Festivalbericht: Earthshaker Fest 2006 (Donnerstag)

20.07.2006 Rieden/Kreuth

DONNERSTAG 20. JULI 2006
16:15 – 16:55 JUSTICE
17:15 – 18:00 THREAT SIGNAL
18:20 – 19:05 COMMUNIC
19:25 – 20:10 KNORKATOR
20:30 – 21:30 SATYRICON
22.00 – 23:00 SODOM
23:30 – 0:30 LORDI

Von den Veränderungen her kann man das Earthshaker Fest wohl durchaus als führend in der deutschen Festivallandschaft einstufen. 2003 noch in Hirschaid, 2004 und 2005 in Geiselwind und nun bezieht man mit Rieden/Kreuth bereits die dritte Station in vier Jahren. Nach meinem Manowar-bedingtem Fernbleiben war dies nun mein drittes Earthshaker, und nach der heftigen Kritik an der 2005er Ausgabe musste sich hier schon einiges tun. Die Kritik hat wohl auch ihren Teil zur diesjährigen Besucherzahl getan. Waren im letzten Jahr (inoffiziell) um die 20000 Leute in Geiselwind, konnte Kreuth bei seinem Debüt gerade mal um die 8000 oder ein paar mehr Besucher zählen, was für die Veranstalter wohl schon eine Enttäuschung sein dürfte. Vielleicht ist auch das stark besetzte Wochenende mit dem Metalcamp in Slowenien und dem Battle Of Metal in Geiselwind eine kleine Erklärung, aber vor allem bei der Konkurrenzveranstaltung vom bisherigen Mitveralstalter Strohofer in Geiselwind war laut deren Gästebuch auch nicht die Hölle los.
Das Gelände jedenfalls war in den beiden Vorjahren mit den unmittelbar erreichbaren Burger King, Supermärkten, Restaurants, Tankstelle etc. wohl schon das Optimum für ein Metalfestival, so konnte man dieses Jahr kaum mit einer Verbesserung rechnen, und so kam es dann auch. Zwar war weit und breit keine Nachbarschaft in der Nähe, die sich gestört fühlen konnte, dafür warn die kompletten Camping- und Parkflächen mit unfassbar vielen Zäunen umgeben. Diese waren dann auch nur an wenigen Stellen geöffnet, so dass man unnötig weite Wege zurücklegen musste. Ob die Einzäunung nötig war, wage ich zu bezweifeln, bei den anderen großen Festivals ging es auch mit viel weniger. Vor allem waren die oft weiten Wege (vom VIP-Camping bis zum Einlass musste man gute 15 bis 20 Minuten in angemessener Geschwindigkeit laufen…) auf dem Gelände bei einer durchgenenden Temperatur von fast 40 Grad und nahezu ununterbrochener Windstille mit der Zeit einfach grausam. Dazu kommt noch, dass es auf weder auf dem Gelände, noch auf den Wegen oder auf den Campingplätzen mehr als ein Minimum an Schatten gab.
Aber dazu und weiteren (Kritik-)Punkten später mehr, denn an erster Stelle steht auch beim Earthshaker die Musik – und die Bandauswahl versprach ja bereits im Vorfeld ein großartiges Erlebnis! (sp)

Den musikalischen Anfang machten JUSTICE, die nun bereits zum vierten mal beim Earthshaker Fest dabei waren, wenn auch immer unter anderen Voraussetzungen. Dass sie ein Heimspiel hatten, dürfte den Franken wie immer zugute gekommen sein, so war kurz nach 16 Uhr bereits eine ansehnliche Menschenmenge anwesend und Justice wurden nach jedem Lied mit für einen Festivaleröffner sehr guten Applaus und einigen Justice-Rufen begrüßt. Wie gewohnt bekam man in den 40 Minuten statt dem wöchenendlichen Covermaterial Lieder von den beiden Alben „The Hammer Of Justice“ und „The Descendant“ zu hören. Nach dem Bonanza-Intro folgten erstmal „Ritual In Rhodes“ und „Total Blackout“ vom ersten Album, mit „2 Minutes 2 Live“, „Life Undead“, „Future Opressions“ und „Highschool Death“ wurden auch noch einige mehr vom Debüt gespielt. Mit „War TV“, „New Machine“ und „This World Is Mine“ gab es dafür nur drei vom zweiten Werk, wenn ich mich nun nicht irre. „The Descendant“ wurde aber immerhin einige Minuten vor dem Auftritt zum Soundcheck komplett gespielt. Die Band jedenfalls war klasse aufgelegt und hatte Spaß beim Spielen, Sänger Mitch hüpfte zwischendrin sogar mal über die Bühne wie ein wütender Metalcore-Zwerg, das war schon äusserst spaßig. Beim Publikum kamen sie wohl auch gut an, einige fingen trotz der Hitze gleich an, sie im Kreis rumzuschubsen. Und nicht nur die Einheimischen dürften ihre Freude an Justice gehabt haben, auch einige weiter angereiste Besucher waren durchaus von der Darbietung angetan. Wie der Sound weiter hinten war, kann ich nicht sagen, da ich hier recht weit vorne stand, da jedenfalls dröhnte das so laut, dass man die Lieder schon kennen musste, um sie so zu hören, wie sie eigentlich sind. Schöner Einstieg trotzdem, der gleich im Anschluss die erste Pause forderte.

