Interview mit Titan Fox V von Hammer King

Die Kaiserslauterner HAMMER KING sind derzeit der aufgehende Stern am Power-Metal-Himmel: Bereits im vergangenen Jahr konnte sich die Truppe für ihr viertes Album einen Vertrag mit Napalm Records sichern und nur ein Jahr später steht mit „Kingdemonium“ schon die nächste Platte der Band in den Startlöchern – und fällt trotz des kurzen Abstands zu ihrem Vorgänger auch noch ziemlich stark aus. Wir erhielten zwar keine Audienz beim König persönlich, konnten aber immerhin mit seinem obersten Herold Titan Fox V (auch bekannt als Patrick Fuchs) sprechen, der gerade von hoheitlicher Mission auf dem Summer Breeze zurückgekehrt ist.Das Logo der deutschen Power-Metal-Band Hammer King

Hallo Patrick und vielen Dank für deine Zeit! 2021 haben HAMMER KING ein selbst betiteltes Album veröffentlicht. Was hat sich seither bei euch getan?
Eigentlich fast gar nichts (lacht). Wir haben seitdem noch einmal den Bassisten gewechselt. Zwischenzeitlich hatten wir sogar noch jemanden als Aushilfe, den wir prinzipiell auch gerne behalten hätten. Völlig aus dem Blauen heraus hat sich dann aber Günt (von Schratenau, Anm. d. Red.) gemeldet. Wir wollten ihn eigentlich schon vor zwei Jahren sehr dringend, aber damals konnte er nicht. Dann kam eines Abends die legendäre Nachricht: „Hey, ich wollte ja nach Mannheim kommen. Ich sitze hier gerade, habe zwei Bier getrunken und höre ‚Hammerschlag‘ – braucht ihr mich noch?“ Als er dann zwei Wochen später bei uns vorbeikam, hatte er statt der geforderten drei Songs 13 Nummern vorbereitet. Günt ist genau der Basser, den ich mir schon immer gewünscht habe – einer, der so Bass spielt, wie ich es als Gitarrist eben nicht kann. Die meisten Bassisten spielen den Bass wie eine Gitarre und Günt ist da ein ganz anderes Kaliber. Wir wären Vollidioten gewesen, wenn wir ihn nicht genommen hätten, weil das einfach unvermeidbar war. Die ganze Band hat durch seinen Einstieg einen Schritt nach vorne gemacht: Als er dazugestoßen ist, haben wir so viele Erfahrungen gemacht, mit denen jeder seiner Vorgänger Schwierigkeiten gehabt hätte. Wir hatten bisher bei allen Shows und vor allem diesmal im Studio einen wahnsinnigen Zeitdruck.

Das Cover von "Kingdemonium" von Hammer KingZeitdruck ist ein gutes Stichwort, zumal „Kingdemonium“ gerade mal ein Jahr nach dem letzten Output erscheint …
Napalm haben im Oktober letzten Jahres gesagt, dass sie gerne ein neues Album mit uns machen würden – und es soll pünktlich zur Festivalsaison fertig sein. Das war auch genau unser Wunsch und es war damit klar, dass wir spätestens im Februar ins Studio müssen. Wir haben für das Album dann wirklich viel gearbeitet. Bisher haben uns die Leute fast alle gesagt, dass es ihnen besser gefällt als das Letzte, was für mich eine ziemlich hohe Hürde war, weil ich bereits das sehr gemocht habe. Ich glaube, dieser Zeitdruck hatte für uns auch etwas Positives – das war ein bisschen wie in den 80ern, als Bands eine Platte oder auch zwei pro Jahr gemacht haben. Da kann man nicht viel nachdenken, sondern muss einfach aus dem Bauch heraus spielen und wenn man dann etwas zu geben hat, ist es halt gut. Und bei uns scheint das der Fall zu sein. Wir waren also teilweise viermal in der Woche bis nachts um halb drei gemeinsam im Proberaum. Das war sehr intensiv. Im Studio hat Günt dann für zwölf Songs gerade mal anderthalb Tage gebraucht – das ist schon ziemlich amtlich. Es war zeitlich aber auch notwendig – Ich selbst musste täglich anderthalb bis zwei Songs einsingen. Der Stress war also ziemlich hoch und ich erinnere mich kaum mehr an Details der Aufnahmen, aber ich weiß auch, dass es selten so schnell ging. Insgesamt würde ich sagen, dass das für uns sehr gesund war, weil man intuitiv handeln und Musik aus dem Bauch heraus machen muss. Und so sollte Metal ja eigentlich sein.

