Die Gründung von DEATHTINY geht auf das Jahr 2001 zurück. Erste Auftritte gab es in 2003, ebenso die 5-Track-Demo „Frozen World“. Anfang 2005 hatte die Band genügend Songmaterial für einen Longplayer zusammen und veröffentlichte das selbstproduzierte Album „…In The Dusk“, das 14 Tracks beinhaltete, darunter auch eine Coverversion von Shakiras „Whenever, Wherever“.
Die Zeit danach war von vielen Veränderungen im Line-Up geprägt. So wechselte die Besetzung an Drums und Mikro, während die Stellen an der zweiten Gitarre und am Bass noch immer unbesetzt sind. Das hielt DEATHTINY aber nicht ab, im Frühjahr 2009 die EP „Descending“ zu veröffentlichen, die mir heute zur Rezension vorliegt.
DEATHTINY bevorzugen selbst die stilistische Kategorie Melodic Dark Metal. Für mich besteht da – zumindest im Falle von „Descending“ – eigentlich keine wirkliche Unterscheidung zu Gothic Metal. Die Songs leben von wechselnden Intensitäten. Der Engelsgesang bekommt als Kontrast desöfteren harsche Vocals. Es wird wert auf die Entwicklung einer Atmosphäre gelegt, was im Großen und Ganzen auch gelingt.
Beim Opener „Descending“ ist die Stimmung durchweg druckvoll, der Hookline kann man immer folgen und der Höhepunkt ist gut erarbeitet. „My Paradisguise“ ist vielschichtiger. Die Atmosphäre ist eher nachdenklich und melancholisch. Der Song baut auf unterschiedlich energetischen Phasen auf. Er steht dem Vorgänger aber kompositorisch in nichts nach. Bei „No End (Pain – Part II)“ gehören die ersten Sekunden dem Death Metal, bevor ein tiefgründiges Gothic-Konstrukt die Initiative übernimmt. Die teilweise opulente symphonische Bereicherung und der Einsatz einer Fidel drücken auch diesem Stück einen eigenen Stempel auf.
Mit „Road To Nowhere“ folgt eine strikte Kursänderung: akustische Einleitung, besinnlicher Gesang und romantische Instrumentalbegleitung. Seraina zeigt bei diesem Song ihr „normales“ Klangbild, was sich in einer sehr angenehmen Stimmlage abspielt. Der Song bleibt balladesk und emotional, auch wenn im weiteren Verlauf auch die E-Instrumente und sogar die Growls ihre Auftritte haben. Eine durch und durch gelungene Nummer, die zum Ende noch einen leicht folkigen Touch bekommt. Zum Abschluss gibt es mit „D.R.U.“ eine dynamischere Gothic-Nummer, die nochmal gut Power und Stimmung entwickelt, aber nicht ganz das kompositorische Level der Vorgänger erreicht.
DEATHTINY entsprachen meinem Wunsch, ihre 2005er-CD „…In The Dusk“ mitzusenden, so dass ich mich selbst von der Entwicklung seit damals überzeugen kann. Und ich muss sagen, ich bin echt überrascht, welche Fortschritte die Band in der Zwischenzeit gemacht hat. Ich will nicht sagen, dass „…In The Dusk“ ein schlechtes Album war, aber es offenbarte schon noch einige Schwächen. Besonders in Sachen Songwriting hat sich einiges getan. Die Stücke auf „Descending“ sind gut durchdacht, sorgfältig ausgearbeitet und abwechslungsreich arrangiert. 2005 ging man da zum Teil noch etwas unbedarfter zu Werke.
Ein weiterer Punkt, der sich maßgeblich verbessert hat, ist der Gesang. Jana Lüdenbachs Stimme war doch etwas limitiert und es fehlten manchmal auch Power und Ausdruckskraft. Seraina Kyria hat da schon ein ganz anderes Organ. Sie kann variabel singen, und sie ist im Sopran und in der normalen Stimmlage gleichermaßen überzeugend. Außerdem hat man niemals den Eindruck, dass sie an die Grenzen stößt. Beeindruckend finde ich es, wenn mehrere ihrer unterschiedlichen Gesangsspuren übereinandergelegt werden. Ihr Engagement kann die Band wohl als Glücksgriff sehen.
Die EP „Descending“ macht Appetit auf mehr und man darf auf den nächsten Longplayer von DEATHTINY gespannt sein. Wenn es ihnen gelingt, die Klasse des 5-Trackers auf die volle Distanz eines Albums auszudehnen, könnten sie durchaus in den Blickpunkt der Metal-Gemeinde treten. „Descending“ bietet guten und abwechslungsreichen Gothic Metal, oder meinetwegen auch Melodic Dark Metal. Genreinteressierte sollten mal eine Hörprobe machen.
Keine Wertung