Review Kreator – Gods Of Violence

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Thrash Metal

Amerika hat New Metal, Norwegen hat Black Metal und Deutschland hat Thrash Metal. Ganz so klar ist die Metal-Welt zwar nicht (mehr) aufgeteilt, vereinfacht lässt sie sich so jedoch auch im Jahr 2017 noch beschreiben. Denn wenn man sich hierzulande auf eines verlassen kann, dann ist es die Zuverlässigkeit, mit der die einheimischen Thrash-Metal-Institutionen qualitativ hochwertigen Teutonenstahl mit dem in diesem Sektor nach wie vor und völlig zu Recht weltweit angesehenen „Made in Germany“-Siegel produzieren.

Nachdem 2016 also bereits die Gelsenkirchener Sodom ihren Knarrenheinz überaus gelungen den D-Day nachspielen ließen, während sich die Nordrhein-Westfalen Destruction nicht mit vergleichsweise kleinen Scharmützeln abgeben wollten und deswegen gleich die ganze Welt „Under Attack“ nahmen, lassen sich nun auch KREATOR nicht mehr länger bitten: Stolze fünf Jahre nach „Phantom Antichrist“ huldigen die Essener diesmal den „Gods Of Violence“. Damit dürften sie nicht die einzigen bleiben, die huldigen – denn auch der KREATOR-Fan sollte angesichts dieses Albums über ein Kissen auf dem Boden vor dem CD-Player nachdenken: Spontane Kniefälle sind nicht auszuschließen. Einzige Bedingung: Eine Vorliebe für ausschweifende Gitarren-Leads, wie man sie sonst fast eher aus dem Bereich des NWOBHM und Power Metal denn vom Thrash Metal her kennt.

Schon die Tatsache, dass Mille Petrozza sich diesmal Unterstützung von den italienischen Symphonic-Metallern Fleshgod Apocalypse geholt hat, um diverse orchestrale Parts umzusetzen, gibt erste Hinweise, wohin die Reise auf „Gods Of Violence“ führt: Bereits das Intro „Apocalypticon“ ist opulent-majestätisch instrumentiert. Zwar ist der Bruch zum darauf folgenden Thrash-Gewitter „World War Now“ zunächst krass, doch auch dieser Song überrascht nach einem brutalen Uptempo-Part mit zackigem Riffing mit einem Zuckerguss-Melodie-Part, der so mancher Pagan-Band zu Gesicht stehen würde, bevor der Thrash mit einem furiosen Solo zurückkehrt.

Die quasi omnipräsenten Lead-Gitarren stellen neben dem bombastischen, orchestralen Element die drastischste Weiterentwicklung im KREATOR-Sound dar: Quasi als Gegenentwurf zum puristischen, rohen „Hordes Of Chaos“ lebt das nunmehr 14. Album der Thrash-Legende nahezu ausschließlich von seiner Virtuosität und Melodik. Dass KREATOR auf „Gods Of Violence“ auch jede Menge Killer-Riffs abliefern, rückt in Anbetracht von so viel zur Schau gestellter Virtuosität wie im Titeltrack oder dem episch aufgezogenen „Hail To The Hordes“ fast ins Abseits: Auch vom knackigen „Lion With Eagle Wings“ bleibt zunächst vor allem das liebliche Glockenspiel-Intro im Gedächtnis. Perfekt inszenieren KREATOR das Zusammenspiel aller Elemente schließlich im letzten Song, „Death Becomes My Light“, der sich in gut sieben Minuten von einem balladesken Einstieg hin zu einer flotten Thrash-Nummer wandelt, um seinen Höhepunkt in einem gefühlvollen Solo zu sanften Clean-Gitarren zu finden. Ganz großes Kino!

Mit „Gods Of Violence“ untermauern KREATOR mehr denn je ihren Status als melodischste der deutschen Thrash-Bands. Zwar können die Essener auf ihrem 14. Album auch mit jeder Menge starker Riffs punkten – das Spiel machen jedoch stets die oft bis an die Grenze zum Kitsch getriebenen Melodieführungen und virtuosen Soli. Für Gitarren-Freaks wohl das Non-plus-Ultra, düfte das manchen schlicht zu viel des Guten sein. Doch hat man sich erst durch die Zuckerguss-Schicht gewühlt, stößt auch der Fan der härteren Gangart in nahezu jedem Song auf grandiose Riffs mit viel Biss, wie man sie von KREATOR seit nunmehr 33 Jahren kennt. „Gods Of Violence“ ist ein Album, das überrascht, aber auch begeistert. Dass das Artwork mit Dämonen, Widderschädeln, umgedrehten Kreuzen, brennenden Kirchen und tentakelbehafteten Fangarmen (!) zwar allerlei bösen Kram enthält, am Ende jedoch trotzdem eher trashig denn thrashig aussieht? Bei dieser Darbietung eine Randnotiz.

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Wertung: 8.5 / 10

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