Das Cover von "Phoenix" von Kenziner

Review Kenziner – Phoenix

Wenngleich sie schon 1994 gegründet wurden, veröffentlichen die Finnen KENZINER mehr als 25 Jahre später erst ihr viertes Album. Das mag auch daran liegen, dass sich die Band aus Suomaniou von 1999 bis immerhin 2012 eine ausgedehnte Pause gönnte. Sechs Jahre nach ihrem Comeback-Werk „The Last Horizon“ haben die Power-Metaller nun mit „Phoenix“ eine neue Platte parat, wobei die Truppe im Vorfeld noch einige Umbesetzungen vornahm: Mit dem aus Polen stammenden Peter „Zinny“ Zalesky holen KENZINER hier bereits zum dritten Mal in ihrer Karriere einen neuen Sänger ins Boot und auch Keyboarder Ariel Perchuk gibt auf diesem Album sein (Studio-)Debüt mit den Finnen. Der Titel „Phoenix“ mag daher durchaus Programm sein, denn KENZINER scheinen durchaus bestrebt zu sein, aus ihrer eigenen Asche neu zu erstehen.

Die neoklassisch angehauchte Musik von KENZINER läuft heutzutage vornehmlich unter dem Label Progressive Power Metal. Das ist für die meisten Musiker gleichbedeutend mit dem exzessiven Gebrauch der harmonischen Molltonleiter, weil es eben der einfachste Weg ist, ähnliche Arrangements wie etwa Yngwie Malmsteen zu bauen. Nun klingen die Finnen von vornherein deutlich moderner als der frickelnde Schwede, setzen allerdings ab „Eye Of Horus“ genau die Rezeptur um, die seit Mitte der 90er für vermeintlich progressiven Power Metal gilt: Riffs, die dank gelegentlicher rhythmischer Spielereien etwas vertrackter als bei straighteren Bands des Genres anmuten, paaren sich mit konstantem Keyboard-Teppich und Gesangs- sowie Gitarrenmelodien, die eben vornehmlich von harmonisch Moll geprägt sind. Dazu kommt entsprechend explosive Gitarrenarbeit und fertig ist der angebliche Prog Metal.

Tatsächlich reiten KENZINER das eingangs ausgebreitete Konzept in Nummern wie „Osiris Rising“ oder „Curse Of The Pharaoh“ – unter Einbeziehung sämtlicher Klischees der Sparte – nahezu tot, aber diese Nummern machen dankenswerterweise nicht den Hauptteil von „Phoenix“ aus. Vielmehr spielt die Truppe hier überwiegend ungezwungenen Power Metal skandinavischer Machart, der dank fetter, druckvoller Produktion stets modern klingt und doch keine Angst davor hat, seinen Wurzeln Rechnung zu tragen: So muten Songs wie das treibende „Listen To The Devil“ oder auch „The Mirror“ wie moderne Versionen von Yngwie-Malmsteen-Songs an. Und in „Tears Of Destiny“ oder dem rockig stampfenden „To Hell And Back“ klingen die Finnen dank der gekonnten Kombination aus süßlichen Keyboards und fetten Gitarren wie die für zeitgenössische Hörgewohnheiten aktualisierte Version einer AOR-Band der 80er.

Möchte man KENZINER also unbedingt als progressive Band ansehen, so bewegen sie sich mit einem Album wie „Phoenix“ konstant auf der nachvollziehbaren Seite dieses Überbegriffs. Dennoch legen die Herren offenkundig Wert auf hohe technische Finesse, denn sämtliche der Songs leben von fulminanter Gitarrenarbeit und auch das Keyboard avanciert auf dieser Platte gerne zum Lead-Instrument. Wer sich auf KENZINER einlässt, muss daher Lust auf ausladende Instrumentalpassagen haben, die aber dank des routinierten Songwritings der Band selten zum Selbstzweck verkommen, sondern stets schlüssig in die Songstrukturen eingearbeitet sind. Abschließend sei noch der neue Sänger „Zinny“ Zalesky erwähnt, der große stimmliche Ähnlichkeit zum Gründungsmitglied Stephen Fredrick (Ex-Firewind) aufweist und auf „Phoenix“ eine grandiose Leistung abliefert – insbesondere nachzuhören in der abschließenden Ballade „The Miracle“.

Vermutlich ist es eher an Label und Promo-Maschinerie, Bands wie KENZINER vom Schubladenbegriff „Progressive Power Metal“ zu befreien, denn er bildet das Schaffen dieser Formation kaum akkurat ab. Progressiv ist ein Album wie „Phoenix“ tatsächlich nicht, denn KENZINER haken hier sämtliche Eckpunkte ihrer Sparte ab und tun damit genau das, was von ihnen erwartet wird. Entgegen der landläufigen Meinung ist Vorhersehbarkeit gerade im Metal aber nicht zwangsläufig etwas Schlechtes. Die Finnen präsentieren ihren Sound mit ebenso viel Selbstbewusstsein wie technischer Finesse, weshalb ihr viertes Album zwar kaum die Grenzen des Machbaren erweitert, Fans von intelligentem Power Metal mit viel Energie und Melodie aber genau das bietet, was sie kennen und lieben.

Wertung: 7.5 / 10

Redaktion Metal1.info

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