Once Human - Scar Weaver Coverartwork

Review Once Human – Scar Weaver

Die moderne, progressive Mixtur aus melodischem Death Metal, Djent, Groove Metal und Core-Elementen befindet sich nach wie vor im Aufwind. Mit Gojira, Jinjer, The Agonist oder Infected Rain gab es in den letzten Monaten massig starke Veröffentlichungen von großartigen Bands. ONCE HUMAN schlagen mit ihrem dritten Langspieler „Scar Weaver“ in eine ähnliche Kerbe.

Auf ihrem zweiten Album „Evolution“ von 2017 befanden sich die Kalifornier um Ex-Machine-Head-Gitarrist Logan Mader noch hörbar in ihrer Findungsphase. Waren sie auf ihrem 2015er Debütalbum „The Life I Remember“ noch im recht klassischen Melodic Death Metal unterwegs, brachte „Evolution“ einen moderneren, härteren Klang und einen großen Groove-Anteil mit sich. Dass die ONCE-HUMAN-Evolution noch lange nicht abgeschlossen ist, lässt sich schon bei den ersten Klängen des „Scar Weaver“-Openers „Eidolon“ erkennen: Hart stampfende Industrial-Drums, fies groovende Djent-Riffs und ein dominanter Bass bestimmen die Szenerie. Meist im Midtempo, aber auch mit kurzen Blastbeat-Attacken erzeugen ONCE HUMAN einen schnörkellosen, harten und brutalen Sound. Der Titeltrack ist zwar etwas gemäßigter unterwegs, das langsame, schwere Riffing und der drückende Bass erzeugen aber dennoch einen sehr harten Sound zwischen Pantera und Fear Factory. „Bottom Feeder“ beginnt ebenfalls relativ ruhig, entwickelt sich mit verrückten Drumpassagen und Gitarrenspielereien aber sehr spannend und ist ein überraschendes, technisch anspruchsvolles Highlight.

Neben dem kompromisslosen Klang und dem bockstarken Songwriting haben ONCE HUMAN noch weitere Trümpfe in der Hand. Einer davon ist Sängerin Lauren Hart, die erbarmungslos schreit, brüllt und krächzt. Auch auf den beiden Vorgängeralben klang sie schon gut, auf „Scar Weaver“ zeigt sie sich aber nochmal stark verbessert. Das macht sich vor allem im häufiger eingesetzten Klargesang bemerkbar – doch keine Angst, weder säuselt Hart noch trällert sie liebliche Passagen, ONCE HUMAN verzichten vollends auf einschmeichelnde Momente und agieren durchgehend im melodischen extremen Metal. Vor allem im getragenen Schlusstrack „Only In Death“ beeindruckt Hart mit ihrem Wechsel zwischen Klargesang und gutturalen Vocals sowie Screams.

Überhaupt findet sich auf „Scar Weaver“ kein schlechter oder abfallender Song, vielmehr reiht sich ein Höhepunkt an den nächsten. „Deadlock“ etwa überzeugt mit einem starken Duett von Hart und Machine-Head-Frontmann Robb Flynn. Mit „Erasure“ hauen ONCE HUMAN einen der brillantesten Hypocrisy-Refrains der letzten 20 Jahre raus. Wenn man bei „We Ride“ den Eindruck hat, Devin Townsend wäre kurz mal vorbeigekommen, liegt man gar nicht so falsch, hierbei handelt es sich nämlich um eine Coverversion des gleichnamigen Strapping-Young-Lad-Songs. In gleicher Intensität wie beim Original überrascht Lauren Hart mit imposanter Stimmakrobatik – der Meister wäre stolz.

„Scar Weaver“ ist das bisher beste Album von ONCE HUMAN. Das Quintett aus Los Angeles hat auf seinem Drittwerk anscheinend seinen Sound gefunden. Nicht nur das, ONCE HUMAN wirken fast wie neugeboren, haben sich neu definiert und enorm weiterentwickelt, auch wenn die beiden Vorgängeralben schon gut waren. Mit „Scar Weaver“ stößt die Band in neue Sphären vor und drängt mit voller Kraft auf den Modern-Metal-Thron.

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Wertung: 9 / 10

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2 Kommentare zu “Once Human – Scar Weaver

  1. Ich stimme dieser Review vollumfänglich zu. Der passive Vergleich mit einer Band vom Kaliber Gojiras scheint mir dann zwar doch etwas zu viel des Guten, aber grundsätzlich haben Once Human mit Scar Weaver meiner Meinung nach in der Tat eine ähnlich hohe musikalische Qualität erreicht, sofern sich diese überhaupt messen lässt.

    Vor allem Lauren Harts massiver Entwicklungssprung findet hier völlig verdient die gebührende Beachtung. Sieht man sich die Videos an, die die Band im Vorfeld veröffentlicht hat, wird schnell klar, dass die Frontfrau auf beinahe forciert wirkende Weise in den Vordergrund gestellt wird. Meiner Meinung nach brüstet sich Once Human zu Recht damit, Frau Hart zu ihrer Besetzung zählen zu dürfen. Vor allem Songs wie „Bottom Feeder“, „Erasure“ oder „Deserted“ zeigen, dass diese Frau in den letzten Jahren fleißig an ihrer Technik gefeilt hat und mittlerweile praktisch jeden erdenklichen Gesangsstil beherrscht. Growls, melodische Screams und klassische Cleans – alles ist vertreten und wird nahezu meisterhaft in die Songs eingewebt.

    Was das msukalische Grundgerüst angeht, ist für meinen Geschmack noch etwas Luft nach oben. Die Arrangements sind gefällig und zeugen von hohem schreiberischem Potenzial, Gitarrenspiel und Schlagzeug wirken jedoch an vielen Stellen zu uniform und festgelegt. Die oft progressive Natur der einzelnen Songs könnte mit mehr technischer Variation noch deutlicher herausgearbeitet werden. Akzente mit Power Chords und Palm Mutes sowie ein präsenterer Bass würden die Rythmussektion merklich bereichern, während die Drums die kreativen FIlls und Ideen vermissen lassen, die zeitgenössische Stick-Titanen vom Schlage eines Mario Duplantier, Sebastian Lanser oder Spencer Prewett auszeichnen.

    Insgesamt ein starker Release, den sich der geneigte Hörer definitv nicht entgehen lassen sollte. Wem beim Gedanken an eine Kombination aus dezent progressiven, mal harten, mal verträumt-melancholischen Riffs und absolut überragenden Vocals irgendwo zwischen Grunge und Todesblei bereits das Wasser im Mund zusammenläuft, der wird an Scar Weaver (und wahrscheinlich auch am Vorgängeralbum) seine wahre Freude haben. Oder in Zahlen ausgedrückt: 9/10.

    Bleibt gesund!

    1. Hallo Rainer, danke für deinen Kommentar, der ja eigentlich schon eine eigenständige Review ist :)
      Freut mich, dass dir das Album ebenso gut gefällt – „Scar Weaver“ hat es einfach verdient. Dass teilweise noch etwas kompositorische Luft nach oben ist, da stimme ich dir zu. Das sagt Lauren Hart in unserem Interview ja auch, was die Songstrukturen angeht. Wenn Once Human hier noch mutiger werden und ihren Weg so weitergehen, könnte das nächste Album an der Höchstnote kratzen.

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