Death Metal ist selten politisch. Und doch kommt man nicht umhin, das Cover der neuen EP von GRAND CADAVER als genau das zu lesen: „The Rot Beneath“ – quasi die Wurzel allen Übels, dargestellt als fetter Herrscher, der es sich gemütlich gemacht hat, während seine ausgemergelten Untertanen ihm die untote Masse vom Leib halten müssen. Ein ungewohntes Motiv, das künstlerisch aber leider wenig liebevoll umgesetzt wurde.
Mit der Musik der 4-Track-EP verhält es sich genau umgekehrt: Ungewohntes gibt es auf der dritten Veröffentlichung der schwedischen Oldschool-Death-Metaller nicht zu hören – aber dafür nur Gutes. Als Einstieg growlt Mikael Stanne in den leeren Raum, ehe die Band wie eine Dampfwalze durch die Wand bricht. Der Gitarrensound klingt nach feinstem HM2-Death-Metal – benannt nach dem stilprägenden, weil besonders garstigen Gitarrenverzerrer von Boss. Dabei fällt aber auch gleich auf, dass sich GRAND CADAVER um Abwechslungsreichtum innerhalb der engen Genre-Grenzen bemühen: Der Song hat mit einem atmosphärischen Bass-Break und einem eher schleppenden End-Part schon deutlich mehr Facetten als so mancher Song der Bands, die für GRAND CADAVER unüberhörbar Pate gestanden haben: ENTOMBED, GRAVE und Konsorten.
Der Titeltrack kommt dann sogar so melodisch daher, dass man sich an Bands wie (ganz) frühe AMON AMARTH oder EVOCATION erinnert fühlt, ehe für „The Endless Dead“ wieder das grobe Gerät ausgepackt wird – doch selbst in diesen 3:19 Minuten gelingt es GRAND CADAVER, indem sie gelegentlich Tempo herausnehmen, für Abwechslung zu sorgen. Die größte Überraschung ist aber „Darkened Apathy“, eine schleppende Death-Doom-Nummer, die an HAIL OF BULLETS denken lässt – zum Ende hin allerdings mit leichtem DARK TRANQUILLITY-Vibe aufwartet.
In Zeiten von Streaming kann man über die Sinnhaftigkeit oder Fan-Freundlichkeit von EPs diskutieren: Mit gerade einmal 16:11 Minuten Gesamtspielzeit für 10 € auf CD beziehungsweise 25 € auf Vinyl (jeweils plus Versand) bietet dieser Release nicht gerade viel Musik fürs Geld. Ob die verschiedenen bunten Varianten als Kaufanreiz wirklich ausreichen, wird sich zeigen. Sofern diese die Platte dann überhaupt öffnen beziehungsweise der Nadel aussetzen und nicht der Limitierung wegen als reines Sammelobjekt betrachten, bekommen sie immerhin vier rundum gute Death-Metal-Songs, die Lust auf mehr – vor allem aber mehr Liveshows von GRAND CADAVER machen. Spannender als die drölfte DARK TRANQUILLITY-Tour im Jahr wäre das allemal – nur wohl nicht so lukrativ.
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