Zugegeben – es ist wahrlich nichts Kreatives dabei, eine Viking Metal-Kapelle mit dem Namen der Weltenesche aufzumachen. Das sollte die drei Schweden von YGGDRASIL jedoch keineswegs davon abhalten, und so sollen nun ein paar Worte zu ihrem Debütalbum „Kvällningsvindar över Nordrönt Land“ verloren werden.
So vielseitig das Genre ist, so schwer ist auch YGGDRASIL mit einer der bekannten Gruppen aus dem heidnischen Metal zu vergleichen. Wer nur so eine Idee vom Sound der Band aus Schonen bekommen kann, der versuche sich eine Kreuzung aus der getragenen Langsamkeit von Odroerir und dem Gefiedel von Månegarm vorzustellen. Folglich sind die von Gastmusikern unterstützten Svear eher im bedächtigen Tempo anzufinden, garnieren den epischen Klang mit der „nötigen“ Portion Folklore, wissen aber auch von Zeit zu Zeit mal das Tempo anzuziehen.
Ganz beispielhaft passiert dies bereits im ersten Titel der Platte. Ein sehr harmonischer Auftakt, der Gedanken an eine aus dem Nebel erwachende Landschaft weckt, mit nur vereinzelten Gitarrenanschlägen, steigert sich langsam mit markigen Männerchören, bis dann irgendwann die Stimmung umschlägt und ein 80er Jahre-Power Metal-Schrei das Uptempo durchbricht – man weiß allerdings nicht, ob dieser freiwillig oder unfreiwillig komisch wirkt.
Man könnte nun schon ein Fazit aus dieser Nummer ziehen, denn sie ist recht typisch für das ganze Album, aber zuerst muss das Filetstück von „Kvällningsvindar över Nordrönt Land“ mit Namen „Gryningstid“ beschrieben werden. Zwar ist kein Song auf der LP eine kurze Nummer – unter vier Minuten gibt es kein Lied – doch die „Morgendämmerung“ schießt mit satten elf Minuten den Vogel aus der Weltenesche. Kernstück wiederum dieses Tracks ist eine ganz hervorragende Leadmelodie, die vom ganzen Ensemble getragen wird. Diese wird jedoch keineswegs ständig wiederholt, so dass man irgendwann ihrer überdrüssig würde, vielmehr ist die ganze Nummer so abwechslungsreich, dass man sie für mehrere Lieder hielte, würde nicht immer mal wieder unerwartet das Hauptriff zurückkehren. Hier offenbaren die Herren vom Baume ihr ganzes Können, allerdings auch ihre Schwächen, welche man bei den Growls festmachen kann. Diese klingen ziemlich bemüht und kraftlos, was man zum Glück von den weiteren Elementen aus YGGDRASILs Klangbild nicht sagen kann. Jedoch muss man auch an der Produktion ein wenig rummäkeln, den Gitarren fehlt etwas an Volumen und man hat nicht immer den Eindruck, dass zu jedem Zeitpunkt jedes Instrument in der Form zu hören ist, wie es für den Klang das Beste wäre.
Nun sind wir auch schon bei Schwächen und Stärken von „Kvällningsvindar…“. Auf der „Sollen“-Seite stehen, wie genannt, harsche Vocals und die Abmischung, auf der „Haben“-Seite jedoch ein abwechslungsreiches Brett mit vielen guten Ideen, einer angenehm erdigen Folk-Ausrichtung ohne aufdringliche Keyboards, kerniger Klargesang und eben dem Gespür für Atmosphäre. Nun, da es Herbst wird in Europa, ist YGGDRASILs Musik genau das Richtige für einen Waldspaziergang, für Behaglichkeit daheim oder das Erwachen auf dem Weg zur Arbeit. Es sind noch längst nicht alle Feinheiten ausgeschliffen an „Kvällningsvindar…“, aber Spaß hat der Folkmetaller mit der Platte ganz gewiss.
Wertung: 7 / 10