Ein weiteres Album in so kurzer Zeit zu schreiben ist durchaus beachtlich. Hattet Ihr noch Songs aus den Sessions zum Vorgänger übrig?
Von der letzten Session haben wir tatsächlich nur eine einzige Idee auf die neue Platte gerettet. Auf dem letzten Album sind mit „Atlantis“ und „King Of Kings“ zwei längere Songs drauf, wir hatten damals aber auch noch einen dritten. Der war sogar noch einen Tacken länger und wir fanden den damals alle so gut, dass wir gesagt haben, dass der garantiert auf die nächste Platte muss. Die nächste Platte kam dann ein bisschen schneller als sonst, wir haben die Demos rausgeholt und reingehört und dann ist es immer das Gleiche: Gino (Wilde, Gitarre, Anm. d. Red.) fand die Sachen nach wie vor super, aber alle anderen waren der Meinung, dass es wohl durchaus einen Grund hatte, warum wir den Song nicht verwendet haben (lacht). Die Strophenmelodie hat uns allerdings gefallen. Mit „The 7th Of The 7 Kings“ gab es weit später noch einen Song, der relativ viele Verwandlungen durchgemacht und auch die Tonart ein paarmal gewechselt hat. Irgendwann haben wir die Nummer dann komplett entschlackt, bis nichts mehr außer dem Hauptriff und den stehenden Akkorden übrig war. Da fiel dann der Groschen und wir haben die Strophenmelodie von dem anderen Song ausprobiert und ab da schrieb sich das Stück dann quasi von selbst. Es gibt Songs, die sind ganz schnell fertig und es gibt welche, die haben eine längere Reise hinter sich. Und dann gibt es noch Titel, die haben eine längere Reise hinter sich und dann schmeißt man sie trotzdem weg, weil sie einfach nirgendwo hinführen.

Wie genau funktioniert denn das Songwriting bei euch?
Wir haben uns schon vor längerer Zeit angewöhnt, einfach so viel zu schreiben, wie wir können. Jede Idee, die halbwegs gut erscheint, wird ausprobiert und als Demo aufgenommen und sobald einem spontan nichts mehr dazu Ein Foto von Hammer-King-Frontmann Titan Fox Veinfällt, lässt man es sofort sein und mach was anderes. In der nächste Probe hören wir dann in alles, was es gab, nochmal rein. Wenn es gut war, begeistert es einen dann meistens sowieso und man hat gleich eine weitere Idee dazu. Und wenn es dich nicht überzeugt und keine Idee kommt, geht es eben weiter zum nächsten. Manchmal ist es auch einfach nicht der richtige Tag für einen Song. Diesmal hatten wir zwischen 38 und 45 Ideen – ich weiß es gar nicht genau – und da war alles dabei von Intros oder Strophen bis hin zu mehreren Parts. Wir haben alle der Reihe nach durchgehört und aussortiert. Mittlerweile bin ich zusammen mit Dolph (A. Macallan, Drums, Anm. d. Red.) der Rigoroseste. Gino findet die meisten Ideen erstmal gut – das bringt aber nichts, weil es entweder super ist oder weg muss (lacht). So haben wir uns durch dieses Sammelsurium aus Ideen durchgegraben und hatten am Ende 15 konkrete Ideen, von denen wir zwölf behalten haben. Was gut war, ist, dass die Band sehr oft komplett anwesend war. Selbst, wenn ich Gesangsmelodien ausprobiert habe, habe ich in den Gesichtern der Leute schon genau erkennen können, ob es gut ist oder nicht. Natürlich war der Druck da, denn es hätte ja auch schief gehen können. Was macht man dann? Hebt man die Hände und gibt auf oder macht man ein beschissenes Album? Auch da hat man zwei Möglichkeiten, aber bei uns hat es ja zum Glück geklappt. Das war eine sehr gute Erfahrung.

