Konzertbericht: Paganfest Tour (Extended Show)

24.03.2012 München, Backstage Werk

Fünf Jahre ist es her, dass Rock The Nation das erste Mal unter dem Banner der „Paganfest Tour“ Bands durch Europa geschickt hat. Waren damals Ensiferum, Korpiklaani und Moonsorrow die Headliner, fungierten als Support neben Tyr die Schweizer Newcomer Eluveitie. 2012 hat sich das Bild gewandelt: Korpiklaani sind nur bei den Extended-Shows zu sehen, Eluveitie hingegen haben sich vom Support-Act zum Headliner hochgearbeitet. Und auch sonst hat sich einiges getan: Machte das Paganfest 2008 seinem Namen noch alle Ehre, waren doch alle typischen Genre-Bands mit einer wohl recht großen Fan-Schnittmenge, sieht es dieses Jahr anders aus. Zwar sind mit Eluveitie und Heidevolk, bei der Extended Show zudem Korpiklaani und Equilibirum die typischen Bands des Genres in großer Zahl vertreten – mit Primordial, Negura Bunget sowie Solstafir sind jedoch dieses Mal drei Bands dabei, die zumindest beim Party-Pagan-Publikum für Unverständnis, zumindest aber überraschte Gesichter sorgen dürften. Die Gegensätze zwischen den abwechselnd spielenden Bands könnten also kaum größer sein – gut also, dass Metal1.info mit zwei Mann vor Ort war, um diesen Kontrast entsprechend herauszuarbeiten.
[Moritz Grütz]

Los geht’s es mit der Local-Support-Band KNAAT, die erst im Dezember 2012 ihren letzten Gig in München spielten. Konnten die Nachwuchsmusiker bereits damals als Support von Waldwind und Abinchova überzeugen, so legen sie dieses Mal ebenfalls einen starken Auftaktgig hin, der allerdings mehr metal- als paganlastig gerät. Noch etwas melodiöser und weniger brutal dringen die Kompositionen im Vergleich zum Dezember ans Ohr. Dem Publikum scheint es zu gefallen und so formiert sich bereits zu vorgerückter Stunde gegen 15.30 Uhr die erste Wall of Death, die diesen Namen tatsächlich verdient. Allein den Einsatz des Bühnennebels sollten KNAAT noch besser differenzieren, sieht man hinter der dichten Wand meistens recht wenig von den Bandmitgliedern, die allesamt noch eine Menge Potential haben und Lust auf mehr machen – sowohl was die Band selbst als auch den folgenden Nachmittag/Abend betrifft.
[Sigi Maier]

Setlist KNAAT:
01. Lichtung
02. Unter heiligen Hufen
03. Kriegsschrei
04. Sturm auf Windhelm
05. Leidensweg
06. Nordmannen
07. Spielmann

Dass das Backstage Werk bereits zur ersten Band derart gut gefüllt ist, habe ich ehrlich gesagt selten erlebt – erfreulicherweise müssen so auch SOLSTAFIR nicht, wie befürchtet, vor leerer Halle spielen, als diese um 15:55 die Bühne betreten.
Was genau die Desert-Rocker in diesem Lineup zu suchen haben, dürfte wohl nicht einmal die Band selbst so ganz begriffen haben – haben die Isländer mit der hier vorherrschenden Party-Pagan-Atmosphäre und den dieses Genre bedienenden anderen Bands aus dem Tour-Roaster ungefähr so viel zu tun wie Gletscher mit Vulkanen.
So prallen schon hier Welten aufeinander: Den Fans, die wohl hauptsächlich der traditionsreicheren Bands SOLSTAFIR, Negura Bunget und Primordial wegen ihren Weg ins Backstage gefunden haben, steht eine große Überzahl an vorwiegend jungen Fans entgegen, die den Namen des für ihre letzten beiden Alben „Köld“ und „Svartir Sandar“ gefeierten Quartetts heute zum ersten Mal hören. Dem entsprechend ist es wenig überraschend, dass die Isländer für die ersten Psychodelic-Rock-Klänge eher verständnislose Blicke ernten.
Und doch, es hätte schlimmer kommen können: Denn hatte ich mir im Vorhinein Szenarien ausgemalt, in denen die Band vor leerer Halle spielt, während das Pagan-Volk draußen Bier trinkt und feiert, gibt der Teil des Publikums, der nicht bereits jetzt unzurechnungsfähig betrunken vor der Halle herumtorkelt, SOLSTAFIR zumindest eine faire Chance. Gewiss, abgehen kann zu diesen melancholischen Klangwelten keiner, und dass sich tatsächlich ein Fan erblödet, einen Crowdsurfing-Versuch zu starten, sollte man eigentlich mit Missachtung strafen. Dass die Band nach jedem der vier dargebotenen Songs mehr Applaus bekommt und das Publikum zuletzt sogar eifrig mitnickt, ist da Balsam für die Seele, zeigt dies doch, dass Bands mit Anspruch und individueller Klasse sich sogar vor komplett fremdem Publikum zu behaupten wissen. Und vielleicht hat der ein oder andere Nachwuchs-Fan durch die intensive, unter die Haut gehende Show der Isländer ja auch erkannt, dass ein Konzert mehr sein kann als bloß ein Anlass, sich mal wieder kräftig zulaufen zu lassen…
[Moritz Grütz]


