Review The Amber Light – Play

Manche Bands haben einfach Glück, treffen die richtigen Leute zur richtigen Zeit, fällen wichtige Entscheidungen im passenden Moment. Zu diesem Bands gehören auch THE AMBER LIGHT aus Wiesbaden. Sie tourten mit den hierzulande nicht gerade unbekannten Wir sind Helden. Und Helden-Gitarrist Jean Michael Tourette fand augenscheinlich gleich soviel Gefallen an ihrer Musik, dass er sich bereit erklärte, das neue Album der Band zu produzieren.

Prog-Szene-Kennern ist der Name THE AMBER LIGHT beileibe nicht neu: Ihr Debütalbum „Goodbye To Dusk Farewall To Dawn“ erschien 2004 und weckte Erinnerungen an die experimentellen Radiohead sowie dank der fragilen Sounds und luftigen Arrangements an die späten Talk Talk und ihr ambitioniertes Werk „Spirit Of Eden“. Die Platte fuhr einige gute Reviews ein und auf vielen Fan-Foren konnte man Diskussionen zu der Scheibe verfolgen. Die ein Jahr später folgende EP mit dem Titel „Stranger & Strangers“ überraschte: Plötzlich präsentierte man vorallem Stromgitarren betonten Alternative-Rock. Das neuste Machwerk „Play“ ist nichts anderes als die perfekte Mischung, ein Konglomerat der bisherigen Bandgeschichte.

„Moody“ eröffnet die Platte treibend und mitreißend: Satte Gitarren kämpfen gegen preschendes Schlagzeug und pumpenden Bass, Sänger Loius Gabbiani ist der geborene Indie-Sänger. Mit „All Over Soon“ gibt man sich dann etwas melodischer und gesitteter, hier gefällt vor allem der starke Refrain. „Waste“ lebt vorallem durch die sphärischen Keyboards, die auf verträumten Gesang in den Strophen treffen, ehe sich im Refrain die Gitarren lautstark melden und den Hörer wachrütteln. Der Mitteilteil von „Play“ fällt dann äußerst besinnlich aus: „Drake“, „Never Fade Out“ und „The Deep Twist“ sind ruhige, atmosphärische Balladen, die klar an New Artrock und Postrock erinnern. Hier scheiden sich die Geister: Die einen werden es als langweiliges, einschläferndes Indiepop-Gesäusel empfinden, die anderen sich in der endlosen, watteweichen Atmosphäre gefangen fühlen. Fans von Oceansize, Riverside oder Porcupine Tree sollten diesen Nummern aber runtergehen wie Öl. Meiner Meinung nach klare Highlights auf dem vorliegenden Werk.

„Muse sind nicht weit!“, denkt man sich, sobald „Fire Walk With Me“ ertönt: Der affektierte und opereske Gesang sowie die treibenden Gitarren erinnern eindeutig an die Briten. „Does It Ever Get Better“ ist mit seinen freundlich-fröhlichen Akustikgitarren die einzige wirklich unbekümmerte Nummer unter den zwölf Tracks, als solche zum Ausgleich der bedrückten Stimmung aber auch bitter nötig.Standen auf dem Erstling noch 15-minütige Longtracks auf dem Programm, ist die längste Nummer auf „Play“, „No Love Lost“, gerade einmal sechs Minuten kurz. Bedrohliche, wabernde Synthies begrüßen den Hörer und versetzen ihn sofort in Anspannung: Das ist die endzeitliche Postrock-Apokalypse par excellence, wie sie Radiohead nicht eindringlicher hinbekommen. Verzehrter Gesang, Trauer getränkte Streicher, verquer tönende Gitarren und hallendes Schlagzeug erzeugen eine absolut packende Stimmug. Mit „And Then It Stopped Raining“ folgt der logische Abschluss einer Platte, die alles andere frohgemut ist: Piano, Akustikgitarren und Trauergesang begleiten uns und entschwinden sanft ins Nichts.

Zusammengefasst: Die Band hat ihre Songstrukturen gestrafft und kommt schneller auf den Punkt als auf ihrem Erstling. Dennoch hat sie ihre atmosphärischen Soundteppiche beibehalten. Mit klassisch-symphonischem Progrock hat „Play“ zwar nur noch am Rande zu tun, trotzdem ist die Platte aber ein klarer Tipp für alle Freude der verträut-melancholischen Klänge. Alternative Prog der neuesten Generation, wie er im Buche steht!

Wertung: 8.5 / 10

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