Wie würdest du „Kingdemonium“ beschreiben?
Ich würde sagen, es ist düsterer und stellenweise auch härter als das letzte Album – erstaunlicherweise ist es an anderen Stellen aber auch melodischer als sein Vorgänger. Wenn man so will, könnte man sagen, dass wir die Stärken des letzten Albums auf „Kingdemonium“ noch mehr hervorgehoben haben. Ich denke, wir alle haben die letzten zwei Jahre extrem „genossen“: Endlich gab es keine Konzerte mehr, man durfte nichts mehr machen – ohne Spaß: Das war schon sehr, sehr hart und in der Musikszene umso mehr. Diese Erfahrung schlägt sich bestimmt in irgendeiner Weise auch in unserer Musik nieder – ohne, dass wir gesagt hätten, wir machen jetzt ein „Corona-Album“. Das wollten wir sogar absolut nicht. Aber die Rahmenbedingungen der Platte sind durchaus andere als noch vor einem Jahr. Wir haben sie „Kingdemonium“ genannt, was natürlich an „Pandemonium“, also das Chaos, angelehnt ist und das spürt man ja gerade überall auf der Welt – nicht nur im Bezug auf Corona. Ich denke, das ist der größte Unterschied: Das letzte Album ist zu einem Zeitpunkt entstanden, als wir noch eine ganze Ecke unbeschwerter waren. Zumindest in diesem Fall hat sich das Schlechte aber in etwas Gutes gewandelt, denn wir haben aus unseren Sorgen ein gutes Album gemacht – aber es ist auf jeden Fall etwas „massiver“ als das davor.

Hat sich dieser „angestaute Frust“ auch bei den Aufnahmen entladen?
Ja, tatsächlich! Ich selbst habe mich bei den Gesangsaufnahmen an Grenzen gebracht, mit denen ich nicht gerechnet habe. Das meine ich nicht nur im Hinblick auf meine Stimme, sondern generell körperlich: Ich bin teilweise Abends mit Kreuzschmerzen und Atemproblemen nach Hause gegangen, weil ich mich beim Singen so verausgabt hatte. Irgendwann meinte Charles (Greywolf, Anm. d. Red.) während einer Aufnahmesession, dass ich doch ein kleines Bisschen entspannter singen sollte, weil es langsam nach Thrash Metal klingt (lacht). Normalerweise bin ich im Studio aber eher „defensiv“, weil ich meine Stimme schonen möchte.

Ein Foto der Power-Metal-Band Hammerking
Photo Credit: Tim Tronckoe, Tommy S. Mardo

Wie kommt es, dass sich auf „Kingdemonium“ kein einziger Song befindet, der „Hammer“ im Titel hat?
Oh mein Gott, du bist tatsächlich schon der Zweite oder Dritte, der das sagt (lacht)! Als ich das zum ersten Mal gehört habe, ist mir erstmal das Gesicht runtergefallen und ich habe das Album zur Hand genommen, um mich selbst zu überzeugen. Und verdammt: Ihr habt Recht (lacht)! Ich würde sagen, dass das unsere Integrität unterstreicht, weil wir die Dinge eben nicht am Reißbrett entwerfen, sondern sie bei uns ganz natürlich entstehen (lacht). Diesmal war es anscheinend so, dass zwar eine ganze Menge „King“ passiert ist, aber relativ wenig „Hammer“. Auf der letzten Platte hingegen hatten wir mehr „Hammer“ als „King“ – die beiden Platten gehören also eigentlich zusammen (lacht). Beim nächsten Mal werden wir natürlich geradezu krampfhaft darauf achten, dass wieder mehr „Hammer“ in die Songs kommt! Aber mal im Ernst: Merkwürdigerweise fühlen wir uns mit den Songs auch besser, wenn „Hammer“ und „King“ in irgendeiner Form darin vorkommen. Das lässt sich schön singen, aber es passt auch einfach zu uns – die Selbstbegeisterung ist dann höher. Vielleicht liegt das Ausbleiben der Begriffe auch daran, dass die Texte etwas detailreicher geworden sind. Auf „Kingdemonium“ gibt es ein bisschen mehr Story als sonst.

