Konzertbericht: Kreator w/ Lamb Of God, Municipal Waste

15.02.2023 München, Zenith

Kreator Lamb Of God State Of Unrest 2023 Tour

Wir schreiben den 3. September 2019, KREATOR und LAMB OF GOD kündigen unter dem Titel „State Of Unrest“ („Zustand der Unruhe“) eine gemeinsame Europatour an. Wie treffend der Name schließlich sein würde, wissen wir erst heute: Dreimal mussten die Termine neu angesetzt werden, ehe die Shows nun, drei Jahre später als geplant, endlich stattfinden können.

Drei Jahre, in denen viel Tragisches passiert ist – im Großen, mit Pandemie und Krieg, aber auch im Kleinen: Am 25. August 2020 verstarb Riley Gale, Sänger der texanischen Crossvover-Thrasher POWER TRIP im Alter von nur 35 Jahren. Im ursprünglich angekündigten Billig der „State Of Unrest“-Tour waren POWER TRIP noch als Support-Act eingeplant.

MUNICIPAL WASTE im Februar 2023 in MünchenMit der letzten Verschiebung verschwanden die zunächst ins Billing gerutschten THY ART IS MURDER und GATECREEPER wieder von Flyer – schlussendlich dürfen nun MUNICIPAL WASTE die vergleichsweise dankbare Aufgabe übernehmen, das Publikum im zwar gut gefüllten, aber auch abgehängten und somit bei weitem nicht ausverkaufen Zenith einzustimmen. Dazu ist das zottelige Quintett aus Richmond, Virginia, mit seinem punkigen Thrash Metal auch durchaus in der Lage.

Trotzdem braucht es doch etwas, bis sich die energiegelandene Performance der Band auf das Publikum überträgt. Immerhin sieht das Zenith dann auch gleich einen ersten, beachtlich großen Circlepit. Und als Fronter Tony Foresta – heiser, als wäre es der letzte und nicht der erste Abend der Tour – die Fans vor „Wave Of Death“ zum Crowdsurfen auffordert, bringt er die Securities damit kräftig in Bedrängnis. Am Ende ihres kurzweiligen 35-Minuten-Sets dürften die Amis jedenfalls einigen neuen Fans „The Art Of Partying“ beigebracht haben.

MUNICIPAL WASTE im Februar 2023 in München
MUNICIPAL WASTE 2023 in München; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info
  1. Demoralizer
  2. Breathe Grease
  3. The Thrashin‘ Of The Christ
  4. Poison The Preacher
  5. Grave Dive
  6. You’re Cut Off
  7. Sadistic Magician
  8. Slime And Punishment
  9. Headbanger Face Rip
  10. High Speed Steel
  11. Wave Of Death
  12. The Art Of Partying
  13. Born To Party

LAMB OF GOD im Februar 2023 in MünchenVon 20:00 Uhr bis 21:15 Uhr gehört die Bühne LAMB OF GOD – und daran lassen Randy Blythe und seine Mitstreiter auch zu keiner Sekunde dieses 75-Minuten-Sets Zweifel aufkommen. Vom ersten Ton des Openers „Memento Mori“ an nimmt das Quintett Bühne und Publikum gleichermaßen in Beschlag: Während oben insbesondere der agile Fronter mit seinen Hüftlangen Dreads im wahrsten Sinne des Wortes für Wirbel sorgt, etabliert sich unten schnell ein Mosphit, der mehr oder minder bis zum Ende der Show am Leben gehalten wird. Dass der Sound zunächst vom Schlagzeug dominiert wird, ist bei der Qualität von Drummer Art Cruz gar nicht so schlimm. Als nach ein paar Songs dann auch die Saiteninstrumente vernünftig beigemischt sind, kommen auch die schneidigen Riffs voll zur Geltung. Und davon haben LAMB OF GOD massenweise im Programm – nicht zuletzt, weil sie für ihr Set wirklich tief in die Hitkiste greifen.

LAMB OF GOD im Februar 2023 in MünchenMit je drei Songs sind die „Oldschool-Alben“ (wenn man das über eine ehemalige Metalcore-Band heute schon so sagen kann) „As The Places Burn“ (2003) und „Ashes Of The Wake“ (2004) stärker repräsentiert als alle anderen Werke. Doch LAMB OF GOD sammeln auch menschlich Sympathiepunkte – etwa wenn Blythe sich aufrichtig für den Support dieser dreimal verschobenen Tour bedankt, die anderen Bands ehrt oder Power-Trip-Sänger Riley Gale gedenkt und diesem den Song „512“ widmet. Dass LAMB OF GOD mit dem abschließenden Hit „Redneck“ noch den größten Circle-Pit des Abends entfachen können, passt ins Bild: LAMB OF GOD sind 2023 nach wie vor eine Macht – vielleicht sogar mehr denn je.

