Konzertbericht: In Flames /w Heaven Shall Burn, Paleface Swiss

11.06.2025 Kufstein, Festungsarena

Mit der Festungsarena hat Kufstein eine Event-Location der Extraklasse zu bieten: Im historischen Ambiente der alten Gemäuer auf dem Festungsberg wurde ein hochmoderner Veranstaltungsort errichtet, der durch sein Zeltdach wettergeschützt ist und trotzdem Open-Air-Feeling versprüht. Metal ist hier allerdings – wohl aus Lärmschutzgründen – selten zu Gast. Umso schöner, dass mit IN FLAMES, HEAVEN SHALL BURN und PALEFACE SWISS ein starkes Package zusammengefunden hat, um die Zeit zwischen den Festivalshows optimal zu nutzen.

Alles andere als optimal ist allerdings der Termin: Nach dem schrecklichen Amoklauf in Graz am Vortag herrscht in Österreich offiziell Staatstrauer – ob das erste Anwohnerbeschwerden und einen Polizeibesuch während des Soundchecks rechtfertigt, sei dahingestellt.

Mit einer Schweigeminute nach der ersten Band, einem strikten Veranstaltungsende um 22:30 Uhr sowie der strikten Lautstärkebeschränkung auf 93 dB findet sich dann aber doch ein gangbarer Weg, sodass dem Metal-Fest in der Festung nichts im Wege steht.

Den Anfang machen um 19:00 Uhr PALEFACE SWISS aus – unschwer zu erraten – der Schweiz. Warum die Truppe von vielen als der wohl heißeste Musik-Export der Eidgenossenschaft angeshen wird, zeigt das Quartett auch heute eindrucksvoll. Während der Mix aus SLIPKNOT-Chaos-Metal mit Deathcore-Breakdowns trotz anfänglich ziemlich schlechtem, später auch noch etwas durchwachsenem Sound schon ordentlich durchräumt, weiß insbesondere Fronter Marc „Zelli“ Zellweger durch seine ur-sympathische Art zu begeistern: Geschichten über Familienurlaube in Tirol finden in den Ansagen ebenso ihren Platz wie aufrechter Dank für die heutige Gelegenheit, sich zu präsentieren. Dabei sind PALEFACE SWISS mit rund einer Million monatlichen Hörer:innen auf Spotify und Shows rund um den Globus längst kein „Newcomer“ mehr. Mit der Wucht ihrer Songs, aber vor allem dieser sympathischen, bodenständigen Art könnten es PALEFACE SWISS noch weit bringen. Für das heutige Event zumindest hätte es keinen besseren Opener gegeben.

  1. Hatred
  2. Suppressing Times
  3. Nail To The Tooth
  4. I Am A Cursed One
  5. The Gallow
  6. Best Before: Death
  7. Please End Me
  8. Love Burns

Dass eine Show von HEAVEN SHALL BURN mit einer Schweigeminute eingeleitet wird, ist wohl eine traurige Premiere – eine weitere Premiere erwartet das Publikum bei der Show selbst: Nachdem Sänger Marcus Bischoff den Auftritt bei Rock am Ring gesundheitsbedingt abbrechen musste, konnte die Band in rekordverdächtigen zwei Tagen (!) Ersatz finden und einlernen: Nach nur zwei abgesagten Shows stehen HEAVEN SHALL BURN damit nun wieder auf der Bühne – und mit ihnen Britta Görtz. Mit ihrer aktuellen Band HIRAES, aber natürlich auch ihren ehemaligen Formationen CRIPPER und CRITICAL MESS hat Britta über 20 Jahre Bühnenerfahrung gesammelt – und doch bereitet wohl nichts im Leben darauf vor, mit nur einer gemeinsamen Probe bei HEAVEN SHALL BURN die Fronterin geben zu müssen. Das weiß auch das Publikum und begrüßt die Sängerin mit lautem Jubel und „Britta“-Sprechchören.

Und dann geht es auch schon los: Im stimmigen Setting einer Festungsruine (auch auf der Bühne – Eulen nach Athen tragen ist so 2000 a. D.!) starten HEAVEN SHALL BURN mit „Endzeit“ und „Voice Of The Voiceless“. Und schnell ist klar: Mit ihrer Voice Of The Voiceless haben HEAVEN SHALL BURN die richtige Person angeheuert. Ob hohe Screams oder kraftvolle Growls – auf nichts davon müssen die Fans heute verzichten. Zumal Gitarrist Alexander Dietz kräftig mit Backing-Vocals aushilft. Die eine oder andere unvermeidliche Unsicherheit kaschiert das Duo spielend – zumal Britta mit ihrer offenen und sympathischen Art das Publikum sofort für sich gewonnen hat. Dass HEAVEN SHALL BURN mit ihr „nur“ acht Songs einstudieren konnte, ist bei dieser Spontan-Aktion wahrlich keine Schande. Doch die Thüringer sind sich auch für den Cantina-Band-Move nicht zu schade und spielen einfach den Song „Black Tears“ nochmal. Der Jubel nach einer knappen Stunde Spielzeit fällt entsprechend laut aus. Hottake: Vielleicht stellt das Bühnenbild ja gar keine Festung dar – sondern veranschaulicht, wie viele Steine diese sympathische Truppe mittlerweile bei ihren Fans im Brett hat. Durch diese starke Aktion ist jedenfalls ein fetter Brocken dazugekommen.

