Review Cân Bardd – Nature Stays Silent

Ein in der Metal-Szene allseits heiß diskutiertes Thema ist die Frage der stilistischen Abgrenzung von Genres. Die Grenzen zwischen Rock- und Metal-Spielarten sind oft fließend, doch auch bei weiter auseinanderliegenden Musikrichtungen kann die Definition mitunter schwer sein. Spielt etwa Lustre „noch“ Black Metal oder „schon“ Ambient? Diese Unklarheit tut sich bei vielen Atmospheric-Black-Metal-Bands auf, da die verzerrten Gitarren und der Schreigesang in besagtem Genre nicht selten tief unter einer dicken Schicht Keyboards begraben sind. Nicht so bei dem Schweizer Duo CÂN BARDD, das mit „Nature Stays Silent“ sein Debüt zum Besten gibt – und damit im Gegenzug ganz andere Probleme aufwirft.

Dass CÂN BARDD dem Metal trotz der in ihrer Spielrichtung weit verbreiteten und auch bei ihnen eindeutig feststellbaren Liebe zu synthetischen Tastenklängen nicht nur eine untergeordnete Rolle einräumen, zeigt sich bereits auf „Introduction“. Neben den majestätischen Keyboards, die die Gestalt von verschiedenen, oft folkigen Instrumenten wie etwa Flöten, Blechbläsern und Streichern annehmen, leiten erhaben voranschreitende Tremolo-Gitarren und Trommeln das über 70 Minuten lange Musikepos ein. Obwohl dies bereits nahelegt, dass die Metal-Instrumentalisierung und die Keyboards auf „Nature Stays Silent“ in einer funktionalen Symbiose existieren, zeigen sich auf dem nachfolgenden „My Ancestors“ die ersten Anzeichen der von da an immer schwerer auszublendenden Unstimmigkeiten.

CÂN BARDD mögen den kraftvollen Gitarrenriffs, Double-Bass-Drums, Blast-Beats und Screams genügend Raum in ihrem Klangkosmos gewähren, dominant sind die Keyboards trotzdem – und obendrein leider so kitschig wie unausgegoren. Eine authentische Imitation echter Instrumente ist im Epic-Black-Metal zwar keineswegs vonnöten, doch von dem urigen Charme von Summoning & Co fehlt hier jede Spur. Diesen Makel können CÂN BARDD unglücklicherweise auch nicht mit ihrem an sich soliden Metal-Instrumentarium aufwiegen. Der Grund dafür ist die in dieser Hinsicht merkwürdig dumpfe Produktion, durch die letztlich doch nur die Keyboards zur Geltung kommen.

Dass „Nature Stays Silent“ an einer derart dilettantischen Umsetzung krankt, ist umso bedauerlicher, als sich die Schweizer durchaus mit ihren spannenden Einfällen rühmen könnten. Melancholische Akustik- und bedrückende Clean-Gitarren („Abîme“), kühle Ambient-Soundcollagen („Underwater“), elegante Piano-Töne sowie epische Chöre und Lead-Melodien – CÂN BARDD machen sich eigentlich alles zunutze, was man sich von einer fantasievollen, stilistisch offenen Metal-Platte wünschen kann.

Der Ideenreichtum, mit dem CÂN BARDD bereits auf ihrem ersten Album zu Werke gehen, ist für sich genommen äußerst bemerkenswert. Wie so oft fällt die große Ambition hier jedoch den mangelnden Möglichkeiten oder Fähigkeiten der dahinterstehenden Personen zum Opfer, sodass „Nature Stays Silent“ schlussendlich nicht mehr ist als ein netter Versuch. Die Songs sind zwar interessant strukturiert, außergewöhnlich abwechslungsreich und an einigen Stellen sogar von herzergreifender Schönheit, allerdings dermaßen desaströs in Szene gesetzt, dass man sie kaum in vollem Maß genießen kann. Mit den aktuellen Werken von Summoning und Sojourner ist man eindeutig besser beraten.

Wertung: 5 / 10

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