Konzertbericht: Panzerballett

08.05.2025 München, Mastermix Studio

Ein so faszinierendes Wechselspiel aus Geschick und Gehirnschmalz wie bei einer Performance der Jazz-Metaller PANZERBALLETT findet man sonst wohl nur beim Schachboxen. Am Tag vor dem offiziellen Tourauftakt legen sie mit einer „Open Rehearsal“ noch einen drauf: Schachboxen in Wohnzimmeratmosphäre, mit Zuschauern und nackt – letzteres natürlich nur im übertragenen Sinne.

PANZERBALLETT im Mai 2025 in ihrem ProberaumUnd doch erleben die 45 Zuhörenden im bis ins letzte Eck bestuhlten Mastermix Studio Unterföhring das Star-Ensemble so nahbar wie kaum je eine Band: Der mitunter schon für sich genommen vertrackte Klick-Track läuft hörbar mit, und wenn es spielerisch noch nicht (zu 100 %) rund läuft, wird eben auch mal unterbrochen: Für die vertrackte Adaptation von Meshuggahs „Bleed“ braucht es einen zweiten Anlauf, und „Typewriter“ splittet die Band gleich in mehrere Parts.

PANZERBALLETT im Mai 2025 in ihrem ProberaumWenn ein Routinier wie Virgil Donati dann noch eindringlich darum bittet, nichts zu filmen, weil die Band nach nur einem gemeinsamen Probetag noch in der Findungsphase sei, dafür aber etwa darauf beharrt, dass der Bassist Anton Davidyants dem Publikum einen besonders kniffligen Lauf aus „Alien Hip Hop“ in verschiedenen Tempi vorstellt oder in der Pause persönlich eine kurze Clinic zu Polyrhythmik in der Studioküche abhält, wird deutlich: Näher dran geht nicht.

PANZERBALLETT im Mai 2025 in ihrem ProberaumGegen den 67-Jährigen, der die Autorität der Koryphäe mit australischer Lässigkeit zu einem einnehmenden Charakter verbindet, wirken die anderen, sitzend um ihn gruppierten Musiker bisweilen wie Musikschüler – auch, weil alle bis PANZERBALLETT-Mastermind Jan Zehrfeld und Saxophonist Florian Fennes konzentriert vom Blatt spielen. Dass ausgerechnet Fennes dann mit einem über die vorgegebene Länge ausgedehnten Solo alle aus dem Konzept (beziehungsweise aus dem Klicktrack) bringt, erntet zu Recht nicht nur Gelächter, sondern auch Applaus: Recht hat der Mann – immer dem Feeling folgen, nie den Maschinen!

Doch so „schutzlos“ sich PANZERBALLETT im intimen Rahmen dieser Probe auch zeigen – „Des Kaisers neue Kleider“ wird bei dieser Performance höchstens mit vertauschten Rollen inszeniert: Während PANZERBALLETT im Prunkgewand der Polyrhythmik durch ihre Songs wandeln, fühlt man sich in den hilflosen Versuchen, auch nur im Takt mitzunicken, vielmehr als Zuschauender schnell entblößt: So konzentriert auch alle gemeinsam loslegen – früher oder später sind nur mehr die Musiker im Takt.PANZERBALLETT im Mai 2025 in ihrem Proberaum

Vermutlich werden die „regulären“ Shows – und das von Gig zu Gig – rein musikalisch betrachtet „besser“ laufen, und vermutlich bekommt man für weniger Geld mehr Show. Doch die Einblicke, die PANZERBALLETT dem aufmerksamen Publikum in dieser gut zweistündigen „Open Rehearsal“ vermitteln, sind so unvergesslich wie unbezahlbar.

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