Deutlich besser zum Pagan-Aspekt des Paganfests passen die Niederländer HEIDEVOLK im Anschluss. Diese haben neben einer guten Hand voll Musiker auch ihr neues Album „Batavi“ im Gepäck. Bereits die ersten Takte von „Nehalennia“ genügen, um das Backstage erstmals am heutigen Tag in einen tobenden Hexenkessel zu verwandeln. Die Menge kocht – im wahrsten Sinne des Wortes, wird sie beim gesamten Auftritt fortwährend auf erhöhter Betriebstemperatur gehalten. Besonders Sänger Mark Splintervuyscht und Joris Boghtdrincker eilen mit ihren Mikros bewaffnet von einem Bühnenende zum anderen und suchen immer wieder den Kontakt zu den ersten Reihen. Mit ihrem Klargesang beweisen sie, dass es nicht immer Growl-Parts sein müssen, um Metalpublikum in Wallung zu bringen.
Als Kollektiv mischen HEIDEVOLK die neuen Songs von „Batavi“ mit den liveerprobten Kernstücken der Vorgänger „Uit Oude Grond“ und „Walhalla Wacht“ wie z.B. „Saksenland“. Dieses schweißtreibende Gebräu verlangt in weniger als einer Stunde nicht nur den Fans, sondern auch den Musikern auf der Bühne alles ab. Die Niederländer meistern dabei erfolgreich den Spagat zwischen harten Klängen und melodischer Instrumentierung. So lockern sie ihren Pagan-Mix u.a. mit Flöten und Maultrommeln auf. Besonders gegen Ende wirkt es schließlich so, als ob sowohl die Musiker als auch das Publikum dankbar für jede Pause zwischen den Songs ist. Doch der Begeisterung und Energie des Auftritts schadet dies nicht: Die Blicke der Musiker wirken auf Grund der sehr starken Reaktionen in München mehrfach positiv überrascht und mit dieser Extraportion Motivation setzen HEIDEVOLK mit „Vulgaris“ schließlich noch ein Ausrufezeichen am Ende, bevor sie sich unter lautem Jubel verabschieden. Keinem scheint wirklich bewusst gewesen zu sein, dass dies einer der ersten Auftritte der Combo seit dem Ausstieg von Gitarrist und Gründungsmitglied Sebas Bloeddorst war. Gefehlt hat er HEIDEVOLK an diesem Abend in keinster Weise.
[Sigi Maier]

Setlist HEIDEVOLK:
Nehalennia
Saksenland
Een Nieuw Begin
Krijgsvolk
Ostara
Beest Bij Nacht
Als De Dood
Vulgaris


