Stabwound“ überzeugt auf nahezu ganzer Linie, sicherlich braucht es bei den manchmal verschachtelten Songstrukturen ein oder zwei Durchläufe, aber spätestens dann präsentiert sich die Platte in einem strahlenden Gewand post-metallischer Schönheit.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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