Review Unsoul – Magnetic Mountain

  • Label: Set A Light
  • Veröffentlicht: 2008
  • Spielart: Death Metal

Kaum hatte ich von der neuen UNSOUL Scheibe gehört, war klar, dass hierzu eine Besprechung gemacht werden muss. Schon die erste EP „Beyond The Concrete“ erfreut sich bei mir großer Beliebtheit und sorgte dafür, die Myspace-Seite der Berliner Knaben immer wieder anzusteuern um auch neuerem Material zu lauschen. So schnell der Gedanke gefasst war, so schwierig gestaltete sich dann die Umsetzung: Auf Myspace und E-Mail Anfragen reagierte die Band nicht und erste die Anfrage beim neu gefundenen Label auf dem die Debut LP „Magnetic Mountain“ erscheint, verschaffte Abhilfe. Einige Mails später und einige Wochen nach Release des Albums trudelte endlich eine intensiv nach kaltem Rauch riechende und mit Filzstift als Promo-Exemplar gebranntmarkte CD bei mir ein. Warum ich das alles erzähl? Nun viel sinnbildlicher hätte die Kontaktaufnahme die Musik selbst nicht beschreiben können: Unkonventionell, überraschend aber mit klarem Happy-End!

Doch fangen wir mal ganz klassisch an: UNSOUL, gegründet 1999 in meiner Geburtsstadt Berlin, zelebrieren auf ihrem (nach drei Demo CDs) ersten vollen Album keyboardlastigen, progressiven Death Metal. Da „keyboardlastig“ gerne mal als Schimpfwort gebraucht wird, Death Metal nicht gerade ein Genre ist, das für besonders innovatives Vorgehen bekannt ist und einem in Zusammenhang mit dem Adjektiv „progressiv“ so etwas wie wüstes Gebolze mit wirren Breaks in den Sinn kommt, bedarf es hier einer deutlich differenzierten Beschreibung: Death Metal ist die klar erkennbare, aber in Reinform auf „Magnetic Mountain“ so gut wie nicht zu findende Basis auf der die Berliner ein filigranes und erfrischend eigenständiges Stück hochklassiger Musik aufbauen. Als Referenz können Bands wie The Dillinger Escape Plan oder Voivod angeführt werden, die in Ansätzen die selbe Richtung verfolgen, aber auch ein Vergleich mit Opeth kommt mir bei manchen etwa ruhigeren und getrageneren Teilen in den Sinn, was die Schwierigkeit verdeutlicht die Musik von UNSOUL einer bestimmten Strömung zuzuordnen.

Besonders beeindruckend ist das Werk der Instrumentalisten auf „Magnetic Mountain“. Allen voran Keyboarder Konstantin Frick schafft es durch intelligente Soundauswahl und hohe spielerische Fähigkeiten die Musik unheimlich zu bereichern. Hier wird nichts mit Klangteppichen zugekleistert sondern gezielt und dadurch umso wirkungsvoller synthetische Fäden in das komplexe Soundgewand eingearbeitet. Aber auch die Saiten- und Trommelspieler leisten ganze Arbeit. Mal jagt hier ein heftiger Rhythmus den nächsten, wird im Off-Beat wild geschreddert, nur um dann wieder hymnenhaft oder chillig sanft dahin zu schlummern um sofort wieder die nächste verrückte Idee auszupacken. Alles aber immer im Interesse des Stückes und nicht verkopft und krampfhaft progressiv. Anders Sänger Dennis Schröder: Der gute Junge hat ein klassisches Death Metal Organ. Tief, kraftvoll aber leider nicht sehr variabel growlt er sich durch die Songs und schafft es einfach nicht dem hohen Niveau der Kollegen zu folgen, bzw. einen weiteren konstruktiven Beitrag zur Musik beizusteuern. UNSOUL haben dies erkannt. In „Dance Your Legs Of“ gibt sich eine Dame stimmlich die Ehre und in „I Loss“ findet sich männlicher Klargesang. Nicht dass die beiden Stücke sonst nichts zu bieten hätten, aber diese Variation hebt sie deutlich über den Rest der Scheibe, davon muss in Zukunft deutlich mehr kommen!

Klarer Höhepunkt der Scheibe ist aus meiner Sicht der Mittelteil beginnend bei dem mitreißend düsteren „Swancorpse“ über das euphorisch fröhliche „Neverest“ und dem UNSOUL-typischen instrumental Stück „Contratto Senza Pietá“ bis zum selbstironischen Meisterwerk „Dance Your Legs Off“. Besonders letzteres vereint noch mal die komplette stilistische Raffinesse der Gruppe: Trotz extrem anstrengender Rhythmen und durchgeknallter Melodien wird ein unheimlich packendes und vor allem tanzbares Lied geschaffen, dass trotz immenser Sperrigkeit nicht wirklich schwer zugänglich ist – die ganz große Kunst. Außerdem kann dass oben angeführte „I Loss“ besonders durch die gegenläufigen Gesangslinien überzeugen.

Die im Intro stimmungsvoll einleitende Eisenbahn aus der Hauptstadt hat richtig Fahrt aufgenommen. Das Zusteigen bei diesem Höllenritt wird dringend angeraten, auch wenn keiner weiß wo der nächste Halt ist und die Reise eigentlich hingeht. Sicher scheint nur, dass der Weg nicht gerade verläuft, gerne spontan die Richtung wechselt und das ist auch verdammt gut so!

Wertung: 9 / 10

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