Review Alestorm – Black Sails At Midnight

Einen solchen Senkretstart wie den von ALESTORM legt wahrlich nicht jede Band im Metal hin, nicht mal in der konjunkturstarken Folk-Sparte. Umso skeptischer sollte man sein, wenn nach nicht einmal eineinhalb Jahren mit „Black Sails At Midnight“ nun schon – nach mehreren kleinen Veröffentlichungen – das zweite Album der schottischen Piraten im Laden steht. Ein voreiliger Kritiker könnte leicht den Eindruck bekommen, man zielt hier aufs schnelle Geld ab und lässt Qualität hinter Quantität zurück. Ist das so?

Flott beginnt „BSAM“ in Gestalt von „The Quest“ und bietet einen erstaunlich rasanten Einstieg. Abgesehen vom ungewöhnlicheren Eröffnungsriff hat sich aber wenig getan im Hause ALESTORM. Einen guten Schritt nach vorn ging es in Sachen Produktion, hier hat das Lübecker LSD-Studio ganze Arbeit geleistet. Die Kinderkeyboards, die beim Vorgänger noch mehr oder weniger freiwillig komisch wirkten, treten hinter mächtigem Bombast deutlich zurück. Wenn hingegen die (synthetischen) Hörner wie bei „Leviathan“ schmettern, dann kommt wirklich Stimmung auf. Die Feinabstimmung der Freibeuter hat ebenfalls zugelegt, und so kann man sagen, dass die einzelnen Bestandteile der Musik in sich ausgereifter und etwas erwachsener klingen als zuvor.

Doch längst nicht alles an der Platte kann ähnlich punkten. Insgesamt ist das Material auf „Black Sails At Midnight“ nämlich einen Zacken einförmiger als noch beim Vorgänger. Schunkelsongs sucht man vergeblich und auch ist keine reine Folknummer mehr auf der Scheibe. Einzig ein relativ belangloses Instrumental („No Quarter“) und eine Halbballade („To The End Of Our Days“) schaffen etwas Auflockerung. Letztere scheitert aber an der absolut nicht gefühlvollen Stimme von Chris, der sonst souverän röhrt oder aber vom Seemannschor gebührend unterstützt wird. Einen solch erhabenen Refrain wie noch in „Captain Morgan’s Revenge“ bringen ALESTORM allerdings hier auch nicht mehr fertig. Das Verhältnis zwischen tollen und öden Songs ist in etwa gleich geblieben.

Im Großen und Ganzen leidet „BSAM“ vor allem aber darunter, dass allzu viele Riffs wirklich total bekannt und die Nummern daher sehr vorhersehbar klingen. „Leviathan“ beispielsweise hat nahezu den selben Anfang wie „Huntmaster“ vom Vorgänger und der Refrain des Titelsongs erinnert rhythmisch frappierend an „Set Sails And Conquer“, was einfach zu viel Wasser auf die Mühlen derjenigen ist, die hinter dieser Platte ein unüberlegtes Produkt schneller Geldgier vermuten. So viel Wiederholung sollte einer Band eigentlich nicht schon beim zweiten Album passieren. Hätte man sich ein wenig mehr Zeit gelassen, wären sicherlich auch neue Ideen gesprudelt.

Immerhin wurden einige Schwächen des Vorgängers ausgebügelt, aber neue kamen dazu. Den geneigten Fan wird es wenig stören und auch ich mag der Platte keineswegs ihren Unterhaltungswert absprechen. Die trink- und tanzwütigen Partyhorden, die ALESTORM anziehen, werden auch an diesem Erzeugnis ihre helle Freude haben. Die Schotten haben – noch – ein wenig Exotenstatus mit ihrer Ausrichtung und wissen diese zumindest teilweise überzeugend zu verpacken.

Wertung: 6.5 / 10

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