Apropos „Story“: Im Vorfeld der Veröffentlichung von „Kingdemonium“ hieß es u. a., dass die „Geschichte des King“ hier weitererzählt würde. Haben wir es mit einem Konzeptalbum zu tun?
Nein, keine unserer Platten ist ein Konzeptalbum. Ich beschreibe das gerne so: Wenn man ein Weihnachtsbuch kauft, dann sind da zehn Weihnachtsgeschichten drin, die aber nichts miteinander zu tun haben. So ist es bei uns auch. Die erste Platte erzählt sehr viele Geschichten aus dem Königreich, die zweite ist eine ziemliche Kriegs- und Schlachten-Platte geworden, die dritte eben ziemlich Seefahrer-lastig und die vierte handelte eigentlich nur vom König selbst. Wobei das natürlich nie für alle Songs gilt, es sind eher sieben von zehn. Jetzt haben wir mit „Pandemonium“ eben dieses Chaos-Thema und da passen dann fünf oder sechs Songs in diese Storyline rein. Aber wirklich zusammenhängend oder zumindest thematisch in der gleichen Ecke verhaftet sind „Pariah Is My Name“, „Kingdemonium“ und „Age Of Urizen“. Auf jeder zweiten Platte von uns haben wir so eine „geheime Trilogie“. Nur ganz am Anfang hatte die dann noch diese römischen Ziffern vorne dran, aber das haben wir ab dem dritten Album weggelassen, weil es doof aussieht. Diesmal ist es eben die „kingedemonische Trilogie“, wenn man so will.

Erzähl doch mal, wie dein ehemaliger Bandkollege Ross The Boss zu einem Gastsolo in „Guardians Of The Realm“ kam!
Das war ziemlich einfach: Wir hätten eigentlich drei Shows mit Ross The Boss spielen sollen, aber zwei davon sind wegen Corona ausgefallen und die dritte mussten wir aufgrund eines Todesfalls absagen. Ich war zwar über die Bassist Günt von Schratenau von Hammer KingJahre immer mal wieder mit Ross in Kontakt, aber lange Zeit nicht so intensiv wie in dieser Abstimmungsphase. Er fing da auch an, immer mal wieder Posts von HAMMER KING zu liken und zu kommentieren. Als wir „Guardians Of The Realm“ aufgenommen hatten, meinte Dolph, dass die Nummer nach einem klassischen Ross-The-Boss-Solo verlangt und ob ich ihn nicht mal fragen könnte, ob er das machen würde. Das Gute war auch, dass wir eigentlich auf den Demos immer auch schon fertige Soli drauf haben, nur bei „Guardians Of The Realm“ gab es noch nichts Konkretes – insofern schrie es danach, dass es jemand anderes macht. Ich habe Ross also kontaktiert und er meinte sofort: “Na klar, schick es rüber – ich mach’s am Donnerstag!“ Am nächsten Tag hatten wir dann acht verschiedene Versionen eines Solos und wenn Ross acht Soli spielt, dann ist das total blöd, weil die sind halt alle acht gut (lacht). Wir haben dann auch ein bisschen geschummelt, denn die beiden Hälften des Solos kommen eigentlich aus verschiedenen Takes. Das liegt aber wirklich nur daran, dass er in beiden Hälften einen Ton drin hat, den niemand von uns spielen würde – das ist so ein völlig überzogener David-Gilmour-Bend. Das liegt an seiner enormen Kraft: Ross ist eigentlich Linkshänder, aber er spielt wie ein Rechtshänder, wodurch seine linke Hand als Griffhand unglaublich stark ist. Für mich als Musiker schließt sich natürlich ein Kreis, wenn Ross jetzt auf einer von meinen Platten spielt. Ross ist jetzt bei etwas dabei, das entstanden ist, nachdem ich Sänger in seiner Band war – und es gefällt ihm. Das gibt mir natürlich ein gutes Gefühl.

