Oktober 2008

Review Thyrfing – Hels Vite

Besetzungswechsel sind bekanntermaßen eines der am heißesten diskutierten Themen der Metal-Welt – insbesondere bei Sängerwechseln scheiden sich stets die Geister und teilen sich einst geeinte Fanscharen in Lager: Die „Früher war alles besser“-Fraktion steht mit einem Mal den „Besser denn Je“-Vertretern gegenüber. Denn nur in den seltensten Fällen kann ein neuer Frontmann genau da anschließen, wo der alte aufgehört hat, und so, ohne irgend geartete Meinungsverschiedenheiten heraufzubeschwören, seine Arbeit verrichten.

Jens Rydén könnte bei THYRFING nun aber das Husarenstück gelingen, in gewissem Maße beide Szenarien beispielhaft zu vereinen: Sein Weggang von Naglfar sorgte seinerzeit für Aufsehen und Nachfolger Kris Olivius, der vom Bass in die Sängerrolle schlüpfte, hatte es nicht leicht, sich im ewigen Vergleich zu behaupten. Nachdem Jens Rydén zwischendurch mit seinem Soloprojekt Profundi ein beeindruckendes Album veröffentlichte („The Omega Rising“. 2006), wurde Rydén zu THYRFING berufen, um auf deren sechstem Album und für die weitere Zukunft den Posten von Thomas Väänänens einzunehmen. Und hier setzt nun meine gewagte These an, in der ich behaupte, dass Rydén es mit seiner Gesangsleistung auf „Hels Vite“ geschafft hat, den seltenen Fall eintreten lassen, dass alle zufrieden sind. Denn Rydén schafft es spielend – respektive: singend -, einerseits, wo angebracht, nahezu exakt wie sein Vorgänger zu klingen, und andererseits, überall dort, wo sich ihm Freiräume bieten, seine eigenen Akzente zu setzen und dabei einen von ihm bisher so noch nicht gehörten Ton anzuschlagen, der am ehesten an Niklas Kvarforth von Shining denken lässt.

Doch auch die Instrumentalisten haben auf „Hels Vite“ ganze Arbeit geleistet: Waren THYRFING immer schon relativ eigenständig, gehen die Schweden den Weg, den sie mit „Farsotstider“ eingeschlagen hatte, ein gutes Stück weiter, und stellen großes Geschick in Komposition und Arrangement unter Beweis. Mitreißende, schleppende Downtempo-Parts mit ausgefeiltem Drumming, geniale Melodieführungen und Riffs, die so einfach wie genial sind und vom ersten Hördurchgang an zu begeistern wissen, greifen auf so elegante Art und Weise ineinander, dass über die gesamte Spielzeit kein Durchhänger zu verzeichnen ist. Pathetisch ist wohl der falsche Begriff, und doch auf eine Art auf „Hels Vite“ passend, denn erhaben und stolz klingen die Lieder, die man hier zu hören bekommt – doch dabei stets filigran, progressiv und vor allem: bescheiden. Zu keiner Zeit wirkt „Hels Vite“ kitschig oder überladen; gekonnt gehen THYRFING mit Zusatzinstrumentierungen um, nichts wirkt gezwungen oder aufdringlich. Als weiteren, sehr erfreulichen Aspekt kann man festhalten, dass das Album noch abwechslungsreicher geworden ist als sein Vorgänger: Nahezu jeder Song hat einen ureigenen Charakter, doch stets mit der gewohnt hohen Eingängigkeit.

THYRFING haben es geschafft, ihr durchaus herausragendes letztes Album nochmal zu toppen. Das haben sie einerseits ihrem guten Händchen in Sachen Sängersuche, andererseits ihrem Mut und ihrer Offenheit gegenüber Weiterentwicklung zu verdanken. Herausgekommen ist ein großartiges Werk, das vor allem durch seine Vielseitigkeit und Leichtigkeit zu überzeugen weiß. Dass dem ganzen dann noch ein nahezu perfekter Sound irgendwo zwischen druckvollem, rauem Klang und, wo angebracht, einer eleganten Transparenz zu Teil wurde, sorgt dafür, dass „Hels Vite“ wohl nicht nur (aber eben auch!) alteingesessenen THYRFING-Fans Freude bereiten wird.

Wertung: 9 / 10

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