Was in der Zwischenzeit mit Threat Signal passierte, kann ich wirklich nicht sagen. COMMUNIC jedenfalls waren für 18:20 Uhr angesetzt und als ich mich kurz vor 18:00 Uhr auf dem Weg zum Festivalgelände machte, hörte ich die Norweger bereits spielen. Das war wirklich verdammt ärgerlich, schließlich gab es keine Spur einer Ankündigung. Bei meiner Ankunft bekam ich noch die letzten Töne von „Frozen Asleep In The Park“ mit, danach konnte das Konzert auch für mich richtig losgehen. Vom neuen Album präsentierten sie noch „Fooled By The Serpent“, bei dem Oddleif Stensland ebenso süß sang wie auf dem Album, und der Titeltrack „Waves Of Visual Decay“. Vom Debüt haben es leider nur „Conspiracy In Mind“ und „Communication Slublime“ in die Playlist geschafft, vor allem letzteres aber kam live sehr stark rüber. Ansagen jedoch sollten die Kollegen noch üben, immerhin die eigenen Songtitel sollte man schon aussprechen können, ohne zwangsweise ein Schmunzeln bei den Besuchern heraufzubeschwören. Zumindest der Gitarrist schien beim Aussprechen von „Communication Slublime“ arge Probleme zu haben und scheint zu diesem Zeitpunkt schon gut gebechert zu haben. Mit diesen Liedern (und dem / denen ich möglicherweise verpasst habe…) waren die 45 Minuten dann auch schon ausgefüllt, das Konzert war so, wie man sich die Musik vom Album auf die Bühne wohl einfach vorstellt und damit sehr gelungen. Nur war der Sound immernoch etwas arg basslastig, was sich aber im Laufe des Tages änderte. (sp)

Nun setzte es übelstes Kontrastprogramm, denn die „Boygroup, die vornehmlich Tanzmusik spielt, um viel Geld zu verdienen, auch im hohen Alter, damit wir unverschämte Preise für die Eintrittskarten zahlen müssen“ war an der Reihe. KNORKATOR waren an der Reihe und bereits in der Umbaupause wurde das Publikum mit akustischen Ausnahmefällen auf einem Metalfestival eingestimmt. So konnte man unter anderem die Titellider von Serien wie der Adams Family, den Flinstones, Flipper, Batman oder den Ghostbusters hören. Als die fünf Durchgeknallten in ihren blauen Jeanslatzhosen auf die Bühne kamen, ernteten sie bereits mächtigen Applaus. Und die zahlreich Anwesenden Zuschauer fraßen Knorkator von Anfang an aus der Hand, egal ob der sehr agile Stumpen nun darüber erzählte, ob ihn seine eigene Scheiße verfolgt oder dass er einfach nur ficken und sich klonen will. Sehr schön auch, wie er bei den ersten Liedern händchenhaltend mit dem fleißig trommelndem Alf Ator liebreizende Gesänge in die Menge schleuderte. Apropos „In die Menge schleudern“, da sind Knorkator ja auch nicht gerade jungfräulich. Heute hatten sie eine riesige Mülltüte voller Toastbrot im Gepäck, was zur Folge hatte, dass lockere zehn Minuten Toastbrot durch die Luft flog und Stumpen einiges zu tun hatte, den von den Fans zurückgeschleuderten Scheiben auszuweichen. Ausserdem entkleidete sich Stumpen immer weiter und zeigte auch gerne mal seinen nackten Arsch, damit hat er sich sicherlich in die Herzen aller Anwesenden gespielt. Er animierte die Zuschauer auch wunderbar zum „hopsen“ und manchmal auch zum „einfach nur ekelhaft winken und dabei ganz still sein“, wenn alles nichts half, musste er eben einfach alle beleidigen, dann lief das schon. Als Alf Ator gegen Ende auch noch sein Klavier zerhackte und zertrat und die „neue Internationalhymne“ „Wir werden“ angestimmt wurde, war die Vollbedienung perfekt. Bei letzterem verlies Buzz Dee gar seine Böse-schauen-nicht-bewege-und-rauchen-Position für eine kurze Gesangseinlage. Grandiose Dreiviertelstunde von Deutschlands meister Band der Welt, mehr Spaß und Verrücktheit geht auf der Bühne kaum! (sp)