Wenn man sich erfolgreiche Bands wie z. B. Amon Amarth oder Powerwolf anguckt, dann fällt auf, dass sie nicht nur einfach Musik machen, sondern mit ihrem Auftreten ein Gesamtpaket vermarkten. Mit dem King und euren Kostümen gibt es das bei HAMMER KING ja auch – würdest du sagen, dass ein abgestimmtes Auftreten genauso wichtig ist wie die eigentliche Musik, wenn man einen bleibenden Eindruck hinterlassen will?
Ich befürchte, dass dieses Gesamtpaket manchmal sogar noch wichtiger ist als die Musik. Wir machen das allerdings nicht so. Es ist nicht so, dass wir gucken, welche Elemente in unserem Sound am besten ankommen und dann dafür sorgen, dass es auf dem nächsten Album von jedem vier gibt. Ich glaube, wir könnten keine Musik machen, die nicht auch natürlich aus uns herausfließt. Ich habe aber gestern Abend und heute morgen eine Kiss-Doku geguckt. Diese Band war gerade in ihrer Anfangszeit spielerisch um ein Vielfaches schlechter als die meisten anderen. Aber sie hatten ein Konzept und sie haben etwas gemacht, das es so noch nie gab. Das zeigt aber auch ganz klar, dass die Verpackung fast noch wichtiger war als die Musik und das ist heute noch extremer geworden. Für uns gilt: Wenn uns etwas musikalisch nicht gefällt, dann können wir es nicht machen. Die Musik ist bei HAMMER KING das Wichtigste. Ich habe z. B. sehr oft gehört, dass „The 7th Of The 7 Kings“ der beste Song auf dem Album sei. Ich mag ihn auch, aber ich halte ihn für Live-Auftritte nicht für geeignet, weil er so lang ist. Vielleicht probieren wir es mal, aber vom Gefühl her würde ich sagen, dass der Song im Live-Programm keinen Sinn ergibt – da können noch so viele Leute sagen, dass der gespielt werden muss. Was wir als Musiker empfinden mag richtig oder falsch oder Geschmackssache sein, aber es steht für diese Band im Vordergrund. Natürlich sind wir nicht beratungsresistent und wenn wir hören, dass etwas ganz besonders gut funktioniert, dann versuchen wir schon, in diese Richtung zu gehen – aber nur, wenn das organisch geht. Einen Song wie „Kingdom Of The Hammer King“ könnte ich beispielsweise nicht mehr schreiben – egal, wie sehr ich es versuchen würde.

Ein Foto der deutschen Power-Metal-Band Hammer King
Photo Credit: Tim Tronckoe, Tommy S. Mardo