Auf Heidevolk folgt mit NEGURA BUNGET die nächste Traditionsband – seit 1996 sind Schlagzeuger Negru und seine Band bereits aktiv. Naja… sagen wir besser: Seit 1996 ist Schlagzeuger Negru bereits mit einer Band aktiv. Denn spätestens, seit Ageru P?mântului, welcher live stets für die extravagante Instrumentierung von Panflöte bis Xylophon verantwortlich war, die Band auch noch verlassen hat, hat das, was heute als NEGURA BUNGET auf der Bühne steht, nichts mehr mit der Band zu tun, die es mit Meisterwerken wie „Om“ zu europaweiter Bekanntheit gebracht hatte.
Gewiss, die Geschichte um den Split der Band ein ums andere Mal wieder aufzuwärmen, wird irgendwann witzlos, und das, was von NEGURA BUNGET übrig geblieben ist, ständig an jener Band zu messen, welche mich bis vor einigen Jahren live ein ums andere Mal zu bezaubern wusste, wäre in Anbetracht der Tatsache, dass ein Konzert wie das heutige für die meisten Anwesenden wohl ihr erstes NEGURA-Konzert ist, auch wenig anschaulich.
Und dennoch kann man diesen Aspekt auch nicht einfach ignorieren: Schon die Tatsache, dass Negru keine Beständigkeit in sein Lineup bekommt und so erneut mit neuem Personal auf Tour gehen muss, zeigt, wie wenig die neuen NEGURA BUNGET seit ihrem Split harmonieren – eine Tatsache, die zumindest alteingesessenen Fans der Band auffallen dürfte. Denn egal, ob es der Gesang ist, oder der nur noch halbherzig wirkende Einsatz der Folk-Instrumente – mit NEGURA BUNGET zu „Om“-Zeiten hat das hier definitiv nichts mehr zu tun.
So versammeln sich noch während der Show Fanscharen vor der Halle, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Zum einen diejenigen, die heute zum Party machen hergekommen sind, und mit einer Band wie NEGURA BUNGET generell nichts anzufangen wissen – zum anderen jedoch auch jene enttäuschten Fans, die auf eine NEGURA BUNGET-Show gehofft hatten, jedoch bestenfalls eine halbgare Cover-Show geboten bekamen. Dem Groß der Fans scheint all das jedoch nicht aufzufallen – sie erfreuen sich an einer im Kontext des Konzertabends ausgefallenen Show, die gänzlich unvoreingenommen betrachtet trotz alledem sicherlich noch zu den Höhepunkten des Abends gehört.
[Moritz Grütz]


Ein bekannter Musiker sagte einmal etwas spitzfindig, Lokalmatadore könnten vor ihrem Heimpublikum auch auf die Bühne rotzen und würden dafür frenetisch abgefeiert. Und so geschieht es, dass EQUILIBRIUM zunächst nichts anderes tun müssen als anwesend zu sein, um in ihrer Heimat mit lautem Jubel begrüßt zu werden.
Natürlich sollte unter dem Strich der rein musikalische Aspekt eines jeden Auftritts zählen, doch wenn Musiker derart lautstark nach vorne gepeitscht werden, geht dies auch an Außenstehenden nicht spurlos vorbei. So fällt es weniger ins Gewicht, dass die Band ihren Sound und ihre Setliste stark auf den metallischen Aspekt ihrer Musik ausgerichtet haben und weniger auf die Pagan- sowie Folkeinflüsse. So fehlte u.a. ein „Aus ferner Zeit“, welches an diesem Abend durch seine Dudelsackspuren durchaus passend gewesen wäre. Stattdessen gibt es zu Robses gutturalem Gesang neben Power Metal-lastigen Gitarrenriffs vor allem Blastbeats und Doublebass in markanter Lautstärke auf die Ohren. Unterbrochen wird dieser prägende Stil-Mix bestenfalls kurzfristig durch oberflächliche Partynummern wie „Met“. Dennoch: Die Mischung wirkt eingespielt und vor allem livetauglich, obwohl hier und da einige Elemente wohl kaum von den Musikern auf der Bühne stammen.
Sänger Robse meistert seine Aufgabe vor dem Heimpublikum ebenfalls souverän: Zwar werden eingefleischte EQUILIBRIUM-Fans weiterhin über die Vor- und Nachteile von Helges Ausstieg debattieren, doch obwohl sein Nachfolger besonders bei älteren Titeln nicht ganz die stimmliche Bandbreite abdeckt, erreicht er das ihm zugetane Publikum und hat es mit ausladenden Gesten sowie stimmlicher Urgewalt stets im Griff. Nach rund zwei Jahren und durch solche Auftritte dürften EQUILIBRIUM bald vollumfänglich in der gegenwärtigen Form ohne Referenz auf die Vergangenheit wahrgenommen werden.
[Sigi Maier]

