Konzertbericht: Heilung w/ Zeal & Ardor

05.09.2024


Das Phänomen HEILUNG zieht weiter seine Kreise. Rund zwei Jahre nach der letzten Tour kehrt das Nordic-Ritual-Projekt erneut für sechs Shows nach Deutschland und Österreich zurück, mit Ausnahme von Nürnberg größtenteils in ausverkaufte Locations. Das Erfolgsrezept bleibt dabei unverändert, die Qualität der Darbietung glücklicherweise ebensowenig.

ZEAL & ARDOR in Nürnberg 2024

Mit dabei sind dieses Mal die schweizerischen Avantgarde-Metaller ZEAL & ARDOR. Eben jene eröffnen den Abend mit insgesamt zwölf Songs: Ein Teil des Publikums ist gelinde gesagt überrascht, als „Götterdämmerung“ nach dem sphärischen Intro seinem Namen alle Ehre macht. Speziell die Gitarre und das Schlagzeug legen ordentlich los. Schnell wird deutlich: Nach Lili Refrain und Eivør vor zwei Jahren ist die Einstimmung auf das Ritual dieses Mal eine gänzlich andere.

ZEAL & ARDOR in Nürnberg 2024

Derweil verstehen ZEAL & ARDOR ihr Handwerk meisterlich und nähern sich mit dem Material von ihrem neuen Album „Greif“ dem Haupt-Act mehr an, als man zunächst vermuten konnte. Mit dem jazzig-basslastigen „Kilonova“ wird erstmals deutlich, dass die Band rund um Mastermind Manuel Gagneux auf ihrem aktuellen Werk den ruhigeren Tönen fröhnt. Die ebenfalls neuen Songs „to my ilk“, „Clawing out“ und „Sugarcoat“ fügen sich stimmig zu den älteren, eher schwarzmetallischen Nummern. Wer sich auf die eigenwillige Stilistik der Band einlassen kann, bekommt eine starke Show geboten, die trotz großer Varianz in den einzelnen Stücken ein ausgefeiltes Gesamtkonzept erkennen lässt, das neuerdings mit weniger Vehemenz und Schlagkraft auskommt.

HEILUNG in Nürnberg 2024

Nach einer kurzen Pause beginnen HEILUNG ihr Set erwartungsgemäß mit der minutenlangen, weihrauchgeschwängerten Reinigung der Bühne durch Kai Uwe Faust. Und auch das Eröffnungsritual mit den Krieger:innen und Sängerinnen dürfte den meisten Besucher:innen von der letzten Tour bekannt vorkommen, genau wie die Bühnendeko mit viel Grün. Als Einstimmung funktioniert die Darbietung einwandfrei, wenngleich sie für weniger spirituell angehauchte Gäste vielleicht etwas lang gerät. Im Anschluss wird es in den nächsten knapp zwei Stunden kurzweiliger und abwechslungsreicher, denn HEILUNG verlassen sich bei Inszenierung und Songauswahl auf das, was live bereits bestens funktioniert hat.

HEILUNG in Nürnberg 2024

Wer es gerne folkig-filigran möchte, ist mit „Asja“ und „Anoana“ erneut bestens bedient. Bei „Hakkerskaldyr“ wird die Darbietung mit lauten Trommelklängen wuchtiger, intensiver und archaischer. Die musikalischen Kontraste spiegeln sich auch in der Show wider, die besonders im Vergleich zu den Anfängen von HEILUNG inzwischen mehr einem Musical gleicht: Steht Frontfrau Maria im Vordergrund, wird es auf der Bühne ruhiger und der Fokus liegt auf dem Klargesang, der teils von zwei Sängerinnen unterstützt wird. Sobald die Songs schneller werden, herrscht on-stage mehr Bewegung, oft mit den Krieger:innen und Kai-Uwe Faust im Zusammenspiel. Unterstützt wird die von einer ungemein gelungenen Lichtshow, die die jeweilige Stimmung mit hellen Gelbtönen, dunklem Grün und auch gezielten Stroboskop-Effekten jeweils atmosphärisch passend einfängt.

HEILUNG in Nürnberg 2024

Am Ende leitet eine kleine, perfekt getimte Feuer-Einlage als Intermezzo zum finalen Gemeinschaftserlebnis über, das einen Teil der Beteiligten erstmals sowas wie nahbar macht: Zum vergleichweise einfach gestrickten, feiertauglichen „Hamrer Hippyer“ gehen die Krieger (ja, nur die männlichen) auf Tuchfühlung mit der Menge und lassen sich auf den Händen über die ersten Reihen tragen. An dieser Stelle wirkt die Darbietung besonders im Vergleich zum restlichen, eher statischen und immer kontrollierten Auftritt freier und lebendiger. Mit der „Closing Ceremony“ endet der Abend dann wiederum mit den drei Hauptprotagonisten auf der Bühne so stilsicher wie er begonnen hat.

  1. Opening Ceremony
  2. In Maidjan
  3. Alfadhirhaiti
  4. Asja
  5. Krigsgaldr
  6. Hakkerskaldyr
  7. Svanrand
  8. Tenet
  9. Traust
  10. Anoana
  11. Galgaldr
  12. Elddansurin
  13. Hamrer Hippyer
  14. Closing Ceremony

HEILUNG in Nürnberg 2024Wer die aktuelle Tour von HEILUNG zusammen mit ZEAL & ARDOR besucht, bekommt einen intensiven Abend geboten, der mehr als „nur“ ein Konzert sein will und auch ist. Zwar haben sich die Eintrittspreise inzwischen von rund 50 auf knapp 75 Euro je Ticket erhöht, doch dafür bieten beide Bands eine überzeugende Show, die besonders bei HEILUNG in dieser Form einzigartig ist und auch am besten live funktioniert.

Womöglich lässt die Zeremonie als solche nur bedingte Varianz zu, doch dass im Vergleich zur letzten Tour lediglich „Norupo“ und „Othan“ gegen „Tenet“ getauscht wurden, ist etwas ernüchternd. Wie HEILUNG mit dem Aufbau ihrer Show und den dazugehörigen Songs auf kommenden Touren weitermachen, wird sich zeigen müssen.

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