Auch wenn die Pausenmusik mit Johnny Cash und weiteren Fernsehmelodien noch keinen Normalzustand erreichte, gab es wiederum das denkbar heftigste Kontrastprogramm, denn als nächstes standen SATYRICON auf dem Plan. Und trotz der relativ frühen Spielzeit von 20:30 Uhr packten die norwegischen Deibel den Satan aus, denn pünktlich mit den ersten Tönen des Konzertes verschwand die Sonne und wich einer sanften Windbrise. Der Einstieg fiel jedoch etwas schwer, denn Satyr hatte mit einem kaputten Mikrofon zu kämpfen, dass beim Eröffnungsstück „The Pentagram Burns“ nur seltsame Laute ausstieß, wie man sie von einer kaputten Audiodatei von Dimmu Borgirs „Puritania“ erwarten würde. Beim folgenden „Dominions Of Satyricon“ hatte der gute Mann dann aber schon ein neues Teil in der Hand, fortan verstand man ihn prächtig und es stellte sich schnell heraus, dass Satyricon den besten Sound des gesamten Festivals hatten, da stimmte einfach alles, klang durch und durch genial und perfekt abgemischt. Leider (für mich) kamen neben dem ersten Stück noch drei weitere vom aktuellen Album „Now, Diabolical“ an die Reihe. Das Titelstück ist noch ziemlich gut, „K.I.N.G.“ dafür war das schwächste Lied des Sets. Lustig aber, dass Satyr die Anwesenden zum Mitsingen aufforderte und sie mit „you are soooo handsome“ lobte. Allgemein waren die Ansagen recht amüsant, Satyr machte groß auf Rockstar und lobte Zuschauer und die Band durchgehend in höchsten Tönen, kam dabei aber trotzdem sympathisch rüber. Mein bestes Lied des Festivaltages markierten Satyricon hier mit „Repined Bastard Nation“, durch den genialen Sound und wunderbare Lichteffekte kam der Song derart mächtig und erschlagend rüber, wie man es sich nur vorstellen kann, wenn man es selbst gesehen hat. Auch sonst war die Optik auf der Bühne wirklich sehenswert, beeindruckend vor allem, wenn alle Sechs – inklusive Keyboarderin und Frost am Schlagwerk – in einer Reihe stehen / sitzen und synchron headbangen. Damit übertrumpfen sie sogar Amon Amarth mit Lockerheit. Mit den beiden Klassikern „Fuel For Hatred“ und „Mother North“ ging ein Auftritt zu Ende, der bei den Zuschauern einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben dürfte und vor allem für die Satyricon-Fans die absolute Erfüllung gewesen sein müsste. (sp)

Donnerstags-Co-Headliner: SODOM. Das deutsche Thrashurgestein gibt sich als letzte Band vor den als famos angepriesenen Lordi die Ehre. Heruntergezockt wurde ein Set, welches mit Stimmungsgranaten nur so gespickt war, so kommen Songs wie „Blood On Your Lips“, „Witching Metal“ oder „Outbreak of Evil“ ebenso zum Zuge, wie die seit jeher großartig ankommenden, mit deutschem Text versehenen Kracher „Ausgebombt“, „Stumme Ursel“ und „Der Wachturm“. Tom Angleripper an der Front präsentierte diese zusammen mit seinen Kollegen in eigentlich wirklich mächtiger Performance, zumindest auf mich wirkte der Auftritt sehr stimmungsgeladen. Und so simpel die Sodom-Songs allesamt auch sein mögen, es macht absolut Spaß sie zu hören, gerade die teils völlig deplaziert wirkende Stimme des Sängers und Bassisten wirkt in ihrem rauhen, zweifellos Alkohol- und Rauchbeeinflusstem Klang, extrem sympathisch. Überhaupt stimmte alles an diesem Auftritt, da der Sound laut und klar durch die Boxen dröhnte, sodass man sogar am anderen Ende des Geländes in den Dixie-Klos noch gut mithören konnte. Der Höhepunkt der Show war für mich eindeutig „The Saw Is The Law“, mein Favorit des Dreiers, das Lied klingt einfach ruppig, rockig und rabiat. Genial gestaltete sich auch der Schluss: „Wir haben noch einen Tom Angleripper-Song dabei, damit noch Stimmung hier reinkommt“. Ein Scherzkeks, der Tom, war die Stimmung doch ohnehin schon am kochen, in Folge der Ansage starteten Sodom dann mit der allseits beliebten Mitgröhl-Nummer „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ nochmal voll durch, das Publikum nahm den Song auch quasi rundum begeistert auf. Der obligatorische Rausschmeißer „Bombenhagel“ (das beste Beispiel für völlig deplaziert wirkenden Gesang) beendete schließlich das Set, mit welchem die Truppe es zusammen mit ihrem Comeback-Album nun geschafft haben sollten, sich den Leuten endgültig in Erinnerung zu rufen. Sodom sind noch lange nicht am Ende, und so wie sie sich an diesem Donnerstag präsentierten, ist ihnen auch nur eine motörköpfische Zukunft zu wünschen. (ma)

