Review Panzerballett – Tank Goodness

(Progressive Metal / Jazz) Wer eine der instrumental komplexesten und stilistisch krassesten Bands dieser Tage hören will, der kommt an PANZERBALLETT ohne Zweifel nicht vorbei. Denn bei ihnen prallen zwei Stilwelten aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Brettharter Metal und virtuoser Jazz. Auf ihren drei bisher veröffentlichten Alben „Panzerballett“ (2005), „Starke Stücke“ (2008) und „Hart Genossen – Von Abba bis Zappa“ (2009) präsentierten sie neben humor- und anspruchsvollen Eigenkompositionen auch stark umarrangierte Coverversionen bekannter Jazz-, Metal- und Pop-Kompositionen. Und auch auf ihrem neuen, acht Songs umfassenden Werk „Tank Goodness“ bleiben sie diesem Rezept treu. Der größte Unterschied zu den Vorgängern liegt sicherlich in Zweitgitarrist Josef Doblhofer, der mit seinem eher Fusion-beeinflussten Spiel eine etwas andere Klangfarbe einbringt als sein metallischer agierender Vorgänger Martin Mayrhofer.

Natürlich haben sich Jan Zehrfeld und seine Mannen auch dieses Mal wieder an einen stromlinienförmigen Megahit herangewagt, ihn nach Herzenslust zersägt und die Einzelteile so verrückt, verquer und vertrackt wie möglich wieder zusammengesetzt. Diese liebevolle Neubearbeitung hat anno 2012 ausgerechnet die totgespielte „Dirty Dancing“-Kamelle „(I’ve Had) The Time Of My Life“ erfahren. Ohne Frage – hier gilt: Anhören, staunen und dabei sein, wenn aus einer kitschig-klebrigen Popschnulze ein Jazzmetal-Monster wird!

Die restlichen Coverversionen entstammen vor allem dem weiten Feld des Jazz: Die fünf Jungs schrecken weder vor dem wohl meistgespielten Jazzstandard „Take Five“ zurück, noch haben sie Respekt vor „Giant Steps“ von John Coltrane oder „Some Skunk Funk“ von Randy Brecker. Der war von der Neubearbeitung seines Songs sogar so begeistert, dass er höchstselbst die Trompete dazu beisteuerte. Sämtliche Covertracks wurden wie immer stark umarrangiert, sodass die Originale über weite Strecken kaum noch zu erkennen sind.

Die Eigenkompositionen bestechen dieses Mal nicht nur mit absolut grandiosen Titeln wie „Mustafari Likes Di Carnival“, „The IKEA Trauma“ oder (sensationell!) „Vulgar Display Of Sauerkraut“, sondern auch mit stellenweise selbst für PANZERBALLETT erstaunlich harten Parts. Das gilt insbesondere für die letztgenannte Nummer. Außerdem gibt es für Kenner der Band ein Wiedersehen mit einer bereits zum Klassiker mutierten Komposition aus den Anfangstagen der Combo: Das grandiose „Zehrfunk“ wurde neu eingespielt und steckt das Original locker in die Tasche. Haufenweise geile Soli an den Gitarren und vor allem von Bass-Monster Heiko Jung sind Begründung genug. Zu allem Überfluss wurde das eh schon komplexe Hauptriff jetzt auf zwei Gitarren verteilt, was nicht nur spielerisch (vor allem live!) atemberaubend ist, sondern auch einen hübsch anzuhörenden Stereoeffekt erzeugt – Jan Zehrfeld und Josef Doblhofer spielen die Töne abwechselnd. Aber auch die Leistungen von Saxofonist Alexander von Hagke und Drummer Sebastian Lanser sind in diesem und sämtlichen anderen Stücken schlichtweg sensationell. Stichwort: Spitzenmusiker.

Traditionell sind PANZERBALLETT seit jeher instrumental unterwegs. Lediglich „(I’ve Had) The Time Of My Life“ und „The IKEA Trauma“ werden mit Gesang veredelt. Beim erstgenannten geben sich die schon vom Vorgängeralbum bekannten Conny Kreitmeier und Ron van Lankeren die Ehre, beim letztgenannten steht der schwedische Gitarrist und Sänger Mattias „IA“ Eklundh von Freak Kitchen hinter dem Mikro. Insbesondere Conny Kreitmeier drückt mit ihrem eigenwilligen, kratzigen Gesang dem Cover ihre ganz eigene Note auf, während Mattias Eklundh mit seiner Hardrock-Röhre für genügend Rotz in der straightesten Nummer des Albums sorgt, die er übrigens auch mitgeschrieben hat.

Das Fazit ist hier wieder eindeutig: Alle, die anspruchsvolle Musik mögen, sollten sich von PANZERBALLETT dringend die Lauscher durchpusten lassen. Gerne von Platte, noch besser aber live, denn da kommt das krasse Können und der unnachahmliche Humor der Jungs erst so richtig zur Geltung. Eine stilistische Weiterentwicklung ist nicht zu verzeichnen; das fällt bei solch ausgefeilten Kompositionen allerdings auch nicht wirklich ins Gewicht. Anhören!

Ein Sonderlob gibt es für das grandiose Cover-Artwork.

Wertung: 9 / 10

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