Review Von Hertzen Brothers – New Day Rising

Zugegeben, der Name lässt stutzen. Wer denkt bei einem Bandnamen wie VON HERTZEN BROTHERS nicht gleich an Peinlichkeiten wie die Showmagier „Ehrlich Brothers“? Aber halt, damit haben die drei Jungs aus Finnland und die sie ergänzenden Begleitmusiker nichts zu tun. Man mag ihnen gar wünschen, sie wüssten nicht von dieser namensverwandten, deutschen Spielart der Massenunterhaltung, die selbst auf dem bis zur Schmerzgrenze spaßtoleranten Wacken Open Air 2014 für entsetztes Kopfschütteln und laute Buh-Rufe sorgte. Die VON HERTZEN BROTHERS jedenfalls spielen Progressive Rock, und das schon seit sechs Alben. Da der Erfolg zuerst auf Finnland begrenzt blieb und nur langsam auf Großbritannien überschwappte, sind sie auf dem deutschen Markt noch relativ unbekannt. Mit „New Day Rising“ setzen sie an, das zu ändern.

Und rein qualitativ stehen die Chancen gar nicht so schlecht. Auf „New Day Rising“ präsentieren die VON HERTZEN BROTHERS zehn Songs mit einer Dreiviertelstunde Gesamtlänge, die in manchen Momenten sogar mit den Vorzeigevertretern des Genres mithalten können. Der Opener „New Day Rising“, das zügige „You Don’t Know My Name“ oder auch das emotionale „Trouble“ sind gelungene und dynamische Songs mit allen Trademarks, die dieses Genre braucht: Rhythmuswechsel, sauber gesungene, warme Stimmen und gelungene Hooklines. Steht da „Stimmen“? Jawohl, die drei Brüder singen abwechselnd und ergänzen sich. Das sorgt für Variation, wenn sie von den Klangfarben her auch nicht allzu weit auseinander liegen.

Leider aber wird das Album auf der zweiten Hälfte doch arg gefällig. Die Streicher auf „Hold Me Up“, die penetrant gute Laune auf „Dreams“, die elegischen Melodien in „Sunday Child“ – das alles hat seinen Charme, klingt aber doch ein bisschen wie die Musik, die im Hintergrund von Mobilfunkanbieter-Werbespots läuft. Kurz: „New Day Rising“ zielt sehr direkt auf Radiospielzeit. Das ist kein Verbrechen und wird niemanden ernsthaft wundern, wenn eine Band versucht, sich auf einem für sie fremden Markt zu etablieren, aber man muss es auch einfach so aussprechen dürfen, wie es ist.

Warum auch nicht? Die  Band war mit diesem Konzept in Finnland sehr erfolgreich, wo sich auch der Radioerfolg relativ bald eingestellt hat. Und manchen Liedern von Flying Colors kann man diese Eigenschaft genauso wenig absprechen. Wer damit keine Probleme hat, bekommt von den VON HERTZEN BROTHERS ein technisch einwandfreies Album mit vielen gelungenen Hooklines und tollen Melodieführungen, die nur manchmal – pun intended – etwas wenig progressiv klingen.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Marc Lengowski

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