LAMB OF GOD im Februar 2023 in München
LAMB OF GOD 2023 in München; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info
  1. Memento Mori
  2. Ruin
  3. Walk With Me In Hell
  4. Resurrection Man
  5. Ditch
  6. Now You’ve Got Something To Die For
  7. Contractor
  8. Omerta
  9. Omens
  10. 11th Hour
  11. 512
  12. Vigil
  13. Laid To Rest
  14. Redneck

KREATOR im Februar 2023 in MünchenFür KREATOR ist das nicht gut – schließlich macht es das Konzept von zwei gleichwertigen Headliner-Slots nicht einfacher, nach einer solchen Performance noch einen draufzusetzen. Die deutschen Thrasher versuchen dieses Dilemma über eine Unzahl an Show-Effekten zu lösen. Dass Lamb Of God dahingehend garnichts und KREATOR so ziemlich alles dabei haben, was der Show-Effekte-Katalog so hergibt, lässt nur zwei Schlüsse zu: Dass es auch unter Co-Headlinern noch eine klare Hierarchie gibt, und dass KREATOR ganz genau wissen, dass sie das Energielevel der Amerikaner nicht (mehr) mitgehen können. Zum einen ist das – trotz der unterschiedlich langen Karrieren beider Bands – alles andere als selbstverständlich, trennen etwa Randy Blythe und Mille Petrozza nur vier Jahre. Zum anderen aber ist es befremdlich, dass KREATOR es zumindest heute gar nicht erst zu versuchen scheinen.

KREATOR im Februar 2023 in MünchenIm bunten Treiben aus Feuerbällen und Konfetti, Luftschlangen und Lightshow, von der Decke baumelnden Puppen und Statisten in Troll-Kostümen wirkt insbesondere der sichtlich gealterte Mille Petrozza wie ein Fremdkörper. Aber auch Lead-Gitarrist Sami Yli-Sirniö lässt heute jede Spritzigkeit vermissen. Das macht Klassiker wie „Enemy Of God“, „Phobia“, „Phantom Antichrist“, „People Of The Lie“ oder „Violent Revolution“ nicht weniger gut – nur weniger wirkungsvoll. Dass Mille nach 75 Minuten „Pleasure To Kill“ eher verschämt denn aggressiv ankündigt und das bislang obligatorische „Flag Of Hate“ wegfällt, ist irgendwie konsequent, wenn man bedenkt, dass KREATOR „Hate“ mittlerweile als „virus of this world“ identifiziert haben. Etwas schade ist es dennoch, stirbt damit doch auch ein Stück deutsche Thrash-Kultur.

KREATOR im Februar 2023 in München
KREATOR 2023 in München; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info
  1. Hate Über Alles
  2. Hail To The Hordes
  3. Enemy Of God
  4. Phobia
  5. Satan Is Real
  6. Hordes Of Chaos (A Necrologue For The Elite)
  7. 666 – World Divided
  8. Phantom Antichrist
  9. Strongest Of The Strong
  10. Extreme Aggression
  11. People Of The Lie
  12. Become Immortal
  13. Violent Revolution
  14. Pleasure To Kill

Der Performance von LAMB OF GOD in Sachen Dynamik etwas entgegenzusetzen, ist zugegebenermaßen schwer – dass KREATOR die Herausforderung gar nicht erst annehmen, enttäuscht dann aber doch. Gegen die beiden Bands aus Virginia sehen die Essener heute in jeder Hinsicht alt aus – da hilft es auch nichts, dass KREATOR in Sachen Showeffekte mittlerweile in einer Liga mit Amon Amarth etc. spielen. Nur lässt sich im Thrash Metal fehlende Energie leider nicht mit Effekten und Statisten kompensieren.

Und vielleicht hätte man bei etwas abgespeckter Show auch die Fans nicht so schröpfen müssen: 40€ für ein Tour-Shirt, 50€ für ein Longsleeve und 75€ für einen Hoodie – auch diesbezüglich ist von den Idealen der traditionell bodenständigen Thrash-Metal-Szene nicht mehr viel übrig.

KREATOR im Februar 2023 in München
KREATOR 2023 in München; © Afra Gethöffer-Grütz/Metal1.info

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