Review Aviana – Epicenter

Obwohl AVIANA erst 2016 gegründet wurden, weist die Bandgeschichte schon einige einschneidende Ereignisse vor: 2017 veröffentlichten die Göteborger ihr Debütalbum „Polarize“, im Anschluss daran verließ sie ihr Frontmann Markus Vic. Mit Joel Holmqvist fanden die Schweden jedoch schnell einen Ersatz und gingen den Nachfolger ihrer ersten Platte an. Auf „Epicenter“ führt der Weg nun etwas weg vom progressiven Stil des Vorgängers und es wird auf eine klare Struktur mit etwas mehr Melodie gesetzt.

Trotz der stilistischen Anpassungen dürfen sich Fans des ersten Albums die Schweißperlen von der Stirn wischen: Im Hause AVIANA steht immer noch scheppernder, moderner Metalcore an der Tagesordnung. So wurden mit Holmqvists Zugang zwar auch Clean Vocals in den Sound eingebaut, die Tracks werden allerdings nach wie vor von fiesen Shouts dominiert. Ob einem dabei die vielseitigeren Vocals von Vic oder aber die tiefere, zermürbende Stimme von Holmqvist besser gefällt, ist Geschmackssache – Fakt ist, dass auch der Neue sein Handwerk gut beherrscht.

Aufgrund des weniger progressiven Stils sind die Songs auf „Epicenter“ von Beginn an leichter zugänglich als auf ihrem Erstwerk, verlieren dadurch allerdings auch etwas an Tiefe. So ist der musikalische Inhalt relativ schnell erschlossen: Tiefe Riffs, rasende Drums und von den Diskant-Saiten dominierte Melodien bestimmen das Geschehen. Gelegentlich schrauben AVIANA das Tempo etwas herunter und sorgen mit ruhigen, atmosphärischen Parts für willkommene Abwechslung. Diese Herangehensweise funktioniert, wie auch der Einsatz des Klargesangs, stellenweise äußerst gut, lässt den Hörer in manchen Momenten allerdings auch völlig kalt.

Im vorab veröffentlichten „Red Sky“ gelingt es AVIANA, den Hörer mit einer mystisch-träumerischen Melodie zu binden, die gepaart mit den Djent-Riffs auch auf einem frühen Northlane-Album ihren Platz haben könnte. Mit dem atmosphärischen „Celosia“ lässt die Band sogar leichte Post-Metal-Anleihen erkennen. Drummer Niclas Bergström verleiht dem Track mit seinem abwechslungsreichen Spiel die nötige Tiefe und Holmqvists Gesang entpuppt sich als wunderbare Ergänzung im Soundteppich. Ganz im Gegensatz dazu steht das anschließende „Frail“, das aufgrund des erbarmungslosen Gitarrenspiels mit sehr viel Kraft aus den Boxen schallt.

Während nur mit wenigen Songs wirklich große Akzente gesetzt werden können, verliert sich der Rest des Albums im oberen musikalischen Mittelmaß. Dabei will man keinen der zwölf Tracks skippen, hat aber auch nicht das Bedürfnis, das Album auf Repeat zu hören. Wo die Kollegen von Polaris und Currents mit überraschenden Wendungen mit Ohrwurmcharakter aufwarten, fehlt es bei AVIANA noch an der Finesse, den Songs Eigenständigkeit zu verleihen. So ist handwerklich alles auf hohem Niveau, songwriterisch jedoch noch Luft nach oben.

AVIANA gelingt es letztendlich (noch) nicht, den Hörer auf Albumlänge mit eingängigen Hooks oder interessanten Riffs bei der Stange zu halten. So lassen die vorhandenen, tollen Momente (auch das Interlude „Ikigai“ und das anschließende „More Than A Name“ muss man hier nennen) das Potential der Band aufblitzen, sind allerdings auf den 47 Minuten Spielzeit noch zu spärlich gesät. Fans der oben genannten Bands können bei „Epicenter“ problemlos zugreifen, alle anderen sollten die jungen Schweden zumindest für die Zukunft auf ihrem Zettel markieren.

Wertung: 6 / 10

Publiziert am von Silas Dietrich

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