Artwork des Albums Myriad der Band Oh Hiroshima

Review Oh Hiroshima – Myriad

Myriaden stehen für unzählbare Mengen. Wenn an OH HIROSHIMA etwas unzählbar sind, dann die in ihrer Musik verarbeiteten Emotionen. „Myriad“ macht hier keine Ausnahme, schließlich entstand das Album während der Corona-Pandemie und nahezu alle hatten und haben mit ihren eigenen Gefühlsachterbahnen zu kämpfen. Nachdem die Schweden ihre bisherigen drei Alben zu dritt bestritten, stieg Anfang 2021 Bassist Simon Forsberg aus, seitdem ist OH HIROSHIMA nur noch ein Duo. Falls das für Jakob Hemström und Oskar Nilsson allerdings ein Grund war, Trübsal zu blasen, schlägst sich das höchstens zusätzlich auf die Stimmung auf „Myriad“ aus, auf keinen Fall aber auf die Qualität und kreative Bandbreite.

Kreativer waren OH HIROSHIMA vielleicht noch nie, auf „Myriad“ schauen sie mehr denn je über die Grenzen des Post-Rock hinaus. Der Opener „Nour“ lugt mit seiner dichten, stark verzerrten Gitarrenwand und den schwelgerischen Melodien stark in Richtung Shoegaze. Die Vorabsingle „Humane“ besticht dagegen eher mit progressivem Indie Rock, wobei sich die Gitarren in einen hypnotischen Rauschzustand steigern und die anfangs dominanten Bläser an die Wand spielen. Dass OH HIROSHIMA Meister des Ambient-/Post-Rock sind, zeigen sie durch die träumerischen, sphärischen Soundlandschaften bei „Veil Of Certainty“. Wenn der Song zum Ende hin immer weiter abdriftet und mit flirrenden Gitarren seine zärtlich aufgebauten Strukturen gänzlich verlässt, können auch die Gedanken des Hörers in alle möglichen Richtungen abdriften. Sich auf „Myriad“ einzulassen, sich dem Album hinzugeben und es mit voller Aufmerksamkeit zu genießen ist eine lohnenswerte, knapp 40-minütige, berauschende Reise.

Jakob Hemström spielt als Sänger traditionell nicht die Hauptrolle bei OH HIROSHIMA, seine ruhige, betrübte Stimme ist aber wie gewohnt ein wichtiges Element und Highlight im Sound der Schweden. „All Things Pass“ und „Hidden Chamber“ sind mit ihren Gitarrenmelodien und dezentem Trompeteneinsatz eh schon melancholisch, Hemström setzt aber noch die extra Trauerkirsche auf die Kummertorte. Auch der hart verzerrte Gesang bei „Humane“ ist gelungen und unterstützt die Atmosphäre des Songs bestens.

„Myriad“ ist ein durchgängig abwechslungsreiches Album mit ungeniertem Blick in alle musikalischen Richtungen geworden. Während „In Silence We Yearn“ (2015) insgesamt fröhlicher und beschwingter war und „Oscillation“ mehr ruhige Akustikmomente bot, spielt Album Nummer vier nun mehr mit Effekten und noch breiteren, verträumteren Soundwänden und einigen progressiven Elementen. „Myriad“ ist leichtfüßig und schwerfällig zugleich, OH HIROSHIMA zelebrieren die akustische, herzzerreißende Verzweiflung mit vereinzelten Lichtblicken auf ganz hohem Niveau. Vor allem der flächendeckende Einsatz von Blas- und Streichinstrumenten gibt der Scheibe eine ganz feine, epochale Note. OH HIROSHIMA überzeugen mal wieder mit einer kreativen wie emotional einnehmenden Meisterleistung.

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Wertung: 8.5 / 10

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