Review Arctic Flame – Declaration

Was unterscheidet ARCTIC FLAME – mal abgesehen vom Erfolg – von Bands wie Omen und Jag Panzer? Richtig, musikalisch nichts, aber letzt genannte hatten in den 80er ihre Hochphase, sind zum Kult avanciert und leben bis heute davon. Große Erfolge können ARCTIC FLAME dagegen bisher nicht vorweisen. Das 2006er Debut „Primeval Aggressor“ konnte zwar für Furore im Untergrund sorgen, aber zu nachhaltig können die nicht gewesen sein, immer hin musste man sich für den hier vorliegenden Nachfolger „Declaration“ gleich noch ein neues Label suchen. Dabei ist die Formation aus New Jersey passender Weise bei den Schwarzenberger Jungs von Pure Steel gelandet – bei deren Veröffentlichungstempo sicher bald eine der ersten Adressen für den traditionellen Metal! Und genau das möchten auch ARCTIC FLAME werden. Wo bei andern Bands die große Konkurrenz der Hauptgrund für den schnellen Erfolg ist, dürfte es bei ARCTIC FLAME mehr das fehlende Interesse der breiten Metalmassen an klassischem US-Metal sein. Ganz im Sinne des wahren Metal machen sich die fünf Recken mit „Declaration“ also auf entgegen aller Widerstände alte Pfrüde des Genre zurück zu erobern.

Schon der erste Durchlauf macht klar, dass gelingt auch erstaunlich gut. Das Erfolgsrezept heißt dabei die epische Tiefe und Rauheit des US-Power Metal mit dem aggressiven und melodischen NWoBHM zu verbinden. Das Ganze wird eingerahmt von viel Abwechslung sowohl was die Geschwindigkeit als auch die Härte der Stücke betrifft und gekrönt von wirklich verdammt eingängigen Refrains. Alle Beteiligten (es gab einige Besetzungswechsel seit der letzten Scheibe) agieren zudem äußerst routiniert: Sänger Dave singt, schreit, flüstert, erzählt, lacht und wirkt dabei gelegentlich so kauzig, dass der Weg zum Kultstatus möglich scheint und dem Ganzen eine sehr sympathische Grundstimmung verleiht. Die Gitarrenfraktion feuert in den schnellen Stücken immer wieder richtig dreckige Riffs ab, wirken in Midtempo-Stücken („Disciples Of The Flame“) zwar etwas blass, schaffen die Ehrenrettung aber durch ihre großen Melodien sowohl in den Soli als auch den beiden ruhigeren Stücken („Shadows Of A Broken Man“ und dem von ungezählten Bands vor ihnen auch schon gewählten Titel „Blind Leads the Blind“). Hier wird viel Emotion geboten ohne zu kitschig zu wirken! Auch Basser Jon gelingt es hervorragend sich in Szene zu setzen. Ehrlichkeitshalber muss aber gesagt werden, dass dies der Produktion geschuldet ist die eben oft dem Bass nicht so viel Spielraum gewährt wie auf „Declaration“. Aber ARCTIC FLAME haben auch schwächere Seiten, so empfinde ich das Schlagzeug viel zu eintönig und uninspiriert und auch die Produktion ist nicht so das Gelbe vom Ei. Retro-Image hin oder her die Scheibe könnte noch viel mehr einschlagen, wenn sie richtig Druck hätte und die Instrumente den klanglichen Staub von 25 Jahren abgeschüttelt hätten.

Aber hier scheiden sich wohl die Geister. Wer es traditionell mag, der freut sich über den antiquierten Klang. Im Großen und Ganzen ist ARCTIC FLAME ein beeindruckendes Werk traditionellen Metals gelungen. Ich bin mir sicher, dass die Jungs es nie zum großen Kassenschlager schaffen werden, wie dies Iced Earth gelungen ist, an deren Anfänge mich „Declaration“ stellenweise genauso erinnert wie an Savatage oder Mercyful Fates. Aber sie haben das Zeug in ein paar Jahren zu den Kultbands des traditionellen Metals aufgeschlossen zu haben. Das etwas irritierende Bandmaskottchen „Morty The Orb“ (scheinbar schreiben die Jungs einen Teil des Erfolges von Iron Maiden auch Eddie zu), die kauzige Eigenständigkeit und die Klasse des Dargebotenen werden sie mit Sicherheit noch weit bringen! Fans der alten Garde sollten unter dem Weihnachtsbaum schleunigst die arktische Flamme entzünden, wer nach der Nu-Metal Ära zum Metal kam verbrennt sich dagegen eher die Finger.

Wertung: 8.5 / 10

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