Konzertbericht: Nebelkrähe w/ Hailstone, Chaedrist

20.01.2017 München, Feierwerk (Kranhalle)

Zehn Jahre ist es her, dass sich die Münchner NEBELKRÄHE als relativ klassische Black-Metal-Band gegründet haben. „True“ ist an der Musik der Band heute nur noch wenig, bereits auf dem zweiten Album „Lebensweisen“ integrierte die Band mit Walzer- und Funkparts sowie spannenden Rhythmusspielereien diverse Überraschungsmomente in ihre Musik. Über die Jahre konnte die Truppe damit auch über die Grenzen der Stadt hinaus einen gewissen Bekanntheitsgrad erspielen.

Fast auf den Tag genau eine Dekade nach Bandgründung läd die Band nun nach einer längeren Livepause zur Jubiläumsshow nach München, genauer: in die Kranhalle des Feierwerk. Unterstützung erfahren sie dabei von ihren alten Weggefährten CHAEDRIST und HAILSTONE.

Der doch recht frühe Konzertbeginn um 19:30 sorgt leider dafür, dass sich beim pünktlichen Beginn bei CHAEDRIST erst um die 50 Anwesende vor der Bühne versammeln. Entsprechend der leeren Halle ist der Sound der Black-Metal-Band mit groovigen Death-Anleihen zunächst noch etwas verwaschen. Auch wenn sich dies bereits während des ersten Songs bessert, irritiert es doch, dass die Gitarrensoli sowie nahezu alle Leadmelodien nur vom Band kommen. Auf diesen Umstand geht Sänger Steff nach dem ersten Song nur kurz mit der Begründung ein, dass es der Leadgitarrist leider nicht zum Konzert geschafft hat. Ob es am fehlenden Musiker oder an der Band liegt: Leider besitzen CHAEDRIST sehr wenig Bühnenpräsenz und Charisma, was der wuchtigen Musik einiges an Schwung nimmt. Dennoch macht der 40-minütige Auftritt insgesamt Spaß und trägt dazu bei, dass sich das Publikum langsam für den Headliner in Stimmung bringt. [BL]

Als HAILSTONE dann die Bühne betreten, ist es im Zuschauerraum schon recht voll. Der Grund hierfür offenbart sich recht schnell: Das Quartett bringt seinen geradlinigen, leicht melodischen Death Metal dermaßen kraftvoll und mitreißend auf die Bühne, dass es nicht lange dauert, bis im Publikum die ersten Köpfe kreisen. Zwischen den Songs animiert Fronter Daniel die Anwesenden mit sympathischen und humorvollen Ansagen. Das Set der Münchner um Gitarrist und Nebelkrähe-Mitbegründer Basti besteht heute überwiegend aus Songs von ihrem aktuellen, äußerst starken Album „Epitome“, doch auch vom Debütalbum „The Greater Counterfeit“ finden immerhin drei Stücke ihren Platz auf der Setlist. Da der Sound leider arg breiig und viel zu basslastig ist, verwundert es nicht, dass gerade gemächlichere Songs wie das großartige „The Shore“ besonders gut ankommen. Trotz dieser Soundprobleme liefert die Truppe einen äußerst spaßigen Auftritt ab, der die Zuhörer sichtlich bestens unterhält, bevor die Jungs nach etwa 50 Minuten schließlich Platz für den Headliner des Abends machen. [SB]

  1. The Operation
  2. After The Dream
  3. Celestial Wrath
  4. The Greater Counterfeit
  5. Desolation Paradise
  6. The Shore
  7. Paved In Blood
  8. Revenant
  9. Epitome Of Failure
  10. Paragon

Im Vergleich zu Hailstones klassischem Death Metal bieten die Avantgarde-Black-Metaller NEBELKRÄHE nicht nur musikalisch ein komplettes Kontrastprogramm: Die  Münchner haben sich für ihren Geburtstagsauftritt sehr in Schale geworfen und die Bühne äußerst stilvoll mit Glühlampen geschmückt. Der Einstieg in ihr Set gelingt problemlos mit der fantastischen Semiballade „ebenbürdig“ und dem Quasi-Titeltrack und besten Song ihres aktuellen Albums „Lebensweisen“. Frontmann umbrA kreischt sich hingebungsvoll durch den Abend und lässt keine Möglichkeit aus, dem Publikum eine unvergessliche Show zu bieten. Von wilder Mimik und Gestik bis hin zu waghalsigen Stürzen von der Bühne nimmt der sympathische Sänger heute sogar körperliche Schmerzen auf sich und belustigt durch skurille Ansagen – alles für das Gesamtkonzept. Auch der Rest der Band hat sichtlich Freude am heutigen Auftritt. Kein Wunder, der Zuschauerraum ist inzwischen mit rund 120 Gästen sehr gut gefüllt und die Leute hochmotiviert.
Was der Formation nach knapp anderthalb Jahren Live-Abstinenz stellenweise an Sicherheit an den Instrumenten fehlt, macht sie durch ihre optisch beeindruckende Performance locker wieder wett: Selbst die stoische Bühnenfigur von Gitarrist Euphorion setzt mit ihrem ernsten, bestimmten Blick in die Menge einen passenden Gegenpol zu den extrovertierteren Musikern der Truppe. Dass der Saitenfraktion der ein oder andere Verspieler passiert und auch Fronter umbrA beim Clean-Gesang nicht jeden Ton trifft, stört heute niemanden. Allein schon deshalb, weil die etwas arg laute Bassdrum viel kaschiert und Schlagzeuger Latrodectus heute in Topform ist: Sein komplexes, akzentuiertes Spiel bringt er einem Uhrwerk gleichend genau auf den Punkt und sorgt so für ordentlich Drive an diesem Abend.

Anlässlich ihres Jubiläums haben NEBELKRÄHE heute sogar zwei neue Songs samt Mundharmonika-Part dabei, von denen besonders das fetzige zweite Stück (Arbeitstitel: „Nielandsmann“) sehr zu überzeugen weiß. Nach dem Ende des regulären Sets kehrt das Quintett dann noch einmal auf die Bühne zurück und beendet den äußerst gelungenen Abend mit dem brachialen „Über den Fluss hinweg“ und dem Bandklassiker „Et In Arcadia Ego.“, beide von ihrem Debütalbum „entfremdet“. [SB]

    1. ebenbürdig
    2. Lebenswaisen
    3. Das Karussell
    4. Als meine Augen ich aufschlug…
    5. Lichtbringer
    6. Neuer Song (Arbeitstitel: Kraniche)
    7. Blick vom Ebenholzturm
    8. Versucher
    9. Neuer Song (Arbeitstitel: Nielandsmann)
    10. Der Flaneur

  1. Über den Fluss hinweg
  2. Et In Arcadia Ego.
Alles in allem führt der Konzertabend sehr deutlich vor Augen, wie vital und abwechslungsreich die Münchner Metalszene aufgestellt ist: Während CHAEDRIST noch etwas Feinschliff als Liveband benötigen, können HAILSTONE mit ihrem Auftritt doch voll und ganz begeistern. Die Geburtstagskinder von NEBELKRÄHE stechen dabei besonders heraus: Sowohl durch ihr Bühnenoutfit als auch durch ihre Songs können NEBELKRÄHE unter Beweis stellen, dass sie derzeit wohl die spannendste Band der Stadt in ihrem Genre sind. Nicht zuletzt die neuen Lieder schüren dabei Vorfreude auf das dritte Album der Band.

Publiziert am von und Simon Bodesheim

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