  1. Endzeit
  2. Voice Of The Voiceless
  3. Übermacht
  4. Black Tears (Edge-Of-Sanity-Cover)
  5. Corium
  6. Combat
  7. Godiva
  8. Hunters Will Be Hunted
  9. Black Tears (Edge-Of-Sanity-Cover)

Schon mit diesen zwei Shows dürfte sich das Ticket für die meisten der Anwesenden rentiert haben – und doch steht die Headliner-Show erst noch an: Um 21:20 Uhr ist es endlich so weit und IN FLAMES entern mit dem Klassiker „Pinball Map“ die nunmehr fast steril aufgeräumte Bühne.

Auch bei den Schweden gab es noch eine kurzfristige personelle Änderung: Nur wenige Tage vor Tourstart war die Trennung von Drummer Tanner Wayne bekannt gegeben worden. An dessen Position sitzt nun mit Jon Rice ein echter Tausendsassa – war der Amerikaner doch bereits fix oder auch als Live-Vertretung für Bands wie BEHEMOTH, 1349, ABIGAIL WILLIAMS oder JOB FOR A COWBOY aktiv. Zwar lässt Rice seine Black-Metal-Influences nur sehr subtil einfließen und spielt ansonsten beeindruckend akkurat, was es zu spielen gibt – das finale „Take This Life“ hat man aber wohl selten schneller und härter zu hören bekommen: Für diese kleine Herausforderung bekommt Jon selbst von den Routiniers Anders Fridén und Björn Gelotte ein anerkennendes Grinsen geschenkt.

Zwischen diese beiden Tracks haben IN FLAMES weitere 60 Minuten voller Hits gepackt, mit denen die Schweden langjährige und neue Fans gleichermaßen zufrieden stellen dürften. Natürlich, etwas lauter dürfte es eigentlich schon sein, und auch ansonsten ist der Sound heute leider nicht der allerbeste. Die ungebrochene Begeisterung der Band für ihr Tun sowie die aufrichtige Dankbarkeit gegenüber den Fans, die all das erst möglich machen, sorgen trotzdem für grandiose Atmosphäre: Gleich mehrfach betont Fronter Fridén, wie sehr er diesen Abend genießt – nicht nur, weil das Catering seinen Geschmack getroffen hat („Ich brauche kein Geld! Ich brauche Schnitzel!“), sondern auch aufgrund der speziellen Atmosphäre an diesem Ort. Recht hat der Mann!

  1. Pinball Map
  2. The Great Deceiver
  3. Deliver Us
  4. In The Dark
  5. Voices
  6. Cloud Connected
  7. Trigger
  8. Only For The Weak
  9. Meet Your Maker
  10. State Of Slow Decay
  11. Alias
  12. The Mirrors Truth
  13. I Am Above
  14. Take This Life

Dass alle drei Bands mit 35, 55 und 70 Minuten nicht unbedingt lange Sets absolvieren, ist zwar schade – aber zumindest bei PALEFACE SWISS als Opener und HEAVEN SHALL BURN unter den besonderen Umständen dieser Show völlig nachvollziehbar. So schnell wie die Zeit mit IN FLAMES vergeht, hätte man sich von den Schweden rein quantitativ etwas mehr erhofft, immerhin standen tags zuvor in Ljubljana ganze vier Songs mehr auf dem Programm. Aber auch hier glaubt man Anders Fridén, wenn er wohl nur halb im Scherz sagt: „Kennt ihr österreichische Gefängnisse? Da kommen wir hin, wenn wir weiterspielen!“ Und so ist die etwas kürzere Show der Preis für das ansonsten atemberaubende Setting in einmaligem Ambiente. Alles in allem ist das ein fairer Deal.

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Ein Kommentar zu “In Flames /w Heaven Shall Burn, Paleface Swiss

  1. Super Beitrag, danke! Dafür können die Bands nichts, aber: Der Veranstalter hätte die Getränke-Situation etwas besser lösen können. Bei 30 Grad über eine Stunde für ein Getränk anstellen war dann schon etwas happig! Ansonsten aber lässiges Konzert! 🔥

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