Satyricon and Munch Cover 2022

Review Satyricon – Satyricon & Munch

  • Label: Napalm
  • Veröffentlicht: 2022
  • Spielart: Ambient, Neoklassik

Die Zeiten, in denen Black Metal die Musik der Mörder und Kirchenbrandstifter war, sind (zum Glück) vorbei. Statt dem Image des blutrünstigen Satanisten pflegen immer mehr Protagonisten der Szene das des kultivierten Bildungsbürgers – oftmals mit direkten Folgen auf ihre Bands. Nachdem bereits 1349 für ihre EP „Dødskamp“ ein Gemälde von Edvard Munch vertonten, haben sich deren Schlagzeuger Frost und sein Compagnon bei SATYRICON nun einer ganzen Munch-Ausstellung angenommen: Mit eigens komponierter Musik vertonte das norwegische Duo Munch-Werke für die „gemeinsame“ Ausstellung „Satyricon & Munch“ des Munch-Museums in Oslo.

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Unter dem Ausstellungstitel erscheint die Musik nun vorerst digital, später auch physisch. Was bei dem betriebenen Aufwand (SATYRICON arbeiteten seit Herbst 2018 an der Komposition und Aufnahme der Stücke) nur logisch ist, in sich zugleich aber eine große Unlogik birgt. Denn wie ist Musik zu rezipieren, die als Teil einer Symbiose zwischen Bild und Klang geschaffen wurde, wenn das Bild fehlt? Unter ebendiesem Problem litt etwa die Stummfilmvertonung „Das Cabinet des Dr. Caligari“ der Post-Rocker Toundra oder den Theatersoundtrack „Also sprach Zarathustra“ von Laibach.

Auch „Satyricon & Munch“ ist als musikalisches Werk eben nur noch „Satyricon“ – aber eben auch das nicht. Denn wer sich der Veröffentlichung mit der Erwartungshaltung nähert, Musik im Stile von SATYRICON zu hören zu bekommen, wird zwangsläufig enttäuscht: Zwar lassen sich aus der knapp einstündigen Soundkulisse durchaus Satyr-typische Gitarrenlicks („Riffs“ wäre zuviel versprochen) heraushören – Black Metal, Black’n’Roll, Gesang oder auch nur klassische Songstrukturen sucht man indessen vergeblich. Auch Schlagzeug ist in dem Sinne quasi nicht vorhanden, über weite Strecken hört man allenfalls einige perkussive Elemente, für deren Aufnahme es aber wohl kaum des Ausnahmetalents Frost bedurft hätte. Generell ist die Rolle der SATYRICON-Musiker hier wohl vornehmlich die der Komponisten – denn auch Gitarren spielen auf „Satyricon & Munch“ nur eine sehr untergeordnete Rolle. Wenn sie überhaupt mitspielen, dann in so verwaschen-weichem Sound, dass sie kaum noch als E-Gitarren zu erkennen sind.

Vornehmlich fußt die Atmosphäre der Musik nämlich auf Streichern, Piano und anderen Orchesterinstrumenten. Das Resultat klingt insgesamt durchweg düster, aber leider oft auch ziemlich beliebig: Packende Melodien, Motive mit Wiedererkennungswert oder auch schlicht packende Dynamiken (wie sie die Kunst von Munch durchaus nahegelegt hätte) sucht man hier vergeblich. Das fängt schon damit an, dass „Satyricon & Art“ nicht in Gemälde, Kapitel oder auch einfach Stücke unterteilt ist. Zwar legen einige Stellen nahe, dass hier wohl ein neuer Abschnitt beginnt, das Werk selbst jedoch kommt als unübersichtlicher Monotrack daher. So wabert „Satyricon & Munch“ eine knappe Stunde durch den Raum, ohne aber mehr zu sein, als das, was es eigentlich wohl auch sein soll: Hintergrundmusik.

Die Liebe von SATYRICON zu Munch ist nicht neu, bereits für „Deep Calleth Upon Deep“ (+Review / –Review) wählten sie ein Bild des Künstlers. Auch sei es jedem Künstler unbenommen, sich weiterentwickeln und neue Herausforderungen annehmen zu wollen. Fraglich ist nur, inwiefern man sich einen Gefallen damit tut, wenn dies unter einem Bandnamen geschieht, der mit einer klaren Erwartungshaltung verknüpft ist. Metallica etwa hatten durchaus gute Gründe, „Lulu“ nicht als Metallica-Album zu deklarieren – und wenn man ehrlich ist, hätten sie noch besser daran getan, wäre der Name Metallica im Kontext dieses Machwerks gar nicht aufgetaucht.

Bei SATYRICON verhält es sich leider kaum anders: So viel sich Sigurd „Satyr“ Wongraven und Kjetil-Vidar „Frost“ Haraldstad sicherlich darauf einbilden (können), von einem renommierten Museum für ein solches Projekt engagiert worden zu sein – bei SATYRICON-Fans werden sie mit „Satyricon & Munch“ als davon losgelöstem Album-Release nicht auf Begeisterung stoßen. Mag der Black Metal (in Skandinavien) auch in der sogenannten „Hochkultur“ angekommen sein – umgekehrt gilt das noch lange nicht.

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Wertung: 3.5 / 10

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