Review Versengold – Im Namen des Folkes

Es gibt sie noch, die ungeschliffenen Rohdiamanten am Mittelalter/Folk-Himmel! Neben unzähligen Dudelsack/Flöten/Schalmei-Projekten, die nie aus dem Schatten etablierter Bands treten, schaffen es alle heilige Zeit kleinere Combos, der altbekannten Musikrichtung eine frische Note zu verpassen: VERSENGOLD sind derzeit das beste Beispiel dafür, wie man mit intelligenten Texten und ungewohnter Instrumentalisierung feiertaugliches Club- und Marktmaterial auf einem Album vereinen kann. „Im Namen des Folkes“ – fürwahr!

Der Name ist Programm und mitsamt Wortspiel Credo zugleich: folkige Töne für anspruchsvolle Volks- bzw. Folkbespaßung. Mit insgesamt 13 Songs bringen die Bremer ihr fünftes Studiowerk auf den Markt und meistern spätestens damit den die nächste Hürde auf dem Weg zu größeren (Schand-)Taten. Pinto, Snorre und Co. erweisen sich auf „Im Namen des Folkes“ über rund 60 Minuten nicht nur als Experten an ihren jeweiligen Instrumenten, sondern kombinieren nur allzu wahre Inhalte wie in „Paules Beichtgang“ oder „Immer Schön Nach Unten Treten“ mit einer sympathisch-schelmischen Art. Der Schalk im Nacken ist dabei gerade spürbar und das gesamte Werk wirkt in sich geschlossener als der konzeptionelle Vorgänger „Dreck Am Stecken“. Die Musiker haben allein und als Kollektiv einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Das spiegelt sich im Ergebnis wieder.
So funktioniert der feiertaugliche Anfangsdreier bestehend aus dem Titeltrack, „Versengold“ und „Drey Weyber“ nach einem denkbar einfachen Prinzip, welches qualitativ arrangiert erst einmal auf einem solchen Level auf CD gepresst werden muss: Bodhrán und Percussion ersetzen das klassische Schlagzeug, während die Melodien von mehrstimmigen Fideln getragen werden. Der mehrstimmige Gesang gerät wiederum im Verlauf des Albums zu einer Art Markenzeichen der Nordlichter – vor allem für all diejenigen, die VERSENGOLD davor nicht kannten. Besonders hierbei sind die Marktwurzeln der Musiker offensichtlich.

Textthematisch besingen die fünf Nordlichter nicht nur wünschenswerte Regierungsformen in „Punsch statt Putsch“, sondern vertonen mit dem bereits erwähnten „Immer Schön Nach Unten Treten“ auch die gängigen Rangordnungsmanieren aus dem Arbeitsalltag. Den Albenabschluss „Kopft ihn!“ gestaltet das Quintett wiederum mit durchgängigem Klitschko-Akzent und bewährten russischen Elementen aus. In der zweiten Hälfte überraschen VERSENGOLD (und besonders Sänger Snorre) schließlich mit „Vom Zauber des Wildfräuleins“ im verträumten Balladengewand. Snorres Stimme brilliert hier, lediglich fein untermalt von sanften Streicherklängen. Abgerundet wird „Im Namen des Folkes“ passenderweise von rein instrumentalen Liedern wie dem „Ablasstanz“ oder „Honzas Jig“.
Die Vielseitigkeit und Fertigkeiten, die VERSENGOLD auf ihrem jüngsten Werk zur Schau stellen, suchen derzeit in Folkkreisen ihresgleichen. Kein Wunder also, dass u.a. Schandmaul-Bassist Matthias Richter bereitwillig ein paar Bass-Spuren zu „Im Namen des Folkes“ beigesteuert hat. Die Band hat ihr Urteil gefällt – und für die Konkurrenz fällt dieses ziemlich vernichtend aus.

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Uschi Joas

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