Setlist EQUILIBRIUM:
01. Kurzes Epos
02. Der Ewige Sieg
03. Unter der Eiche
04. Skyrim
05. Verbrannte Erde
06. Blut im Auge
07. Widars Hallen
08. Met
09. Mana
10. Unbesiegt

Zwischen lyrischen Ergüssen wie „Met“, dem Hit der eben abgefeierten Lokalmatadore Equilibrium und „Beer, Beer“ von Korpiklaani ist es nun wieder Zeit für etwas Ernsthaftigkeit – als nächstes steht nämlich der Auftritt der Iren PRIMORDIAL an.
Zu „Heathen Tribes“ vom vorletzten Album „To The Nameless Dead“ entern die Iren die Bühne – und auch, wenn man merkt, dass die Band hier nicht vor dem ureigenen Publikum spielt, fliegen Fronter Alan und seinen Mannen die Sympathien zu. Dass man es hier mit der dienstältesten Band des Abends zu tun hat, könnte dabei fast in Vergessenheit geraten – ist der älteste Song aus der Setlist doch „The Coffin Ships“ aus dem Jahre 2005. Beklagen dürfte sich darüber wohl kaum jemand – kennen die meisten der Anwesenden die Band doch wohl frühestens seit dem entsprechenden „The Gathering Wilderness“-Album.
So entwickelt sich das, was die stolzen Iren hier abliefern, zu einer sehr guten, nichtsdestotrotz gleichsam sehr routinierten Darbietung. Überraschungen sucht man in der Setlist vergebens, und auch hinsichtlich des Stageactings gibt es nichts Außergewöhnliches zu berichten: Ohne viele Worte zu verlieren, verlässt sich Alan Nemtheanga auf sein unbestreitbares Charisma, um das Publikum auf seine Seite zu ziehen – was zuguterletzt auch so gut funktioniert, dass dieses ihm die ein oder andere Unsauberkeit im Gesang gerne verzeiht.
Dass epische Hymnen wie „Empire Falls“ oder „As Rome Burns“ sowieso immer funktionieren, hilft dabei gewiss genauso weiter, wie die Tatsache, dass der letzte Auftritt der Band in München(“Redemption At The Puritan’s Hand“-Releaseshow mit Todtgelichter) über ein Jahr her ist, und so wohl so mancher Fan sehnsüchtig auf die Rückkehr der Iren gewartet hatte.
[Moritz Grütz]

Setlist PRIMORDIAL:
01. Heathen Tribes
02. Lain With The Wolf
03. No Grave Deep Enough
04. As Rome Burns
05. Bloodied Yet Unbowed
06. The Coffin Ships
07. Empire Falls

