Review Gazpacho – Soyuz

Das Weltall und seine Weiten sind schon lange im Fokus des menschlichen Interesses und Nährboden für allerlei Mythen oder Verschwörungstheorien. Gerade jetzt, wo Alexander Gerst seinen zweiten Raumflug zur internationalen Raumstation ISS unternimmt, ist das Interesse wieder massiv gestiegen. Mit der Sojus MS-09 startete er in Kasachstan in Richtung der in 400 km Höhe den Erdorbit umkreisenden Raumstation. Die norwegischen Art-Rocker GAZPACHO nehmen sich vordergründig diesem Thema auf ihrem zehnten Album an und haben es schlicht „Soyuz“ getauft. Das Cover wurde entsprechend dazu mit einem stimmungsvollen Artwork versehen, dass einem seine eigene Winzigkeit im Universum aufzeigt. Doch es geschieht noch mehr auf dem Longplayer als bloßes Space-Rock-Gefrickel.

Als Herzstück der Platte kann man dennoch die Geschichte des sowjetischen Kosmonauten Wladimir MIchailowitsch Komarow bezeichnen, der sein Leben 1967 beim Absturz der Rückkehrkapsel des Raumschiffs Sojus 1 ließ. Die Geschichte erstreckt sich über zwei Titel: „Soyuz One“ macht dabei Hoffnung, vertont den Aufstieg der Raumfähre und die damit verbundenen Hoffnungen von Menschen in gekonnter Weise und wechselt mehrmals zwischen soften Passagen inkl. Streichern und härteren Progressive-Rock-Anteilen. Das ausufernde 13-minütige „Soyuz Out“ ist dagegen eine Ansammlung aller wichtigen Elemente, die die Norweger auf „Soyuz“ augreifen und verbindet sie zu einer intensiven Suite, die als Abschluss des Longplayers perfekt gepasst hätte. Eindeutig das Highlight der Platte.

Die kürzeren Songs sind dagegen geradliniger und leichter greifbar, was in ihrer Natur liegt. Dennoch versprühen sie ganz eigenen Charme, der von GAZPACHO auch variiert wird. „Exit Suite“ beginnt als Ambient-Stück und entwickelt sich in Richtung Chamber Pop, „Sky Burial“ ist ein wabernder und berückender Song über eine buddhistische Bestattungsform. Zwischen Folk und Electro bewegt sich „Emperor Bespoke“, während „Rappaccini“ eine Kurzgeschichte von Nathaniel Hawthorne aus dem Jahr 1844 aufgreift.

GAZPACHO haben sich und ihren Stil scheinbar gefunden, der getragen vom Progressive Rock und Art-Rock in viererlei Richtungen ausströmt: Sei es Jazz, Klassik, Ambient oder ähnliches – die Stimmung und Zusammensetzung passt. Größtenteils agieren die Musiker im getragenen Tempo, daher ist „Soyuz“ eher für intensive Momente unter dem Kopfhörer zu empfehlen, davon gibt es nämlich zuhauf. Sehr melodisch und erinnernd an Coldplay, Porcupine Tree oder Pink Floyd setzten GAZPACHO zwar auf Experimente, gehen aber kein zu großes Risiko ein. Trotzdem ein rundum stimmiges Werk für verträumte Rocker. Der Band jedenfalls bleibt die harte Landung des Hauptprotagonisten Komarow erspart.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Christian Denner