LORDI, meine persönliche Enttäuschung des Festivals, starteten etwa um halb 12 dann endlich als Headliner des Donnerstags. Ob sie vom „Kult-Faktor“, oder auch nur von der konstanten Popularität ausgehend, diesen Posten gegenüber Sodom und Satyricon wirklich verdient hatten, sei mal dahingestellt, von der Performance her hätte man sie meiner Meinung nach aber lieber Freitag früh spielen lassen sollen. Ob die Band wirklich Spielfreude hatte, weiss man nicht, das kaschierten die Kostüme ja sehr gut, aber die Ehrlichkeit, mit der die meisten anderen Gruppen ihre Songs darboten, war hier meiner Meinung nach schlicht nicht vorhanden. Den vorherigen Eindruck, als maskierte Live-Band auf einem Festival mit auch nur annähernd härteren Bands nicht bestehen zu können, bestätigte sich im Endeffekt auch nur. Übertrieben laut aufgedrehte Verstärker machen einen seichten Hardrock-Song auch nicht härter, das merkte man einfach zu sehr. Die Band dudelte in meinen Augen einfach nur vor sich hin, was sicher daran lag, dass die Leider eben auch keinen echten Charakter haben, sondern alle ganz genau dieselbe Schiene fahren: Mitsing-Musik, leider aber nicht mit der nötigen musikalischen Klasse und der für eine Metalband eben nötigen Härte ausgestattet, um neben Bands wie HammerFall, die im Grunde ähnliches fabrizieren, bestehen zu können. Immer gleiche Songstrukturen, in Kombination mit einstudiert wirkender Bühnenshow, die nun wirklich garnichts mehr mit Heavy Metal zu tun hatte, machten es umso erstaunlicher, dass das Publikum, das zu dieser Band wohl am zahlreichsten versammelt war, immer euphorisch mitging, SAT1 hörte es im Nachhinein ja auch im Interview von den Fans selbst: „Geil, einfach nur geil.“. Mir persönlich ging das Konzert allerdings schon zur Hälfte derart gegen den Strich, dass ich auf den Campingplatz zurückkehrte, von wo man das Konzert, dank der Lautstärke, auch so noch ganz gut verfolgen kannte. Songs wie „Would You Love Monsterman“ oder „Devil Is A Loser“, ließen beinahe wehmütige Erinnerungen an den vergangenen April auftauchen, wo Lordi im Vorprogramm von HammerFall irgendwie noch wesentlich cooler kamen als heute, vor einem Publikum, dass wohl tatsächlich überwiegend aus Eurovision Contest-Fans und Interessierten zusammengesetzt war, die einfach wissen wollten, wie die Band es geschafft hatte, vor (man dachte zumindest) derart engstirnigen Zuschauern beim Grand-Prix zu bestehen. Sicher, so gesehen war es eine erfolgreiche Show für Lordi, und für Leute, die auf protzige Bühneneffekte und ebendiese schrägen Masken stehen, war es sicher eine tolle Show, die Songs hörten sich verglichen mit den Albumversionen ja sehr authentisch an, für mich stellte das Ganze jedoch nur einen extrem lahmen Gig einer noch lahmeren Band dar, die es mit ihrem, man verzeihe mir, Weichspüler-Hardrock auch live nicht schafften, einen zum Mitgehen zu bewegen. Lordi-Promotion-Poster am offiziellen Merchandise-Stand, die noch einen Euro teurer waren, als die gewöhnlichen Earthshaker-Plakate ernteten dementsprechend am nächsten Tag auch nur ein müdes Lächeln von mir, ebenso wie, wenn auch nur im Nachhinein, die unfassbare Promotion der Show, die es ja sogar ausschnittsweise ins Fernsehen geschafft hat. Ich würde mir wünschen, auch wenn das leider recht unwahrscheinlich ist, dass Lordi von ihrem Hype heruntergeholt werden und wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren, denn solch ein Festival zu headlinen, waren sie meiner Meinung nach absolut unwürdig. (ma)

Publiziert am von Marius Mutz

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