Die finnischen Folk-/Pagan-Metaler KORPIKLAANI leiten anschließend das Headliner-Duo der Extended Show ein. Traten vor einigen Jahren noch Eluveitie vor den Finnen auf, so ist es jetzt genau umgekehrt. Spürbare Auswirkungen auf die Laune und Performance der Szene-Urgesteine hat der vollzogene „Machtwechsel“ keine. Kaum hatten die Musiker rund um Fronter Jonne Järvelä die Bühne betreten und bemerkenswert englischlastig ihr Set mit „Hunting Song“/“Journey Man“ vom 2005er Album „Voice of Wilderness“ eröffnet, werden bereits die ersten Rufe nach „Vodka“ lautet. Kein Zweifel also, für welche Songs die Fans primär gekommen sind. Doch bis jener Titel und viele weitere ähnlicher Couleur gespielt werden, vergehen noch einige Minuten, die KORPIKLAANI besonders ihren letzten beiden Alben „Karkelo“ und „Ukon Wacka“ widmen. Die englische Sprache weicht dabei dem meist unverständlichen Finnisch des Klan des Waldes, der durch kaum jemanden besser verkörpert wird als durch Sänger Jonne und seine Dreadlocks. So gelangweilt Juho Kauppinen am Akkordeon und Neu-Geiger Tuomas Rounakari die ganze Zeit schauen, das Party-Publikum feiert die Szenegrößen lautstark – während Liebhaber von musikalischem Tiefgang, die wegen Solfastir oder Negura Bunget das Paganfest besuchen, wohl mehrheitlich die Flucht ergreifen. Zu gering dürfte die Schnittmenge des Publikums gewesen sein, als dass wirklich alle Bands auf die mehrheitliche Zustimmung der breiten Masse stoßen.
KORPIKLAANI ist dies gänzlich egal: Die gute Laune dominiert beim Großteil der Band, ebenso wie bei der Mehrheit der Zuhörer. Besonders die 2011er Single „Metsälle“ wird gefeiert, ebenso wie der überraschende Gastauftritt von Primordial-Sänger Alan Nemtheanga. Je später der Abend, desto alkoholischer werden sowohl die Songtexte als auch die Getränke. Sänger Jonne leert seine Flaschen passend zu den Songs wie „Vodka“, „Tequila“ und „Beer Beer“ – lediglich unterbrochen vom Klassiker „Wooden Pints“. Ob sich das gesungene Finnisch durch den zunehmen Alkoholgenuss verbessert oder verschlechtert, vermag wohl niemand so recht zu sagen. Allgemein: So sehr KORPIKLAANI mit ihren Liedern für Partystimmung sorgen mögen, sie beherrschen durchaus anspruchsvollere Kompositionen. Diese fehlten in München fernab des Openers leider gänzlich.
Dennoch: Das Klangbild stimmt, genau wie die Atmosphäre. KORPIKLAANI geben bis zum Ende ihres Sets Vollgas und selbst Geiger Tuomas taut gegen Ende etwas auf, als er für sein Solo auf einem Klappstuhl Platz nimmt. Lediglich der Zugabenblock schmälert den durchweg positiven Eindruck etwas, da Sänger Jonne mehr erzählt als spielt und die Happy Little Boozers sich somit nicht mit einer weiteren Sauf- und Raufhymne verabschieden, sondern einem reichlich unverständlichen Kauderwelsch, welches einige verdutzte Gesichter zurücklässt. Mit Instrumenten im Hintergrund scheint Jonnes Stimme den meisten Anwesenden lieber zu sein als ohne.
[Sigi Maier]

Setlist KORPIKLAANI:
01. Hunting Song
02. Journey Man
03. Cottages & Saunas
04. Juodaan Viinaa
05. Lonkkaluut
06. Kipumylly
07. Metsälle
08. Vaarinpolkka
09. Vodka
10. Wooden Pints
11. Iron Fist
12. Tequila
13. Beer Beer

14. Pellonpekko15. Tuoppi Oltta
16. Il Lea Voibmi

Spätestens mit ihrem neuen Album „Helvetios“ und Nuclear Blast im Rücken sind ELUVEITIE im Olymp des Folk Metal angekommen. Und was auf Platte exzellent funktioniert, erweist sich live ebenfalls als eine wahnsinnig intensive Mischung unterschiedlichster Facetten: Dabei eröffnen die Schweizer ihr Programm genau wie ihren letzten Longplayer. So tritt Sänger Chrigel überraschend mit Dudelsack vor die Menge und nach dem instrumentalen Auftakt wird München kollektiv hel(l)vetios. Harte Riffs gepaart mit Geige und Drehleier, dazu der Gesang von Anna Murphy und Chrigel. Bereits zu Beginn treten die Adern an den Schläfen des männlichen Fronters deutlich hervor, während er sich um Kopf und Kragen growlt. Im starken Kontrast dazu steht Annas Klargesang, der allerdings im Studio deutlich besser wirkt als live. Noch deutlicher wird dies später bei ihren Gesangsparts in „A Rose For Epona“ und „Alesia“, die als Gesamtkomposition dennoch mächtig gut gelingen, da ELUVEITIE in diesen Songs von „Helvetios“ all ihre Stärken vereinen.
Das Publikum hat nach siebenstündigem Vorlauf zunächst Anlaufschwierigkeiten: So sucht Chrigel vor „Uxellodunon“ einen weiblichen Gast, der den Circle Pit anführt. Nach etwas Hin und Her findet sich scheinbar eine (Semi-)Freiwillige, doch diese verschwindet bereits wenige Sekunden später in der schubsenden und pogenden Menge. Bei „Inis Mona“ vereint sich die Menge schließlich wieder und singt lautstark im Kollektiv den Refrain – ein echter Gänsehautmoment, besonders im Vergleich zum Vorjahr, als ELUVEITIE an gleicher Stelle unter furchtbarem Sound litten. Dieser ist 2012 deutlich besser abgemischt.
Die einzigen Schwächen offenbaren die Eidgenossen, wenn wie bei „Meet The Enemy“ oder „Scorched Earth“ das Melodic Death-Gerüst zu sehr in den Vordergrund rücken. Dieses ist live ebenso fragil wie auf CD. Im harmonischen und gleichberechtigten Zusammenspiel aller Parts sind ELUVEITIE allerdings ungeschlagen und so trüben die kleineren Mängel den überaus positiven Gesamteindruck wenig. Dass das Publikum besonders gegen Ende nach rund acht Stunden Festivalmarathon sichtlich müde wird und die Energie der Band auch nicht ganz bis Mitternacht reicht, als die letzten Töne von „Havoc“ im Backstage verklingen – es ist zu verzeihen und eine logische Konsequenz. Doch besonders mit den Livepremieren des neuen Materials und einem wahnsinnig starken „Inis Mona“ haben ELUVEITIE zu diesem Zeitpunkt bereits ein deutliches Zeichen gesetzt.
[Sigi Maier]

