Review Negativvm – Tronie

  • Label: Eigenproduktion
  • Veröffentlicht: 2012
  • Spielart: Black Metal

Bands, die ihre Alben umsonst zum Download bereitstellen, sind erfahrungsgemäß meist Gutmenschen, die ihr Schaffen mit ihrer Umwelt teilen wollen, ohne dafür Geld zu verlangen, oder zumindest, ohne den Konsumenten zu einem festen Betrag zu verpflichten, und statt dessen um eine Spende bitten. Den Menschen in ihren Konsumhass einzubeziehen, dürfte diesen Bands zumeist fremd sein – umso konsequenter erscheint da der Gedanke der jungen Band NEGATIVVM:
„NEGATIVVM verkörpert ein grundsätzliches Misstrauen gegen den Menschen, seine Normen und Werte und die Gesellschaft, die er aus ihnen schafft – allen voran Geld und Konsum. Aus diesem Grund wird sämtliche Musik, die wir schreiben und aufnehmen, kostenlos auf dieser Seite veröffentlicht. Wir sind allerdings jeder Zeit bereit, die digitalen Veröffentlichungen durch ein Tonträger-Release zu ergänzen. Dabei sind wir für jede Unterstützung dankbar.“
Zugegeben, die Dankbarkeit für die Barmherzigkeit anderer passt hier nicht zu einhundert Prozent ins Bild, doch sei’s drum – schließlich sollte man sich nicht kleinkariert beschweren, wenn man schon Musik geschenkt bekommt – aus welchem Grund auch immer.

Und annehmen sollte dieses Geschenk definitiv jeder, dessen Herz für deutschen Black Metal schlägt – bieten NEGATIVVM mit ihrem Debüt-Album „Tronie“ doch wahrlich schmackhafte Kost: Mit 36 Minuten gerade richtig bemessen, um keinen EP-Charakter zu entwickeln, dennoch aber nicht fad zu werden, bietet das Album dem geneigten Hörer fünf Songs, die zu überzeugen wissen. Soundtechnisch auf so hohem Niveau, dass die Veröffentlichung nicht im Geringsten auf „Eigenproduktions“-Nachsicht angewiesen wäre, sondern ohne wenn und aber mit den Großen verglichen werden kann, präsentiert sich das Quartett auch kompositorisch äußerst ausgereift:Denn auch, wenn die Stücke alle in eine relativ ähnliche Kerbe schlagen, erweist sich „Tronie“ doch als äußerst unterhaltsames Stück Musik: Es wird geprügelt, geschrien und – und darin liegt wohl die große Stärke der CD – eine dichte, einnehmende Atmosphäre kreiert.
Nicht zuletzt sind dabei die Sprachsamples und Ambient-Effekte von Bedeutung, die NEGATIVVM geschickt in ihre Musik einflechten – verantwortlich zeichnet sich hier im übrigen Falk (Ex-Geist, Fluoryne): Auch das keine „neue“ Idee… aber der Plan geht auf, und das ist das wichtigste.
Sicherlich, Bands wie Geist, Todtgelichter zu ihrer „Schemen“-Zeit oder auch Farsot. in ihren Anfangstagen können hier gerne als Beispiele genannt werden – gut gemachter, „typisch deutscher Black Metal“ hätte es als (durchweg positiv gemeinte) Beschreibung aber wohl auch getan.
Positiv seien an dieser Stelle noch die Texte vermerkt, welche im zum Download beigefügten, druckbaren Bookletfile enthalten sind – ist es doch schön, zu sehen, dass sich Bands noch dafür begeistern, anspruchsvolle Texte in ihrer Muttersprache zu schreiben, und nicht bloß auf englische Plattitüden setzen.

„Tronie“ ist vielleicht kein Album, das durch bislang ungehörte Innovation oder grenzenlosen Ideenreichtum auffällt – und dennoch ist NEGATIVVM genau eine der Formationen, die es dieser Tage braucht: Ein Band gewordenes „Fuck You“ in Richtung aller derer, die glauben, dass die Zukunft des Black Metal untrennbar mit dem Terminus „Post“ verstrickt sein sollte, und dennoch keine jener präpubertären Truppen, die Black Metal mit peinlich-pseudotruem Gehabe gleichsetzen.
Statt dessen bekommt man hier schlicht und ergreifend guten Black Metal – genre-typisch, aber mit Stil.
Fazit: Downloaden, anhören, freuen und die Band dafür live oder durch Merchandise supporten – denn auch, wenn die Musik für euch umsonst ist – kostenlos in ihrer Produktion war sie gewiss nicht.

Wertung: 8 / 10

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