Würdet ihr die gleiche Musik in Jeans und T-Shirt machen, würde der Eindruck also ein anderer sein?
Auf jeden Fall! Sogar in zweierlei Hinsicht: Zum einen ist es so, dass wir seit dem Zeitpunkt, an dem wir angefangen haben, bestimmte Bühnenoutfits zu tragen, auch nicht das Gefühl haben, als Privatleute auf die Bühne zu gehen. Wir selbst sind dann also mehr Musiker oder darstellende Künstler, als wir es früher waren. Natürlich unterhält uns diese Show auch selbst. Das machen viele andere Bands auch, aber wir haben es früher nicht gemacht und es ist für uns ein Riesenspaß. Dieser Funke springt dann auf die Leute über. Und dieses Universum entsteht ja auch ganz von selbst: Man hat den König, der braucht natürlich ein Königreich, dann hat er den „Chancellor Of Glory“ und es entstehen immer mehr Dinge. Dann zieht der König in die Schlacht, oder wird angegriffen, es herrscht Chaos – das entwickelt eine Eigendynamik, die einen selbst mitreißt und im Idealfall auch das Publikum mitnimmt. Und zum anderen ist vollkommen klar, dass man sich heute abheben muss. Einfach nur eine Power-Metal-Band zu sein, reich nicht mehr. Man muss sich mit stolzgeschwellter Brust hinstellen und verkünden: „Wir singen für den König. Und wir singen NUR über den König!“ Dann hört vielleicht noch jemand zu. Die Szene ist jetzt 50 Jahre alt und bis vor wenigen Jahren gab es sogar Black Sabbath noch. Die Szene ist übervoll. Wie will man den Leuten Lust auf noch eine neue Band machen, wenn nicht irgendwo was hängen bleibt? Wenn man auf einem Festival war und vier Tage Musik genossen hat, dann merkt man sich sogar die allerbesten Bands fast schon nicht mehr, weil es einfach so viele sind. Wenn man aber hinterher nach Hause fährt und sich an HAMMER KING noch erinnern kann, dann haben wir eigentlich schon alles richtig gemacht. „Das waren doch die mit dem König, die immer so komische Ansagen gemacht haben!“ Wenn sich die Leute das merken können, haben wir gewonnen. Natürlich muss im nächsten Schritt auch die Musik gut sein, aber man muss die Leute einmal erreichen. Das ist wie ein Trailer zu einem Film: Wenn der Trailer scheiße ist, gucke ich mir den Film gar nicht erst an. Das Gesamtkonzept ist also total wichtig, ja.

Werden HAMMER KING mal ein Live-Album aufnehmen?
Ich weiß es nicht. Ich selbst bin ein großer Fan von Live-Alben, ich weiß aber auch, dass sie sich im Augenblick unheimlich schlecht verkaufen. Wenn Du riesengroß bist, geht es gerade noch – Powerwolf sind mit ihrer z. B. auf Platz eins gelandet. Ich würde das wirklich gerne machen, aber es kann natürlich auch sein, dass es dann als Bonus zu einer limitierten Box erscheinen wird.

Derzeit ist es mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, dass Bands aufgrund mangelnder Planungssicherheit keine Touren spielen können und der Live-Sektor so in Gefahr gerät. Manch eine Gruppe nimmt hier auch die Fans in die Pflicht und sagt: “Ihr müsst Tickets kaufen!“ Wie beurteilst du das?
Das ist wirklich schwierig. Wenn man das wie in der Natur betrachtet, dann herrscht gerade der Zustand, dass es mehr Tiere als Nahrung gibt. Normalerweise ist der Bestand der Tiere in den kommenden Jahren dann wieder etwas niedriger. Vielleicht ist es also nötig, dass manche Bands aufhören. Natürlich ist das hässlich, weil ich das niemandem wünsche und es niemanden treffen soll. Es ist halt wie in der Wirtschaft auch: Großen Konzernen macht eine angespannte Wirtschaftslage weniger aus – es sind die kleinen Läden an der Ecke, die eingehen. So ist es auch im Musikgeschäft: Es gibt Bands, für die der Vorverkauf immer ausreichend ist. Ich verstehe, warum man die Fans dann mit der Bitte um Ticketkäufe ins Gebet nimmt, aber man sollte auch nicht zu sehr auf Bedürftigkeit machen. Mit einem Ticket erwirbt man ja ein Produkt, das man haben möchte und das einem den Preis wert ist. Ich unterstütze ja auch nicht die Firma Birkel, wenn ich mir eine Packung Nudeln kaufe – ich zahle dafür, weil ich Nudeln essen will. Ich finde, wenn man zu sehr über die Unterstützung für eine Band spricht, dann tritt das Musikalische dabei in den Hintergrund. Natürlich ist es immer auch eine Form von Wertschätzung, aber im Endeffekt kauft man das Ticket, weil einem die Musik und das Konzerterlebnis den Preis wert ist.

Noch einmal vielen Dank!

Ein 2022 entstandenes Foto der Band Hammer King
Photo Credit: Tim Tronckoe, Tommy S. Mardo

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Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

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