Setlist ELUVEITIE:
01. Helvetios
02. Luxtos
03. Uxellodunon
04. Nil
05. Kingdom
06. Inis Mona
07. Rose For Epona
08. Meet The Enemy
09. Kingdom
10. Alesia
11. Thousandfold
12. Tegernako

13. Scorched Earth
14. Calling The Rain
15. Havoc
Outro

Über den Sinn oder Unsinn derartiger Mega-Events zu diskutieren, wird langsam müßig – hat man sich doch fast schon an „Konzertabende“gewöhnt, die um drei Uhr nachmittags beginnen und bis Mitternacht reichen. Und dennoch muss ich sagen, bin ich durchaus dankbar, dass ich nach Primordial Feierabend machen kann, und mich nicht noch weitere drei Stunden vor die Bühne stellen muss. Während also die Fans des feucht-fröhlichen Pagan-/Folk-Metal von Korpiklaani und Eluveitie noch kräftig am Feiern sind, kann ich bereits resümieren: Auch das Paganfest 2012 kann als voller Erfolg gewertet werden – kamen doch sogar Fans, die allein der traditionsreicheren Bands wegen ihren Weg ins Backstage gefunden haben, auf ihre Kosten. Waren Negura Bunget für eingefleischte Fans der Band zwar eine Enttäuschung, wussten doch zumindest Primordial und Solstafir, die schon dadurch die Gewinner des Abends waren, dass sie trotz ihres Exotenstatus nicht zu den Verlierern des Abends wurden, zu überzeugen.
[Moritz Grütz]

Das Paganfest 2012 wird seinem Namen nüchtern betrachtet kaum gerecht. Zu unterschiedlich und verschieden sind die Bands, genau wie das Publikum. Ein echter „Pagan“-Fokus wie es der Name impliziert – man müsste ihn schon sehr gewollt suchen. Dies tut der Veranstaltung und ihrem Unterhaltungsfaktor per se allerdings keinen Abbruch: Anstatt eines Partymarathons präsentiert Rock The Nation ein ausgewogenes und vielfältiges Programm mit Nischen für viele Musikinteressierte, die am Rande noch mehr aufschnappen können als geplant. Dies setzt natürlich einen gewissen Willen voraus, sich auf unterschiedliche Stilrichtungen einzulassen. Wer gerne über den Tellerrand „seiner“ Musik hinaus blickt, findet auf der Paganfest-Tour 2012 rund sechs (normale Show) bzw. acht (Extended Shows) Stunden feinste Musikunterhaltung. Genrefetischisten und Fans bestimmter Combos entsprechend weniger. Aber an solchen Festivaltagen sind gelegentliche Verschnaufpausen keine schlechte Idee, egal ob am Anfang, in der Mitte oder am Ende.
[Sigi Maier]

Publiziert am von und

Fotos von: Sigi Maier

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert