Review Retroheads – Introspective

Was macht eine Band, die sich den Namen RETROHEADS gegeben hat, wohl für Musik? Genau: Retroprog, das heißt ausladenden, klassisch-symphonischen Prog der alten Schule. Ihr Debütalbum „Retrospective“ erschien 2004 auf Unicorn Digital. Zwei Jahre später folgt nun der Nachfolger „Introspective“, auf dem es wieder reichlich traditionell zugeht.

Was die RETROHEADS jedoch von dem Großteil der bekannten Retroprogbands, wie etwa den Flower Kings (als bekanntesten Vertreter des Genres), abhebt, ist ihre Besetzung. So agiert man mit drei Gesangsstimmen, zwei davon sind Damen, eine dritte Dame nimmt hinter dem Keyboard platz. Insider mögen jetzt an Magenta denken – und von denen sind die Retroheads gar nicht mal so weit entfernt.

In gut 64 Minuten bereitet man dem Hörer ein durchaus bekömmliches Menü, welches jederzeit wohlschmeckend ist. Songs zwischen fünf bis neun Minuten Länge deuten an, dass man sich hier nicht der künstlichen Longtrack-Pflicht verschrieben hat, sondern die Songs dort beendet, wo ihr „natürliches“ Ende ist bzw. dieses schlüssig erscheint. Die Musik der Band scheint in sich selbst zu ruhen, klingt seltsam analog und versteckt sich nicht hinter ihren Wurzeln. Genesis, Yes, Pink Floyd, oder auch mal Marillion – so klingt das hier. Bereits der Opener „Rainy Day“ frisst sich mit seinem tollen Refrain, der mit einer stilvoll und schlicht eingesetzten DoubleBass/Bassgitarren-Figur untermalt wird, in den Gehörgängen fest. Leider weiß der Rest des Tracks nicht so recht zu überzeugen, die Strophen scheinen so gar nicht zu den Refrain zu passen. Das nachfolgende, 8 ½ minütige „Living In A Bubble“ jedoch ist ein erstes Highlight, dem noch ein paar folgen werden. Hier paaren sich schöne Gesangsmelodien mit mitreißenden Instrumentalpassagen. Immer dann, wenn die RETROHEADS ihre analogen Synthies oder die David Gilmour-Gitarren auspacken, wissen sie vollends zu überzeugen. Die Grundstimmung des Materials ist durchweg recht ruhig und besinnlich, beinahe mystisch, auch wenn es besonders in der Instrumentalabteilung von Zeit zu Zeit gut abgeht. Die „Schöne-Welt-Stimmung“, die auch die RETROHEADS propagieren, kommt in Songs wie „Black Hole Eyes“ oder „I Turn To You“ wunderbar zum Ausdruck. Auf Coolness oder Heavyness legt die Band wohl weniger Wert, eine originalgetreue Reproduktion der alten Sounds hingegen wird sehr akribisch verfolgt. Die Songs wirken eher wie kleine Gedichte, kleine Geschichten, die dem Hörer ins Ohr gelegt werden – ohne im pathetischen Sumpf eines Fish bei Marillion versinken. Die Gedichte sind dabei mal mehr, mal weniger gelungen. „Slaves Of Gold“, „Tidal Waves“, „Karma“ oder das oben erwähnte „Living In A Bubble“ sind sicherlich großartige Highlights. In nahezu jedem Song gibt es reichlich Gelegenheit für instrumentale Freudentränen, an den Gesangsmelodien werden sich hingegen die Geister scheiden. Hier hilft nur eine Hörprobe.

Grundsätzlich ist den Norwegern mit „Introspective“ aber ein schönes Album gelungen, insbesondere in Bezug auf einen echten „Retrosound“. Hier wird nichts künstlich mit angeschwollenem Bombast oder pathetischen Gesangslinien zugekleistert, dieses Album könnte so auch in den Siebzigern erschienen sein – und das ist hier eben als absolutes Lob zu verstehen. Ohne den Hörer zu sehr zu beanspruchen, bietet die Band intelligente Rockmusik an. Der letzte Funke will bei mir aber nicht so recht überspringen. Und das schiebe ich zum großen Teil auf die Gesangsarrangements, die mir immer mal wieder störend aufstoßen.

Wertung: 7.5 / 10

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